Krypto-Regulierung: „Fairer Wettbewerb wird überhaupt erst ermöglicht“

Christoph Pliessnig, Terrox
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Christoph Pliessnig, Teroxx: "Aufgrund unterschiedlicher Kosten-Infrastrukturen an unterschiedlichen Standorten in Europa werden viele der neuen Mitbewerber ihren Kunden auch teilweise günstigere Angebote unterbreiten können, welche den Druck auf die regional ansässigen Unternehmen zukünftig zusätzlich deutlich erhöhen werden."

EXKLUSIV Durch die am 20. April 2023 beschlossene MiCA-Verordnung will die EU globaler Vorreiter in Bezug auf die Krypto-Regulierung werden. Am 30. Juni 2024 traten die Regelungen für wertreferenzierte Kryptowerte und E-Geld-Token in Kraft. Was das für Unternehmen und Anleger bedeutet, sagt Christoph Pliessnig, Gründer und CEO der Digital Asset Boutique Teroxx.

Welche Bestimmungen der MiCA-Verordnung haben die größten Auswirkungen auf Unternehmen und Investoren?

Pliessnig: Grundsätzlich kann man sagen, dass sich die ganze MiCA-Verordnung in 5 große Kategorien herunterbrechen lässt: Schutz der Konsumenten, Transparenz, Klimaschutz, Schutz vor Marktmanipulation sowie Insiderhandel und Richtlinien zur Bekämpfung von Geldwäsche (AML). Jeder Bereich hat seine Wichtigkeit, bringt viele Vorteile für Investoren aber auch Herausforderungen für Unternehmen mit. Investoren werden größtenteils von der Verordnung profitieren, da diese dafür sorgen wird, dass Unternehmen sicherer und vor allem auch reguliert handeln. Darüber hinaus profitieren Investoren von mehr Transparenz und Konsumentenschutz – auch wenn der organisatorische Mehraufwand aufgrund der AML-Richtlinien sicher für gemischte Gefühle sorgt. Ein wesentlicher Vorteil für Unternehmen besteht unterdessen darin, dass sich eine Vielzahl neuer Investoren aufgrund genau dieser neuen Verordnung überhaupt erst für Digitale Assets öffnet. Durch die MiCA-Anforderungen müssen sie allerdings auch mehr Substanz, Organe und finanzielle Mittel vorweisen. Dies stellt nicht nur existierende Organisationen vor neue Herausforderungen, sondern erschwert vor allem Neugründungen.

Wie könnten die neuen Vorschriften der MiCA-Verordnung die Geschäftsmodelle von Unternehmen in der Digital-Asset-Branche beeinflussen?

Pliessnig: Viele Geschäftsmodelle werden von MiCA unmittelbar beeinflusst, denn es gibt unzählige Unternehmen, die sich sehr schwertun werden, ihre oftmals servicearmen Prozesse in ihrer aktuellen Form aufrechtzuerhalten. Besonders schwierig wird es dann, wenn fehlende Transparenz Teil des Geschäftsmodells ist. Immer wieder sehen wir Marktteilnehmer, die keine Gebührentabellen bereitstellen, um ihre Kunden darüber zu informieren, welche Kosten sich hinter den Dienstleistungen tatsächlich verbergen. Sehr oft bezahlen Kunden zu hohe Gebühren, ohne dies überhaupt zu wissen. Neben der klassischen Gebührenverschleierung gibt es aktuell auch Geschäftsmodelle, die künftig nicht mehr erlaubt sein werden. Dazu zählt vor allem der Handel von digitalen Assets mit einem hohen Hebel. Etliche Plattformen bieten solche Services unerlaubt an und richten sich mit ihren oftmals aggressiven Marketing-Kampagnen bewusst an ein unerfahrenes Publikum, das sich durch die Nutzung dieser Services einen schnellen finanziellen Erfolg erhofft. Leider enden solche Experimente für viele Kunden und Kundinnen oft mit einem Totalverlust ihrer Investition. Solche Services werden im regulierten Umfang auch weiterhin erlaubt bleiben, allerdings müssen Konsumenten über das Risiko beispielsweise per Warnhinweis besser informiert werden.


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Welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich für Investoren durch die MiCA-Verordnung?

