KI in der Finanzberatung: Zwischen Skepsis und Potenzial

Businessman using chatbot in computer intelligence Ai. ChatGPT, using and chatting artificial intelligence. conversation assistant concept.
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Das vom Anbieter OpenAI entwickelte Modell verfügt über ein bis dahin unbekanntes Sprachverständnis.

ChatGPT ist ein echter Gamechanger, auch im Finanzsektor. Doch wie kann die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine in der Finanzberatung konkret aussehen? Gastbeitrag von Benedikt Höck, KPMG

Lieber Mensch als Maschine? Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) wird bei Banken immer beliebter. Mit dem Durchbruch von ChatGPT ist bei vielen Finanzdienstleistern eine steigende Investitionsbereitschaft zu beobachten, die Bedingungen für den Einsatz von KI zu schaffen. Allerdings beäugt die Kundschaft diese Entwicklung skeptisch: Nur einer von vier Deutschen ist offen gegenüber der Nutzung von KI für die Geldanlage, so das Ergebnis einer aktuellen Civey-Umfrage.

Im Bereich Betrugserkennung oder Kredit-Scorings hat sich KI bereits als Mittel der Wahl bei vielen Finanzdienstleistern etabliert. Chatbots an der Kundenschnittstelle waren jedoch bisher keine Erfolgsgeschichte. Sie konnten den Ansprüchen der Kunden vielfach nicht gerecht werden und ließen frustrierte Nutzer zurück. Doch dann kam ChatGPT. Das sogenannte Large Language Model, auf dem das Tool basiert, und der Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz ermöglichen Konversation erstmals in menschenähnlicher Qualität – und das auf Knopfdruck. Das vom Anbieter OpenAI entwickelte Modell verfügt über ein bis dahin unbekanntes Sprachverständnis und bietet so die Möglichkeit zu natürlicher Konversation per Freitexteingabe. Genau das also, woran Chatbots vorher regelmäßig scheiterten. Darüber hinaus ist generative KI verglichen mit früheren Lösungen niedrigschwellig verfügbar, intuitiv und mit weniger Implementierungsaufwand verbunden – und somit nun ein echter Gamechanger, auch im Finanzsektor.


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Doch wie kann die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine in der Finanzberatung konkret aussehen? Zunächst kann die Künstliche Intelligenz einfache Routineaufgaben übernehmen, wie Freistellungsaufträge oder Adressänderungen. Gerade bei eher unkritischen Anfragen nimmt die KI den Bankmitarbeitern so Arbeit ab und verschafft ihnen Freiräume für anspruchsvollere Aufgaben. In einem zweiten Schritt kann KI auch bei Produkten wie Immobilienkrediten, bei denen Vertrauen eine große Rolle spielt, unterstützen. Denn wer einen Kredit für einen Hausbau oder Wohnungskauf beantragen möchte, muss zunächst einen Kreditantrag ausfüllen. Hier sind eine ganze Reihe an Unterlagen erforderlich: vom Gehaltsnachweis bis hin zur Bonitätsauskunft.

Bei der zeitaufwendigen Bearbeitung dieser unstrukturierten Dokumente kann die Künstliche Intelligenz den Finanzberater unterstützen und die Informationen auslesen sowie den Immobilienantrag zumindest zum Teil automatisiert verarbeiten. Zudem kann die KI bei Rückfragen oder bei der Angebotserstellung assistieren, sodass die Sachbearbeitung entsprechend schneller erfolgt. Da es bei einer Immobilienfinanzierung um große Vermögenswerte geht, obliegt die Kontrolle am Ende stets dem Menschen. Er bewertet abschließend, ob der Kredit gewährt wird oder nicht. Diese menschliche Kontrolle ist im EU AI Act, der die KI reguliert, so gesetzlich vorgeschrieben.

KI als Assistent des Menschen

Diese Beispiele zeigen, dass es bei der Verwendung von KI nicht darum geht, den Kundenberater zu ersetzen und der Maschine das Feld zu überlassen. Finanzberater und Technologie arbeiten vielmehr Hand in Hand, um so Prozesse zu beschleunigen, Fehler zu vermeiden und die Kundenzufriedenheit zu steigern. Bei Robo Advisorn ist die KI bereits ein etablierter Assistent, der bei einzelnen Fragestellungen die Entscheidungsfindung unterstützt. Aber auch im Kundendialog hat die KI Potenzial. Insbesondere um das Thema Finanzen machen viele Menschen einen großen Bogen, auch weil die Sprache sehr spezifisch ist. Gegenüber Beratern trauen sich viele Kunden nicht, Fragen zu stellen. Gegenüber der KI vielleicht schon. Sie könnte die Finanzsprache für Kunden in eine allgemeine Sprache übersetzen und somit Finanzwissen vermitteln und Berührungsängste abbauen.

Zuverlässigkeit und Vertrauen als Schlüsselfaktoren

Damit KI ihr volles Potenzial in der Finanzberatung entfalten kann, sollten Institute zwei Faktoren besonders beachten:

  1. Zuverlässigkeit: Die KI sollte stets im Sinne des Kunden agieren. In der Finanzindustrie kann ein Schaden durch falsche Beratung seitens Künstlicher Intelligenz schließlich mitunter größer als in anderen Branchen sein – zum Beispiel durch eine falsche Versicherung, eine unpassende Altersvorsorge oder eben auch einen unangemessenen Kreditrahmen. Damit die KI nicht zum Risikofaktor, sondern zu einem zuverlässigen Partner in der Finanzberatung wird, muss sie richtig trainiert werden – auch, da nur dies diskriminierende Entscheidungen unterbindet.
  2. Vertrauen: Es muss stets transparent sein, dass Kunden oder Finanzberater mit einer KI interagieren. Erst wenn der Einsatz von Künstlicher Intelligenz nachvollziehbar ist, wird er auch im Business-Kontext akzeptiert. Zur Vertrauensbildung und auch für die Zuverlässigkeit leistet der EU AI Act einen wichtigen Beitrag, der den Einsatz von KI im Finanzsektor reguliert.

Agiert die Künstliche Intelligenz zuverlässig und sicher, wird auch das Vertrauen in die Technologie größer – sowohl seitens der Bankkunden als auch seitens der Finanzberater. Für den Anfang hilft es mit kleineren Projekten wie der Übernahme von Routineaufgaben durch die KI zu starten. Sind erste Projekte erfolgreich, lässt sich die Rolle der KI als Assistent des Menschen beständig weiterentwickeln. Das Ergebnis kann schließlich ein natürlicher, intuitiver Umgang mit KI im Finanzkontext sein, wie bereits in vielen anderen Bereichen des Lebens auch. Und so entfaltet schließlich KI ihr volles Potenzial.

Benedikt Höck ist Partner im Bereich Financial Services bei KPMG und verantwortet die Beratung zu Customer Centricity sowie neuen Technologien wie KI und Metaverse.

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