2019 war für die deutschen Maklerpools ein durchweg positives Jahr: 91 Prozent der Unternehmen konnten ihre Provisionserlöse steigern, nur zwei Häuser mussten rückläufige Zahlen hinnehmen, wie die aktuelle Cash. Hitliste der Maklerpools zeigt. Doch das war vor Corona. Seit dem weltweiten Ausbruch der Pandemie Anfang 2020 hat auch die Finanzdienstleistungsbranche mit veränderten Rahmenbedingungen zu kämpfen.
Die bange Frage lautet: Wie reagieren die Kunden auf die Coronakrise? Kommt die große Stornowelle? Bleiben Neuabschlüsse aus? Viele Makler blicken mit gedämpften Erwartungen in die Zukunft: Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung hat Ende Juni eine zweite “Corona-Umfrage” durchgeführt, an der 461 Vermittler teilgenommen haben. Demnach erwarten sie coronabedingt im Schnitt einen Rückgang ihres Provisionsumsatzes um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Doch die Maklerpools, die das Geschäft ihrer angebundenen Makler bündeln, scheinen bisher relativ gut durch die Krise zu kommen, wie die Teilnehmer der Roundtable-Diskussion in der Hamburger Cash.-Redaktion betonen. Die Coronakrise habe sich glücklicherweise weniger als befürchtet auf das laufende Geschäft ausgewirkt, sagt Dr. Sebastian Grabmaier, Vorstandsvorsitzender der Jung, DMS & Cie. AG aus München: “Wir wollten ohne Corona um knapp 20 Prozent wachsen, jetzt sind es zwölf Prozent geworden. Viele Partner haben Corona als Chance begriffen und gesagt: Normalerweise kann ich nur abends zum Kunden, jetzt kann ich auf virtuellem Wege den ganzen Tag dorthin. Wir haben durchaus einzelne Partner, die deutlich mehr Umsatz machen als vorher und die das Gefühl eines gestiegenen Absicherungsbedarfs beim Kunden auch in Geschäft umsetzen.” Deswegen klage man auf sehr hohem Niveau.
Rolf Schünemann, Vorstandsvorsitzender der BCA AG aus Oberursel, kann das bestätigen: “Bei uns läuft es gut und wir liegen deutlich über Vorjahr. Das freut uns natürlich, denn im März haben wir viel schlechtere Annahmen getroffen, als es jetzt wirklich eingetreten ist. Der Bereich Investment läuft glänzend mit zweistelligen Wachstumsraten, auch im Bereich Versicherungen liegen wir über Vorjahr.”
Eine “kleine Delle”
Spurlos ist die Krise aber auch an den Pools nicht vorübergegangen. Bei der 1:1 Assekuranzservice AG mit Sitz in Augsburg hat Corona durchaus für einen temporären Einbruch im Absatz gesorgt, weshalb der Vertrieb auf Online umgestellt wurde. “Wir haben da einen hohen Schulungsaufwand betrieben, weil nicht jeder per se fit in dieser neuen Welt war. Wir können jetzt seit zwei, drei Monaten sehr positive Signale erkennen, dass sich das Ganze wieder belebt”, erklärt Vorstand Thomas Maier. “Von der produkttechnischen Seite her haben wir in klassischen Geschäftsbereichen wie Leben und Kranken stärkere Auswirkungen als im Sachbereich, der für uns eine bedeutende Rolle spielt, hier läuft es sehr stabil.”
Eine “kleine Delle” gab es auch bei der Apella AG aus Neubrandenburg, nachdem der Start ins Jahr 2020 laut Vorstand Harry Kreis sehr gut verlaufen war. “Jetzt sind wir in allen Bereichen wieder auf einem Umsatzplus von circa sechs Prozent. Wir sind unter diesen Umständen mit der Situation zufrieden, ich denke aber auch, wir werden bis zum Jahresende noch ein bisschen zulegen können”, erwartet er.
Bei der Wifo GmbH aus Rheinstetten hatte man laut Geschäftsführer Christian Wetzel das große Glück, nicht vom Massengeschäft abhängig zu sein, weil man dort sehr speziell aufgestellt ist. “Wir haben sogar ganz ordentlich zugelegt. Das lag unter anderem daran, dass wir uns in den Bereichen Digitalisierung und Vertriebsautomation sukzessive spezialisiert haben.” Stand heute hätte es also schlimmer kommen können für die Pools. Eine mögliche “zweite Welle” könnte die Situation aber auch dort deutlich verschlechtern.
