Trotz der geopolitischen Lage hat sich auf dem Kryptomarkt in den letzten sieben Tagen ein Kurs der Erholung abgezeichnet, die Bitcoin und Ethereum eine Steigerung von sieben bzw. 16 Prozent bescherte. Und nicht nur das: Der Ethereum-Mittbewerber Avalanche verzeichnete ein Wachstum rund sage und schreibe 28,7 Prozent – eine Tendenz, die durchaus auf das steigende Interesse am NFT-Ökosystem zurückzuführen sein könnte. Schließlich erlebte das Avalanche-Netzwerk nicht nur einen 48-prozentigen Anstieg an NFT-Verkäufen[1], auch die Nachricht, dass Avalanche in das Anchor-Sparprotokoll auf der Terra-Blockchain eingebettet wird[2], sorgte für Aufsehen.
Im Großen und Ganzen hat der Markt aufgrund der massiven Abflüsse an den Bitcoin-Börsen ein leichtes Aufwärtsmomentum erhalten. Dies könnte darauf hindeuten, dass institutionelle Investoren und vermögende Privatpersonen das aktuelle Preisniveau im Bereich von 38.000 bis 42.000 Dollar nutzen, um BTC-Bestände zu erwerben und langfristig zu halten. Dieses Phänomen ist oft vor einer Rallye zu beobachten, wie wir sie auch im November 2020 und im September 2021 erlebten.
Quelle: Glassnode
Und auch der Ausblick für das zweitgrößte Kryptoasset Ethereum bleibt bullish, wie die Zahlen beweisen: ETH stieg auf einen Kurs von über 3.000 Dollar und Hedgefonds-Manager wie Three Arrows Capital investierten mehr als 110 Millionen Dollar in Ethereum. Händler beabsichtigen damit, von einem Preisanstieg von Ethereum als Folge des Umstiegs des Assets auf das Proof-of-Stake-Verfahren[3] zu profitieren.
Kryptowährungs-Sektor in der Ukraine legalisiert
Nachdem die Regierung der Ukraine Krypto-Spenden in Wert von rund 62 Millionen Dollar erhalten hatte[4], unterzeichnete Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Gesetz über „virtuelle Assets“, das Kryptowährungen als Anlageklasse legalisiert.[5] Das neue Gesetz wird lokalen und ausländischen Börsen ermöglichen, legal im Land zu operieren und zum ersten Mal einen regulatorischen Rahmen für den offenen Kryptomarkt zu schaffen.
Afghanistans Bevölkerung findet durch Krypto-Assets zu finanzieller Inklusion
Wie die Nachrichtenagentur AFP[6] berichtet, verhelfen Kryptowährungen den Bewohnern des von einer Finanzkrise, Sanktionen und diplomatischer Isolation geprägten Afghanistan zu neuer finanzieller Inklusion. Als Folge der nach der Machtergreifung der Taliban erwirkten Sanktionen sind Banküberweisungen in Afghanistan unmöglich geworden, und selbst Afghanen, die Geld auf einer Bank verwahrt haben, können maximal 200 Dollar pro Woche (für Unternehmen sind es 2.000 Dollar pro Woche) davon abheben.
Wie Untersuchungen zeigen, richten die durch die Vereinigten Staaten erstmals 1999 erlassenen Sanktionen gegen Afghanistan mehr Schaden an, als sie Nutzen gebracht haben. Eines Berichts[7] von US Today zufolge werden im nächsten Jahr wohl mehr Menschen an den wirtschaftlichen Folgen der Sanktionen sterben als in den gesamten 20 Jahren des Krieges.
Kryptowährungen können in diesem Zusammenhang eigentlich nur als Retter in der Not betrachtet werden. Das beweist auch Code to Inspire[8], eine NGO unter der Leitung der Aktivistin Fereshteh Forough. Im Rahmen des Projektes erhalten rund einhundert afghanische Studentinnen in Herat Kryptospenden im Gegenwert von rund 200 Dollar im Monat – und das nur wenige Monate nachdem die Stadt unter die Herrschaft der Taliban fiel.
