Die Kassenärzte fordern bei der geplanten Ausdehnung der Sprechzeiten für gesetzlich versicherte Patienten zusätzliche Vergütungen. „Ein Viertel mehr Sprechstunden heißt auch ein Viertel mehr Geld“, sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, der Deutschen Presse-Agentur. „Da gehört ein Preisschild dran. Das ist die Minimalvoraussetzung.“
Die schwarz-rote Koalition will die Sprechzeiten für Kassenpatienten von bisher 20 auf 25 Stunde pro Woche ausweiten, damit sie schneller an Termine kommen.
„Es wäre sicherlich bei entsprechender Vergütung noch etwas Ressource für die Behandlung gesetzlich Versicherter zu heben“, sagte Gassen. Es dürfte aber schwer werden, so etwas flächendeckend umzusetzen. Nicht in jeder Praxis gebe es den gleichen Anteil gesetzlich und privat Versicherter. „In einem System, in dem Haus- und Fachärzte schon jetzt nicht alle Leistungen bezahlt bekommen, kann man auch nicht erwarten, dass alle freudig sagen: Nun machen wir noch mehr umsonst.“
Der KBV-Chef betonte: „Ärzte arbeiten ja nicht nur in den Öffnungszeiten, die auf dem Praxisschild stehen, für die Patienten.“ Daneben seien etwa Befunde auszuwerten oder Hausbesuche zu machen. Für mehr Sprechzeiten gebe es daher zwei Möglichkeiten: „Entweder fordert man noch mal fünf Stunden mehr Arbeitsleistung von den Ärzten ab. Das ist bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 52 Stunden natürlich schon eine Ansage. Oder man muss überlegen, was Ärzte weniger machen sollen.“ Hausbesuche, Bereitschaftsdienste oder Fortbildungen kämen wohl kaum infrage.
„Wie eine Monstranz“
Gassen wandte sich gegen eine Dramatisierung. „Das gefühlte Problem langer Wartezeiten auf Termine wird wie eine Monstranz durch die Gegend getragen.“ Wartezeiten hätten sich aber „auf sehr niedrigem Niveau“ stabilisiert. „Der vermeintliche Vorteil von wenigen Tagen, den Private bei manchen Terminen hatten, verringert sich jetzt auch noch.“
Die gesetzlichen Krankenkassen halten es für zumutbar, dass die Ärzte mehr Sprechstunden anbieten sollen. „Aus den Portemonnaies der Beitragszahler erhält im Durchschnitt jede Arztpraxis 380.000 Euro pro Jahr. Für das viele Geld kann man eine Mindestsprechstundenzahl von 25 Stunden pro Woche wohl kaum als übertrieben bezeichnen“, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, der Deutschen Presse-Agentur. (dpa-AFX)
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