Schwächelnde Kapitalanlagen: Kundenmanagement im Krisenfall

Dort wurde offen darüber gesprochen, dass eine Veräußerung in der Krise weder grundsätzlich, noch zu einem bestimmten Betrag gesichert sei. Diese Veranstaltung lag mehr als drei Jahre seit der Klageerhebung des Kunden zurück. Alle Instanzen haben – nach Beweiserhebung über die Inhalte der Veranstaltung – angenommen, dass trotz des ursprünglichen Beratungsfehlers eine Verjährung eingetreten sei. Auch der BGH hat die Urteile bestätigt.

Dies zeigt, dass selbst ein ursprünglicher Beratungsfehler durch entsprechende Kommunikation noch geheilt werden kann. In der Praxis ist manchmal der Einwand zu hören, dass die weitere Kundenbetreuung bei massiven Wertverlusten wenig bringt, da solche Kunden ohnehin verloren wären. Da Folgezeichnungen nicht mehr zu erwarten wären, gelte es, sich umso intensiver auf alternatives Neugeschäft zu konzentrieren.

Diese Sichtweise übersieht einen wichtigen Punkt: Selbst wenn die erfolgreiche Akquisition eines neuen Kunden eine Provision von zehn Prozent einbringt, führt doch ein verlorener Kunde, der erfolgreich klagt, zu einem Aufwand von 100 Prozent der Anlagesumme. Diese kann sich noch um die Erstattung eines Agios, Finanzierungskosten oder eine entgangene Alternativverzinsung erhöhen.

So ist selbst bei rein wirtschaftlicher Betrachtung der Aufwand für eine erfolgreiche Kundenbetreuung im Krisenfall zehnmal so effizient wie die erfolgreiche Vermittlung eines entsprechenden Neugeschäfts.

Kein Schuldeingeständnis

Natürlich gibt es auch Fälle, in denen die Krisenkommunikation mit dem Kunden nichts mehr nützt oder sogar schädlich sein kann. Hierzu gehört die bewusste Verharmlosung oder die Verschleierung des Problems.

Wer sich offensichtlich bemüht, eingetretene Schwierigkeiten zu vertuschen, indiziert damit zumindest, dass er den Kunden auch im Beratungsgespräch nicht ausreichend auf Risiken hingewiesen hat. Dabei geht es nicht um ein Schuldeingeständnis, das ohnehin nicht empfehlenswert ist. Eine bei der Anlage objektiv eingetretene Situation realistisch und ohne „rosa Brille“ für den Kunden transparent zu machen bedeutet nicht zugleich, dafür moralisch oder rechtlich die Verantwortung zu übernehmen. Beides sollte getrennt bleiben.

Getrennt bleiben sollte die Krisenkommunikation auch von Neuempfehlungen. Manchmal gibt es Schreiben an die Kunden, in denen nach wenigen einleitenden Sätzen zu der nicht gerade erfolgreichen Anlage A sofort die gute Nachricht kommt, dass der Verlust durch die jetzt empfohlene Anlage B wieder kompensiert werden könne. Derart gekoppelte Empfehlungen sind haftungsrechtlich gefährlich.

Sie relativieren die Situation bei Anlage A und belasten die Neuvermittlung von Anlage B mit einem zusätzlichen potenziellen Aufklärungsmangel. Nämlich der Zusage, den Verlust zu kompensieren. Schließlich ist Vorsicht geboten, wenn die Kommunikationsebene nur noch eine rechtliche Dimension hat. Ist der Kampf um das Vertrauen des Anlegers verloren und sieht dieser eine Lösung nur noch in der Durchsetzung von Haftungsansprüchen gegenüber dem Berater, muss die Kommunikation angepasst werden.

Zu hoch ist das Risiko, durch zu viele oder falsche Reaktionen auf Anwaltsschreiben die eigene Position zu verschlechtern, wenn es schließlich doch zum Rechtsstreit kommt. Ein typisches Beispiel sind hier umfängliche Darstellungen zur persönlichen „Vermittlerehre“, die dem gegnerischen Anwalt noch zusätzliche Argumente für die umfänglich übernommenen Pflichten des Finanzdienstleisters liefern.

In diesen Fällen kann Schweigen tatsächlich die beste Reaktion sein – aber erst dann, wenn die bisherige Kommunikation versagt hat oder der Kunde nicht zugänglich war. Deshalb ist Kommunikation mit dem Kunden gerade auch im Krisenfall meistens Gold statt Silber.

Autor Prof. Dr. Thomas Zacher ist Partner der Kanzlei Zacher & Partner Rechtsanwälte in Köln und Professor an der FHDW Bergisch Gladbach.

Foto: Kanzlei Zacher & Partner

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