„Durch die nun noch restriktivere Kreditvergabe der Banken dürften mehr Unternehmen in Schwierigkeiten geraten als noch zu Jahresbeginn erwartet“, begründete das Allianz Trade am Dienstag. Bislang hatte der Kreditversicherer einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen hierzulande um 15 Prozent vorhergesagt.
„Eine Pleitewelle ist das weiterhin nicht, auch wenn ein zweistelliger Zuwachs zunächst den Anschein erweckt“, ordnete der Vorstandschef von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Milo Bogaerts, ein. Aus seiner Sicht hinterlassen die Probleme von Banken in den USA und der Schweiz auch Spuren in Deutschland: „Mit den deutlich steigenden Zinsen laufen eher schwach finanzierte Unternehmen Gefahr, in Schwierigkeiten zu geraten.“
Die rasant gestiegenen Zinsen hatten Mitte März in den USA mehrere Regionalbanken zu Fall gebracht. Aktienkurse von Bankhäusern weltweit gerieten unter Druck. Die bereits zuvor kriselnde Schweizer Großbank Credit Suisse wurde Mitte März per Notverkauf an die UBS aufgefangen. Notenbanken, Politik und Bankenvertreter betonten jedoch die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems in Deutschland und Europa.
Das Münchner Ifo-Institut kam anhand einer Umfrage jüngst zu dem Schluss, dass Unternehmen in Deutschland wieder leichter an Kredite kommen. Berichteten im Dezember noch 30 Prozent der Unternehmen von Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe, waren es im März nur noch 22,7 Prozent. „Die Turbulenzen bei einigen internationalen Banken haben keine Auswirkung auf die Kreditvergabe in Deutschland“, folgerte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe.
Amtlichen Daten zufolge stieg die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland im vergangenen Jahr zwar erstmals seit der weltweiten Finanzkrise 2009 wieder an. Extrem gestiegene Energiepreise, Rekordinflation sowie Kaufzurückhaltung von Verbrauchern zwang wieder mehr Unternehmerinnen und Unternehmer zur Aufgabe ihres Geschäfts. Dennoch blieben die Zahlen im langjährigen Vergleich sehr niedrig.
„Selbst Ende 2023 dürfte Deutschland das Niveau von vor der Pandemie noch nicht erreicht haben“, prognostizierte Bogaerts. „Das dürfte erst nach einer weiteren Zunahme der Insolvenzen um sechs Prozent im Jahr 2024 wieder leicht überschritten werden.“
Die weltweiten Insolvenzzahlen werden nach Einschätzung von Allianz Trade im laufenden Jahr von zuletzt vergleichsweise niedrigem Niveau ebenfalls um gut ein Fünftel (21 Prozent) anziehen. Auch hier erwartet der Kreditversicherer, dass erst 2024 das Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019 wieder annähernd erreicht sein wird.
„Deutschland steht im europäischen Vergleich weiterhin gut da“, erklärte Bogaerts. „Allerdings hat sich die Dynamik bei der Zunahme der Pleiten im Zuge der Normalisierung inzwischen an das weltweite Geschehen angeglichen.“ Grund zur Panik sei dies nicht, Anlass zur Vorsicht aber schon, meint Bogaerts.(dpa-AFX)