Wie wir bei 21Shares immer wieder betonen, haben die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Kryptowährungen in Zeiten von Konflikten und Verzweiflung eine noch viel stärkere Wirkung. Wie wir bereits erläutert haben, wird die Verwendung von Kryptoassets durch Regierungen, die damit Sanktionen umgehen, unwahrscheinlicher. Der wahre Nutznießer ist und bleibt jedoch die unbewaffnete Zivilbevölkerung in kriegsgeplagten Ländern, die schon immer den größten Preis für Kriege bezahlt hat.
Krypto und Sanktionen
Am vergangenen Donnerstag veranstaltete der US-Senatsausschuss für Banken, Wohnungswesen und städtische Angelegenheiten eine Anhörung, um die Rolle von Krypto-Assets bei der Verfolgung illegaler Finanzgeschäfte zu erfassen. Im Folgenden ein Überblick der wichtigsten Erkenntnisse:
Jonathan Levin, Mitgründer und Chief Strategy Officer von Chainalysis, Inc.
Nach Levin bieten Bitcoin und Ethereum aktuell die größte Chance, bei Finanzdienstleistungen für mehr Transparenz zu sorgen und neue Wege für den Handel zu schaffen. So wie Chainalysis sich die Transparenz der Blockchains und die Beständigkeit der darin enthaltenen Aufzeichnungen zunutze mache, um illegale Aktivitäten aufzuspüren, würden Strafverfolgungsbehörden diese verwenden, um proaktive Schritte zur Untersuchung von Straftaten zu unternehmen, ohne dass Vorladungen zugestellt werden müssen oder Meldepflichten bestehen.
Die gegen Russland verhängten Sanktionen würden verdeutlichen, wie wichtig Investitionen in die Finanztechnologie sind und zeigen gleichzeitig die Dominanz des Dollars im Laufe des 20. Jahrhunderts. Insofern verwies Levin eindringlich, weiter in die Finanztechnologie zu investieren. Außerdem müsse man jene Finanzinfrastruktur aufbauen, die die Welt im 21. Jahrhundert nutzen wird, da die Einbeziehung digitaler Vermögenswerte den USA helfen würde, die Zukunft zu gestalten. Tatsächlich könnten diese neuen Infrastruktur so aufgebaut werden, dass sie finanzielle Transparenz fördern. Dadurch würde die nationale und öffentliche Sicherheit nicht nur geschützt, sondern auch verbessert.
Michael Mosier, ehemaliger amtierender Direktor, stellvertretender Direktor/Digital Innovation Officer des Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN)
Zum Thema illegale Finanzierung erinnert Mosier die Senatoren daran, die innerhalb autokratischer Staaten lebenden „Verfechter der Demokratie“ nicht zu vergessen, da deren Finanzierung von Autokraten als illegal angesehen werden könnte. Die gleichen kryptografischen Fähigkeiten, die hier erörtert wurden, ermöglichten es, nachweisbare humanitäre Hilfe für 60.000 Mitarbeiter im Gesundheitswesen in Venezuela sicherzustellen – und das unter einem autoritären Regime.
Gleichermaßen seien in den letzten Wochen Krypto-Vermögenswerte im Wert von mehreren zehn Millionen Dollar an die Ukraine gespendet worden, und zwar schneller und in größerem Umfang die Hilfestellungen der UNO vonstattengegangen wären. Dass solche Spenden im besten Fall auch mehr Transparenz beweisen würden als konventionelle Hilfsprogramme, zeige der „Oil for Food“-Skandal[9] der UN im Irak.
Mosier gab ebenso Aufschluss über einige Beobachtungen bezüglich Ransomware, welche auf das Jahr 1989 zurückgehe – zwei Jahrzehnte vor dem Aufkommen von Bitcoin. Obwohl sich Bitcoin aufgrund seiner Schnelligkeit und der vermeintlichen Anonymität zu einer bevorzugten Zahlungsmethode entwickelt, zugleich jedoch biete dessen Architektur in gewisser Hinsicht mehr Transparenz als der oftmals undurchsichtige internationalen Bankverkehr.
Ein wichtiger Beweis für diese These sei die Wiedererlangung von 2,3 Millionen Dollar von den Angreifern der Colonial Pipeline. Die Zunahme von Ransomware ließe sich eher auf andere Entwicklungen zurückführen: Das Aufkommen von Ransomware selbst als Service, welches Kits unabhängig von Programmierkenntnissen weithin verfügbar macht und die Einstiegshürden drastisch senkt.
