Die anhaltende Niedrigzinspolitik der EZB erhöht den Druck auf die Lebensversicherer, das Geld ihrer Kunden möglichst erfolgreich am Kapitalmarkt anzulegen. Die Branche schlägt sich dabei sehr beachtlich, so die Meinung von Experten.
Die Kapitalanlagestrategen der Lebensversicherer sind um ihre Aufgabe nicht zu beneiden. Spätestens seit die Niedrigzinsphase zunächst in den USA Ende 2007 ihren Anfang nahm und im Folgejahr auch die Euro-Zone erfasste, wird es immer schwieriger attraktiv verzinste Geldanlagen zu einem vertretbaren Risiko ausfindig zu machen.
„Im Jahre 1995, als Bundesanleihen noch normal verzinst wurden, erwirtschafteten die deutschen Lebensversicherer aus ihren 345 Milliarden Euro Kapitalanlagen noch eine Nettorendite von 7,39 Prozent“, konstatiert Verrsicherungsexperte Manfred Poweleit in der aktuellen Ausgabe des Branchendienstes „map-report“. Um weiterhin 7,39 Prozent zu erwirtschaften, hätte das Nettoergebnis 6,83 Milliarden Euro höher bei 40,97 Milliarden Euro liegen müssen, so Poweleit.
Im Jahre 2000 stand bei der erwirtschafteten Nettorendite der Kapitalanlagen der deutschen Versicherer letztmalig eine sieben vor dem Komma (siehe Grafik).
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„4,6 Prozent Nettoverzinsung sind ein Erfolg“
Der „dubiose Zinsverfall“, wie Poweleit schreibt, habe dazu geführt, dass die Lebensversicherer „seit 1995 unglaubliche 215,52 Milliarden Euro weniger“ für ihre Kunden erwirtschaften konnten. „Die immerhin 4,6 Prozent, die in 2012 erreicht wurden, sind angesichts einer Umlaufrendite von 1,4 Prozent sogar ein Erfolg. Die Garantieleistungen können damit dargestellt werden“, lobt der Herausgeber des map-Reports. 2011 erzielte die Branche ein durchschnittliche Nettoverzinsung von 4,1 Prozent.
Neue Bayerische Beamtenversicherung stellt sich am geschicktesten an
Poweleit und sein Team haben die Nettoverzinsungen der Kapitalanlagen von 87 deutschen Lebensversicherern unter die Lupe genommen („map-fax“, Ausgabe 30/2013). Mit sechs Prozent Nettorendite im Geschäftsjahr 2012 hat die Neue Bayerische Beamtenversicherung (NBB), die Lebensversicherungstochter der Bayerischen, das beste Ergebnis erzielt und konnte sich gegenüber 3,8 Prozent im Vorjahr sogar deutlich steigern.
„Das ist ein Beleg für die hervorragende Arbeit unserer Kapitalanlage-Spezialisten und bestätigt zugleich unsere Anlagestrategie“, freut sich Dr. Herbert Schneidemann, Vorstandsvorsitzender der Bayerischen. Die Kapitalanlagestrategie seines Hauses beruhe auf „nachhaltigen Investments mit möglichst geringen Risiken“, erläutert Schneidemann. Demnach besteht das Anlage-Portfolio zu 75 Prozent aus Zinstiteln und zu 14 Prozent aus Immobilien, mit bevorzugter Lage in der bayerischen Heimat. Die Aktienquote ohne Berücksichtigung von Sicherungsmaßnahmen liegt laut NBB bei knapp vier Prozent.
59 von 87 Versicherern konnten ihre Nettorendite verbessern
Doch auch andere Gesellschaften schlugen sich tapfer: Von 87 Anbietern schnitten 59 besser ab als 2011. Elf Versicherer erzielten mehr als fünf Prozent.
Die Stuttgarter Lebensversicherung verfehlte die Fünf vor dem Komma – wenn auch äußerst knapp. Mit dem Ergebnis von 4,9 Prozent zeigt sich das Unternehmen dennoch überaus zufrieden, denn immerhin konnten die Anlagestrategen der Stuttgarter die Nettoverzinsung von 4,5 Prozent im Jahr 2011 um 0,4 Prozentpunkte steigern.
Ratingagentur Fitch stuft Stuttgarter Lebensversicherung herauf
Vor allem freuen sich die Süddeutschen darüber, dass die US-Ratingagentur Fitch die Finanzstärke der Stuttgarter Lebensversicherung von „A“ auf „A+“ (Ausblick stabil) heraufgestuft hat. Dazu habe unter anderem die „ausgezeichneten Kapitalausstattung“ sowie eine „exzellente Kapitalanlagestruktur“ beigetragen.“Fitch hat hervorgehoben, dass wir nur einen sehr kleinen Teil aus Realisierungen von Bewertungsreserven nutzen, um diese hervorragende Nettoverzinsung zu erreichen“, sagt Frank Karsten, Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter.
Nach Einschätzung von Branchenbeobachter Poweleit hat vor allem der Kauf von festverzinslichen Papieren mit längerer Laufzeit zum besten Ergebnis seit 2007 beigetragen. Dies bringen etwas mehr Rendite als kurzlaufende Papiere. Zudem ziehen viele Versicherer ausländische Staatsanleihen den mager verzinsten Bundesanleihen vor. Mit einer derart guten Anlagepolitik ließe sich die Lebensversicherung noch einige Jahre „stressfrei über die Runden bringen“, meint Poweleit. (lk)
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