Schon vor Beginn der Coronakrise war die seit Jahren erwartete Konsolidierung der Maklerpool-Branche dabei, langsam Fahrt aufzunehmen. So kündigte Blau Direkt im Februar an, in einer “umfassenden organisatorischen Fusion” die Kräfte mit Wifo bündeln zu wollen. Man sehe die Zusammenarbeit als Einladung an weitere Pools und Vertriebe, sich mit einer Kooperation auf unabhängiger Basis auseinanderzusetzen, teilten Blau Direkt und Wifo damals in einer Presseerklärung mit.
“Beide Unternehmen sind weiterhin rechtlich selbständig, die Vermittler werden weiter unter den jeweiligen Marken geführt. Es geht einfach darum, wer in welchem Bereich seine Stärken hat. Blau Direkt hat seine Stärken im Bereich Technik und Prozesse, wir haben unsere Stärken im klassischen Geschäft, wo es in erster Linie darum geht, dem Makler ein maßgeschneidertes Angebot zu erstellen”, erklärt Wetzel. Das passe wunderbar zusammen. “Ich glaube nicht, dass es Sinn macht, wenn jeder Marktteilnehmer Geld in die Hand nimmt und sich sein eigenes System baut, sonst werden wir alle von den großen Softwarehäusern überholt.” Ein Szenario, das viele Pools fürchten.
Dies war aber nicht der erste Schritt in Richtung Konsolidierung: Bereits im April 2019 hatte die JDC Group 100 Prozent der Gesellschaftsanteile des Stuttgarter Maklerpools Komm Investment übernommen – “zur Freude aller”, wie Grabmaier betont. “Die Partner, die dort angeschlossen waren, erhalten nun voll digitalisierte Lösungen über alle Sparten, über alle Anbieter, und der Veräußerer erhält den Lohn für seine jahrelange Aufbauarbeit. Und für uns ist es auch sehr schön, weil wir das, was wir tun, nun für ein noch größeres Volumen tun und dabei Synergieeffekte erzielen.” Eine “Win-win-win”-Situation, sozusagen.
Ob die Coronakrise das Tempo der Konsolidierung beschleunigen wird, bleibt abzuwarten. Manche Pool-Chefs jedenfalls blicken grundsätzlich skeptisch auf die zunehmende Konzentration, sie plädieren für mehr Vielfalt im Markt. “Es wäre ganz gut, wenn jeder seinen eigenen Weg geht, sonst kommen wir irgendwann mal ins Oligopol und das hat dann nichts mehr mit Innovationsfreudigkeit oder Effizienz zu tun”, sagt Kreis. Vielfalt sei der klare Mehrwert für die Makler. “Klar, wir gucken immer mal, was macht der Mitbewerber, wie wird sein Produkt am Markt anerkannt – aber letztendlich glaube ich, dass zur Zeit jeder seinen Weg finden sollte und das ist gut so.”
Nur noch die “G8” der Pools?
Auch Maier ist der “felsenfesten Überzeugung”, dass viele Pools eine Vielfalt in diesem Bereich schaffen. “Das ist auch eine Chance für den Makler und man sieht ja, jeder von uns verfolgt dann doch ein eigenes Geschäftsmodell mit eigenen Ideen und eigenen Zielgruppenvisionen. Und wenn es nur um Nuancen anders ist, wird es am Ende des Tages gegebenenfalls auch zu Risiken und eben nicht nur zu Chancen führen, wenn Kooperationen stattfinden.” Dennoch werde das, was in anderen Branchen schon lange am Laufen ist, auch an den Pools nicht vorbeigehen. “Kostendruck und Regulierung werden dazu führen, dass es auf die eine oder andere Art und Weise eine Konzentration geben wird. Dass das dann gleich ein Oligopol sein wird, glaube ich nicht, aber es wird eine Konzentration stattfinden.”
Auch Schünemann erwartet, dass es verstärkt Kooperationen geben wird, wie auch Zusammenschlüsse und Übernahmen. Dabei müsse aber alles zusammenpassen, warnt er. “Die Philosophie und die Persönlichkeit der Unternehmer spielt dabei eine ganz große Rolle. Die meisten Pools sind ja noch inhabergeführt, die Gründer haben ihr Unternehmen aufgebaut und das hat sich dann evolutionär entwickelt. Das sind Alphatiere mit einer stabilen Persönlichkeit, die wissen, was sie können”, so Schünemann.
Bleibt die Frage, wie weit die Konzentration letztlich gehen wird. Gibt es künftig nur noch die “G8” der Pools? Oder die “G10”? Auf eine Größenordnung wollen sich die Teilnehmer der Diskussionsrunde dann doch nicht festnageln lassen. Schünemann: “In zehn Jahren, wenn ich im wohlverdienten Ruhestand bin, rufen Sie mich dann an und sagen: Jetzt sind es neun Pools, Sie haben damals aber acht gesagt.”