Zusätzlich zu den zweifachen Erpressungen erhöhen sich die Forderungen von Cyber-Angreifern erheblich, da diese damit drohen, nicht nur den betroffenen Computer zu sperren, sondern die gestohlenen Daten auch zu veröffentlichen. Laut SolarWinds gibt es viele Akteure, die durch nicht-finanzielle Anreize angetrieben werden. Wenn man Cyberkriminalität zu sehr auf Krypto-Vermögenswerte zurückführt, übersieht man wichtige Ursachen und Präventivmaßnahmen, die ergriffen werden können. Sicherlich muss noch einiges getan werden, damit das Web3 sicher zugänglich ist, aber auch im Internet früherer Tage hätte es eine Menge Betrug und Ausbeutung gegeben. Anstatt das Internet abzuschalten, würden Entwickler und Regulierungsbehörden beharrlich Seite an Seite arbeiten, um ein Gleichgewicht zu finden und dabei Risiken und Wege für einen Konsens und Klarheit zu priorisieren.
Michael Chobanian, Gründer von KUNA Exchange, Präsident der Blockchain Association of Ukraine
Da es laut Chobanian praktisch unmöglich sei, große Geldbeträge von Fiat- in Krypto-Assets zu transferieren, bestehe für die russische Regierung auch keine Möglichkeit, Sanktionen mit Hilfe von Krypto-Assets zu umgehen. Darüber hinaus betonte er, dass viele Russen, egal ob sie sich innerhalb oder außerhalb Russlands befinden, stark auf Kryptowährungen setzen, vor allem unter der Opposition zu Putins Regime. Sobald Gesetze entworfen würden, die russische Nutzer gänzlich ausschließen, würde die Möglichkeit eines Regimesturzes durch eine Opposition zunichte gemacht werden.
Während der Anhörung stellte Senatorin Elizabeth Warren einen Gesetzentwurf vor, der auf die Nutzung von Kryptowährungen durch Russland abzielt. Der „Digital Asset Sanctions4Compliance Enhancement Act“ wird von zehn weiteren demokratischen Senatoren unterstützt, darunter die Vorsitzenden des Ausschusses für auswärtige Beziehungen und Landwirtschaft, nicht jedoch der Vorsitzende des Bankenausschusses, Sherrod Brown. The Block[10] erhielt eine Kopie des noch nicht veröffentlichten Gesetzentwurfs, und berichtete, dass dieser vom Weißen Haus fordert, einen Bericht über alle Krypto-Dienstleister zu erstellen, die mit Russland in Verbindung stehen. Außerdem erteilt dieser Entwurf dem Finanzministerium die weitreichende Befugnis, Krypto-Dienstleister wie Börsen von Transaktionen mit Adressen, die mit Russland in Verbindung stehen, auszuschließen.
In den letzten Wochen haben Kraken, Coinbase Global und Tether die Aufforderung der Ukraine abgelehnt, Transaktionen mit russischen Nutzern zu stoppen. Im Falle der Verabschiedung von Warrens Gesetzentwurf könnten Börsen und Krypto-Projekte, die in den USA tätig sind, gezwungen sein, russische Nutzer in ihren Netzwerken zu sperren.
Autorin Leena ElDeeb ist Research Associate bei 21Shares.
[1] https://news.bitcoin.com/nft-weekly-sales-volume-improves-jumping-17-higher-than-the-week-prior/
[2] https://investorplace.com/2022/03/avax-crypto-sees-sizable-gains-as-avalanche-adopts-anchor-protocol/
[3] https://www.coindesk.com/tech/2022/03/16/ethereum-merge-takes-place-on-kiln-testnet/
[4] https://donate.thedigital.gov.ua/
[5] https://de.cointelegraph.com/news/ukraine-s-president-signs-law-establishing-regulatory-framework-for-crypto
[6] https://www.aljazeera.com/news/2022/3/21/crypto-provides-fix-for-some-in-crisis-hit-afghanistan
[7] https://eu.usatoday.com/story/opinion/columnist/2022/03/10/biden-sanctions-afghanistan-humanitarian-crisis/6918023001/
[8] https://www.codetoinspire.org
[9] IRAQ: Oil for Food Scandal | Council on Foreign Relations (cfr.org)
[10] Senator Elizabeth Warren introduces bill targeting Russian crypto use amid sanctions (theblockcrypto.com)