Die Rentenbeschlüsse der schwarz-roten Koalition belasten die Zukunft – Ein alterndes Land entscheidet sich für die Rolle rückwärts.
Kolumne von Prof. Dieter Weirich, DIA
Die Deutschen sind so alt wie kein anderes Volk in der Europäischen Union. Seit 40 Jahren ist die Sterbe- höher als die Geburtenrate, bei der die wenig zeugungsfreudige Republik ebenfalls die „rote Laterne“ auf dem Kontinent trägt.
Zwar ergibt sich durch die Zuwanderung ein gewisser Verjüngungseffekt, doch wird dieser durch die Alterung der Gesamtgesellschaft längst aufgehoben. Bis 2050 wird die Gruppe der über 65-jährigen auch dank der wachsenden Fortschritte in der Medizin auf über ein Drittel der Gesamtbevölkerung steigen.
Was zählt, sind Stimmen
Der Transformationsprozess einer Gesellschaft, die in den nächsten Jahrzehnten kontinuierlich von 80 auf 60 Millionen schrumpft und damit eine immer weiter klaffende Schere zwischen erwerbstätiger und versorgender Bevölkerung hervorruft, wirft immer dramatischere Verteilungsfragen auf.
Es ist zu befürchten, dass in solch alternden Gesellschafen die Privilegien der Senioren konserviert und die Interessen der jüngeren Generation vernachlässigt werden. Die Parteiendemokratie ist bekanntlich opportunistisch. Was zählt, sind Stimmen.
Die CDU hat bei den Älteren besonders gepunktet, bei den über Siebzigjährigen holte sie sogar die absolute Mehrheit, aber auch bei der SPD fällt das insgesamt magere Gesamtergebnis in diesen Altersgruppen erfreulicher aus.
Zukunft verspielt
Betrachtet man sich die Rentenbeschlüsse der Großen Koalition, so scheint die Mahnung von Demokratieforschern, in alternden Gesellschaften werde nur noch der Bestand verwaltet und Zukunft verspielt, erste bittere Früchte tragen.
14 Milliarden Euro will sich die voraussichtliche Regierung Merkel-Gabriel – ein „Ja“ der SPD-Mitgliederbefragung unterstellt – die zusätzliche Altersvorsorge kosten lassen.
Auf dem vorweihnachtlichen Wunschzettel der Koalitionäre erfüllte sich jede der großen Parteien eines ihrer Wahlkampfversprechen. Besonders gefährlich und rückwärtsgewandt muss man die von der SPD mit Nachdruck verlangte und von der Union letztlich durchgewunkene abschlagsfreie Rente mit 63 sehen.
Verstärkte Anreize, im Alter zu arbeiten
Wer 45 Beitragsjahre in der Rentenversicherung aufweist, kann ab Juli 2014 mit 63 Jahren ohne Abschlag in Rente gehen, wobei Zeiten der Arbeitslosigkeit mitgerechnet werden, was selbst die Wirtschaftsorganisation OECD auf den Plan gerufen hat.
„Anreize, in höherem Alter länger zu arbeiten, sollten verstärkt, nicht abgebaut werden“, heißt es dort. Einige Tage zuvor hatten die Wirtschaftsweisen noch eine langfristige Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 69 von 2045 bis 2060 ins Gespräch gebracht.
Die in der Koalition gefundene Lösung werde einen dramatischen Anstieg der Staatsschulden zu Lasten der jüngeren Generation verursachen und eine Finanzierungslücke bei der Sozialversicherung hinterlassen.
Außerdem würden Arbeitskosten teurer gemacht, was zur Vernichtung von Jobs beitrage. Nach Schätzungen kostet die abschlagsfreie Rente viereinhalb Milliarden Euro.
Seite zwei: Mütterrente kostet sechseinhalb Milliarden Euro