Kein Crash durch Zinsabsenkung

BU-Absicherung ist nicht immer eine Frage des Preises

Sein Maklerkollege Sven Hennig, spezialisiert auf PKV, Altersvorsorge und Berufsunfähigkeit, sieht das Problem ähnlich. Obwohl er an eine zehnprozentige Erhöhung durch die Absenkung des Garantiezinses – wie prognostiziert – nicht wirklich glaubt, würde sie ihn auch nicht beunruhigen. „Ich würde wie bisher in erster Linie BU verkaufen, da sie einfach die umfassendste Absicherung und für meine Klientel auch nach einer Erhöhung noch erschwinglich ist“, erklärt er.

Seine Kunden sind vorwiegend gutverdienende Akademiker, die nicht nach der preiswertesten, sondern nach der größtmöglichen Sicherheit suchen. Zudem würden für diese Gruppe die Beiträge ohnehin meist im unteren Bereich liegen, verglichen mit Berufsgruppen wie etwa Altenpflegern, die wenig verdienen und hohe Beiträge zahlen müssten – was sie in der Realität aber nicht können und somit bei der BU leer ausgehen.

Sven Hennig, Makler und BU-Experte

„Das ist aber kein neues Problem, sondern existiert seit Jahren, ohne dass sich etwas tut“, bemängelt Henning. Das Einzige, was sich verändere, sei der Trend zu Ausschnittversicherungen wie Grundfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen. Die könne man aber nicht mit der BU vergleichen. Sie stellen nach Hennigs Meinung auch keine wirkliche Alternative dar.

Dennoch sieht er auch mit der erneuen Garantiezinsanpassung nicht das Ende der BU gekommen, die er für elementar wichtig hält – für alle. „Die Bedingungen sind im Zuge des Wettbewerbs der Anbieter dermaßen komplex geworden und mit Leistungen vollgestopft worden, dass Ratingagenturen und Verbraucherschutz praktisch nichts daran auszusetzen haben, Geringverdiener aber keine Chance haben“, meint er.

Der Ausweg wäre ein Grundversicherungsschutz von rund 1.000 Euro für jeden Berufstätigen mit einer Einheitsprämie. „Das muss natürlich staatlich gewollt sein“, so Hennig und empfiehlt Eltern rechtzeitig anzufangen, für ihre Kinder BU-Schutz aufzubauen. Es gebe gute Produkte mit Anwartschaften, bei denen der spätere Beruf der Kinder nicht mehr relevant sei. Nur so sei das Problem in den Griff zu bekommen. „Älteren, denen das nichts mehr nutzt, bleibt als Alternative ein Ausschnittschutz“, so Hennigs Fazit.

Zielgruppe gutverdiendende Akademiker

Auch nach Meinung von Michael Franke, einer der Geschäftsführer der Ratingagentur Franke und Bornberg GmbH, kommt es durch die Absenkung des Höchstrechnungszins auf 0,25 Prozent kalkulatorisch zu Preisanpassungen.

Michael Franke, Geschäftsführer des Analysehauses Franke und Bornberg

„Ob diese durchgereicht werden und tatsächlich zehn Prozent betragen, lässt sich aktuell nicht seriös beantworten“, bemerkt er. „Es gibt übrigens bereits Anbieter, die bei ihrer Kalkulation nicht mehr den Höchstrechnungszins von 0,9 Prozent zu Grunde legen und dennoch mit ihren Prämien konkurrenzfähig sind.“

Die Rolle der BU sieht er nicht mehr als Angebot an alle Berufstätigen. Zwar sichere die BU ein existenzielles Risiko ab, so dass die Menschen auch zukünftig eine BU auch abschließen. Allerdings habe sich die BU in den letzten Jahren zu einem Produkt für gutverdienende Akademiker entwickelt. Kostengünstige Varianten, die vor allem für risikoreiche Berufe interessant sind und hier vor allem die völlig unterschätzte Erwerbsunfähigkeitsversicherung (EU), hält er für eine ideale Alternative zur BU.

BU bleibt wichtigstes Produkt zur AKS

Aber auch die Grundfähigkeitsversicherung hat sich in den letzten Jahren als Alternative etabliert, meint er. „Aufgrund unserer bisherigen Erkenntnisse gehen wir davon aus, dass es durch die Rechnungszinsänderung keine gravierenden Änderungen im Bereich der Arbeitskraftabsicherung geben wird“, fasst Franke zusammen.

„Die BU wird weiterhin das wichtigste Produkt zur Absicherung der Arbeitskraft bleiben. Aber die Alternativen holen auf und werden weiter in den Fokus rücken, um auch Kunden, die aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen keine BU abschließen können, eine Alternative bieten zu können.“ Auch die Versicherer gehen von Auswirkungen der Garantiezinsabsenkung auf ihr BU-Produkte aus, allerdings in unterschiedlichem Maße.

Debeka-Vorstandsmitglied Roland Weber hält Beitragsanpassungen in der Größenordnung von bis zu zehn Prozent für „durchaus denkbar“. Es sei aber zu beachten, dass der Rechnungszins in der BU nur eine untergeordnete Rolle spielt, da anders als bei Rentenversicherungen kein Sparprozess stattfindet, sondern die Risikoabsicherung im Vordergrund steht. Die Höhe der Beiträge richte sich vielmehr nach der Berufsgruppeneinstufung und dem damit verbundenen Risiko. Über abgespeckte und damit für alle bezahlbare BU-Tarife denkt die Debeka nicht nach.

„Wir haben den Rechnungszins zum 1. Januar 2021 abgesenkt und sehen keine Einbrüche in den Verkaufszahlen. Die Nachfrage nach BU-Schutz ist unverändert geblieben, weshalb wir uns mit derartigen Lösungen nicht befassen mussten“, so Weber. Ungeachtet einer weiteren Garantiezinsabsenkung bleibe BU ein interessantes und wichtiges Geschäftsfeld der Debeka.

Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) und Erwerbsunfähigkeits-Zusatzversicherung (EUZ) bietet der Versicherer als Alternative an. Letztere vor allem für Berufsgruppen mit erhöhtem Risiko, da sie im Vergleich zur BUZ niedrigere Beiträge hat. Und das, obwohl er findet, dass eine Erhöhung der Beiträge grundsätzlich keinen Einfluss darauf hat, wer eine BU abschließen kann. Auch eine Entmischung des Versichertenkollektivs erwartet Weber vor diesem Hintergrund nicht.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

1 2 3Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments