Die jüngste Eskalation im Handels- und Währungsstreit zwischen den USA und China wird noch zu einer verschärften Korrektur am US-Aktienmarkt führen. Der stark mit China verflochtene US-Tech-Sektor könnte dabei den gesamten Markt mit nach unten ziehen. Ein Kommentar von Seema Shah, Chefstrategin des US-amerikanischen Asset Managers Principal Global Investors.
Aus chinesischer Perspektive wird es nun darum gehen, Präsident Trump dort zu treffen, wo er verwundbar ist: mit Blick auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen.
China hat nun ein starkes Interesse daran, Trump in politisch sensiblen Bundesstaaten zu treffen – zum Beispiel durch eine Unterbindung strategisch bedeutsamer US-Importe – und seinen Untergang als US-Präsident durch einen wirtschaftlichen Abschwung im Vorfeld der Wahlen zu befeuern.
Trump schießt sich selbst ins Bein
Es zeigt sich bereits, dass Trump sich nun kaum zurücklehnen und dem Treiben zuschauen wird. Investoren warten nervös darauf, ob er einseitige Währungsinterventionen in Betracht zieht, um den Dollar wie gewünscht zu schwächen.
Auch andere Gegenmaßnahmen sind gut möglich, etwa nochmals erhöhte Zölle auf chinesische Importe und neue Beschränkungen für den Export von Technologien nach China.
Aber: Während Chinas Wachstum von solchen Maßnahmen definitiv einen Dämpfer bekommen wird, ist es aus Sicht der Trump-Regierung nichts anderes als ein Akt der Selbstverletzung.
Technologiesektor am stärksten betroffen
Letztlich haben wesentliche Teile des US-Technologiesektors über ihre Lieferketten enge Verbindungen nach China. Die Tech-Unternehmen im S&P 500 beispielsweise erzielen 60 Prozent ihres Umsatzes außerhalb der USA – das macht sie zum am stärksten vom globalen Wachstum abhängigen Sektor.
Dementsprechend gehe ich davon aus, dass die Aktien des Technologiesektors am stärksten von den Auswirkungen an den Märkten betroffen sein werden. Wenn der Tech-Sektor stolpert, stolpert auch der breite Markt.
Innerhalb von nur einer Woche haben sich die zwei Phänomene, die die Märkte zuvor nach oben getrieben haben, ins Gegenteil verkehrt. Die Fed hat die Märkte mit ihren Aussagen über künftige Zinssenkungen enttäuscht und die Handelsspannungen sind zurückgekehrt. Die Selbstzufriedenheit der Märkte hat einen heftigen Schuss Realität abbekommen.
Wir sollten uns nun auf eine verschärfte Korrektur der US-Aktienmärkte einstellen, weil Investoren die Risiken aus dem Handelskrieg und dem stärkeren US-Dollar neu bepreisen. Wie lang diese Korrektur andauern wird, hängt davon ab, wie die Antwort der Fed ausfällt und wie die chinesische Wirtschaft die Trump-Präsidentschaft übersteht.
„Stabilisierende Effekt auf die Wirtschaft scheint so oder so fraglich“
China hat definitiv die Stärke und den Spielraum für weitere geld- und haushaltspolitische Stimuli, aber der stabilisierende Effekt auf die Wirtschaft scheint so oder so fraglich.
Was Präsident Trump angeht, so ist eine tiefgreifende und anhaltende Korrektur am Aktienmarkt sicher nicht in seinem Interesse, zumal, weil sie einen wirtschaftlichen Einbruch im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen herbeiführen könnte.
Zwar wird die Fed im September mit hoher Wahrscheinlichkeit die Leitzinsen senken, aber das wird kaum ausreichen, um die Entwicklung zu drehen.
Konflikt nur lösbar durch Einbruch der Weltwirtschaft
Am Ende könnten beide Seiten aus Stolz auf ihrer Position beharren, auch wenn sie an Boden verlieren. Nur ein wirklich scharfer Einbruch an den Märkten und in der Weltwirtschaft könnte sie dann an den Verhandlungstisch zurückbringen.
Achtung, Verschwörungstheorie: Man stelle sich vor, die Fed senkt in den nächsten Monaten einige Male die Leitzinsen und dann entscheidet sich Trump wieder einmal, die Option neuer Zölle vom Tisch zu nehmen, dann könnte das pünktlich zu den Präsidentschaftswahlen einen Aufschwung an den Aktienmärkten auslösen.
Was ein Segen für Präsident Trump.
Foto: Shutterstock