In Krisenzeiten von Fondsgesellschaften tritt regelmäßig die Vorschrift über die beschränkte Kommanditistenhaftung in den Vordergrund und die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Haftung wieder aufleben kann.
Kolumne von Ulrich A. Nastold, Kanzlei Klumpe, Schroeder + Partner GbR
Der Kommanditist einer Kommanditgesellschaft haftet den Gläubigern der Gesellschaft grundsätzlich nur beschränkt nach Maßgabe der in das Handelsregister einzutragenden Haftsumme. Die Haftung ist ausgeschlossen, soweit der Kommanditist seine (Haft-)Einlage geleistet hat. Durch Rückführung der Einlage aus dem gebundenen Vermögen lebt die beschränkte Kommanditistenhaftung wieder auf.
Das folgt aus Paragraf 172 Abs. 4 HGB. Man spricht auch davon, dass sich der Kommanditist „die Haftungsbefreiung verdient“, indem er bei der Gesellschaft haftendes Kapital als Kommanditisteneinlage hält. Es ist also entscheidend, dass der Gesellschaft die Einlage zur Verfügung steht und diese Einlage werthaltig ist. Wenn nun umgekehrt entweder die Einlage als solche ganz oder teilweise zurückbezahlt wird oder aus gebundenem Vermögen der Gesellschaft eine Leistung an den Kommanditisten erfolgt, lebt die persönliche Kommanditistenhaftung wieder auf.
Gewinnunabhängige Ausschüttungen oft vorgesehen
Bei Fondsgesellschaften – betroffen sind hier keineswegs nur „Steuerstundungsmodelle“ – tritt in den Anfangsjahren nicht selten ein steuerlicher Verlust auf. Gleichwohl verfügt die Gesellschaft über Liquiditätsüberschüsse, die aufgrund einer schon bei Auflage der Gesellschaft vorhandenen gesellschaftsvertraglichen Regelung oder aufgrund entsprechender Beschlussfassungen an die Kommanditisten ausgeschüttet werden.
Der Kommanditist, der Anspruch auf Auszahlung eines ihm zukommenden Gewinns hat (siehe Paragraf 169 Abs. 1 Satz 2 HGB), erhält diese Ausschüttung dann trotz eines auf Gesellschaftsebene zu verzeichnenden Verlustes. In einem solchen Fall kann die persönliche Haftung des Kommanditisten grundsätzlich wieder aufleben, es sei denn, der Kommanditist erhält diesen Scheingewinn aufgrund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz. In diesem Falle könnte sich der gutgläubige Kommanditist seinerseits auf einen Vertrauensschutz berufen (Paragraf 172 Abs. 5 HGB).
Unterscheidung zwischen Innen- und Außenhaftung wichtig
Vor Kurzem hatte der für das Gesellschaftsrecht zuständige zweite Zivilsenat des Bundesgerichtshofs über die Frage zu urteilen, ob die Geschäftsführung einer in Schieflage geratenen Fondsgesellschaft die Rückzahlung von an Anleger bezahlte Ausschüttungen verlangen kann. In den Gesellschaftsverträgen verschiedener Fondsgesellschaften war übereinstimmend geregelt, dass die Gesellschaft unabhängig von einem im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn oder Verlust für den Fall, dass es die Liquiditätslage zulässt, in einem bestimmten Zeitraum nach Auflegen des Fonds Beträge in bestimmter Höhe ausschüttet. Diese sollten auf einem Darlehenskonto gebucht werden. Im Gesellschaftsvertrag hieß es jeweils weiter, dass für die Gesellschafter, die auf derartige Entnahmen verzichten, auch keine Belastungen auf dem Darlehenskonto erfolgen. Die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit sollte also entfallen.
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Aufgrund von Beschlüssen der Gesellschafterversammlungen wurden in der Folgezeit gewinnunabhängige Ausschüttungen gezahlt. Nachdem nun die Beteiligungsgesellschaften in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren – es handelte sich um Schiffsfonds – beschlossen die Gesellschafterversammlungen im Rahmen eines Restrukturierungskonzeptes die Rückforderung der Ausschüttungen von den Gesellschaftern, die zuvor nicht auf die Entnahme verzichtet hatte. Der Bundesgerichtshof wies die Klagen ab und in diesem Zusammenhang darauf hin, dass allein der Umstand, dass die Beträge nach dem Gesellschaftsvertrag unabhängig von einem erwirtschafteten Gewinn ausgeschüttet wurden, einen Rückzahlungsanspruch nicht entstehen lässt.
Die Haftung gem. Paragraf 172 Abs. 4 HGB bestünde primär gegenüber Gläubigern der Gesellschaft. Die Norm betreffe die Außenhaftung. Von dieser sei die Haftung im Innenverhältnis zu unterscheiden. Im Innenverhältnis sind die Gesellschafter grundsätzlich frei, ob und mit welchen Rechtsfolgen sie Einlagen zurückgewähren. Werden Einlagen aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung der Gesellschafter zurückbezahlt, entsteht ein Rückzahlungsanspruch der (Fonds-)Gesellschaft nicht automatisch, sondern nur bei einer entsprechenden vertraglichen Absprache. Eine solche Regelung sahen die Verträge der betroffenen Fondsgesellschaften aber nicht vor.
Seite zwei: Gesellschafts-Gläubiger haben „gute Karten“