Kein Freibrief für Anlegeranwälte

Trotz der haarsträubenden Geschichte haben sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht (OLG) München die Klage abgewiesen.

Sie begründeten dies unter anderem damit, der unterschriebene dreiseitige Zeichnungsschein habe eine Beratungsdokumentation mit Risikohinweisen enthalten, was in dem Fall vor allem für die Frage der Verjährung relevant ist. Wenn die Hinweise trotz der Unterschrift nicht zur Kenntnis genommen wurden, sei das grob fahrlässig.

Das lässt der BGH nicht durchgehen. Dem Urteil zufolge kann die „blinde“ Unterschrift unter die Beratungsdokumentation weder generell als grob fahrlässig angesehen werden, noch ist grundsätzlich das Gegenteil der Fall. Vereinfacht ausgedrückt geht es also um die Frage “selber schuld” oder nicht.

“Umfassende Würdigung des Einzelfalls”

Hierfür ist eine „umfassende Würdigung des Einzelfalls“ erforderlich, so der BGH. Das OLG muss der Sache nun noch einmal auf den Grund gehen. Der Fall ist also noch nicht entschieden.

Es ist ein ausgewogenes Urteil. Einerseits können sich Vermittler nicht generell unter Berufung auf das Kleingedruckte in Zeichnungsscheinen und Beratungsdokumentationen von jedem Unsinn freizeichnen, den sie zuvor abweichend davon erzählt haben. Andererseits entlässt der BGH die Anleger nicht vollständig aus der Verantwortung für ihre eigenen Entscheidungen und für ihre Unterschrift.

Das wichtigste für den Vertrieb jedoch ist, dass mit dem Urteil auch kein Freibrief für Anlegeranwälte verbunden ist. Es gibt ihnen nicht die Möglichkeit, in Massenverfahren auch ordnungsgemäße Beratungsgespräche mit der pauschalen Behauptung anzugreifen, die Unterschrift unter das Protokoll sei „blind“ geleistet worden und in Wirklichkeit sei alles ganz anders gewesen.

Seite 3: Hat der BGH gelernt?

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