Pliessnig: Investoren werden durch die MiCA-Verordnung stark profitieren. Viele potenzielle Marktteilnehmer stehen aktuell noch an der Seitenlinie und trauen sich nicht, sich in dieser Assetklasse zu versuchen. Die Angst und das Misstrauen gegenüber Digital Assets als solche, vor allem aber gegenüber den am Markt agierenden Unternehmen, sind groß. Gerade institutionelle Investoren haben in der Vergangenheit aufgrund der fehlenden Regulierungen von einem Investment eher abgesehen. Dies wird sich dank MiCA langfristig ändern. Natürlich müssen auch Unternehmen ihren Teil dazu beitragen, indem sie die Anforderungen möglichst kundenfreundlich umsetzen; jedoch werden vor allem auch neue Investoren diese Bemühungen mit ihren Investitionen belohnen. Nicht nur Investitionen in Digitale Assets über zukünftig MiCA-regulierte Plattformen werden an Beliebtheit gewinnen. Auch direkte Investitionen in genau solche regulierten Unternehmen wie zum Beispiel Teroxx werden deutlich zunehmen. Viele Investoren aus dem In- und Ausland haben bereits ein Auge auf genau diese Anbieter geworfen.
 

Wie unterscheidet sich die regulatorische Landschaft für Digital Assets in der EU im Vergleich zu anderen führenden Märkten wie den USA oder Asien?

Pliessnig: Der konkrete Vergleich ist schwierig, da die regulatorische Landschaft in vielen außereuropäischen Ländern noch dem „Wilden Westen“ gleicht und man sich durch unzählige unterschiedliche Gesetzgebungen schlagen muss, um hierfür eine genaue Antwort zu finden. Blickt man jedoch auf die MiCA-Verordnung und die EU-Länder, in denen Unternehmen unter dieser Lizenz operieren dürfen, stellt man schnell fest, dass es sich weltweit um eine der größten einheitlich regulierten Wirtschaftszonen handelt. Dies macht es für nahezu jedes Unternehmen, das in einem dieser Länder ansässig ist und über solch eine Lizenz verfügt, möglich, seine Dienstleistungen in allen EU-Ländern anzubieten.

Welccyvhe Rolle spielt die MiCA-Verordnung bei der Förderung oder Hemmung von Innovationen im Bereich der Digital Assets?

Pliessnig: Man muss damit rechnen, dass sich die MiCA-Verordnung kurzfristig negativ auf die Innovation und die Weiterentwicklung der Branche auswirkt. Vor allem Neugründungen werden sich zunächst verzögern, da es zum aktuellen Zeitpunkt noch an den genauen regulatorischen Anforderungen fehlt. Ich vermute, dass diese spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2024 bekannt werden. Daraufhin werden viele Unternehmen, die aktuell mit ihrer Gründung noch warten, beginnen. Einige der Ideen lassen sich möglicherweise aufgrund der neuen Anforderungen nicht mehr umsetzen, da diese einfach nicht mehr zulässig wären oder die Umsetzung aufgrund der neuen Verordnung ein höheres Gründungsbudget erfordern würde, was für Start-ups ohnehin immer eine Schwierigkeit darstellt.

Neben diesen Verzögerungen bei Neugründungen müssen auch bereits bestehende Unternehmen darauf achten, den neuen Verordnungen gerecht zu werden. Die zu erwartenden neuen Investoren werden nicht schlagartig, sondern sukzessive in den Markt kommen, sodass kein unmittelbares Umsatzwachstum zu erwarten ist. Die Anpassungen und Vorkehrungen müssen also mit Hilfe der bestehenden Ressourcen gestemmt werden. Entsprechend können die eingebundenen Arbeitskräfte und Finanzmittel vorerst nicht für innovative Weiterentwicklungen genutzt werden und es kann zu mittelfristigen Einschränkungen mit Blick auf Fortschritt und Innovation kommen. Langfristig betrachtet, bedarf es aber genau einer solch einheitlichen Verordnung, um einen aufstrebenden Markt fundamental zu stärken. Nur einheitliche Regulierungen schaffen es langfristig, eine Vielzahl an neuen Investoren zu mobilisieren und Unternehmen über ihre aktuellen, oftmals regionalen Grenzen hinauswachsen zu lassen, damit diese für Innovation und Fortschritt im Europäischen Wirtschaftsraum sorgen können.

Wie könnte die Regulierung durch die MiCA-Verordnung den Wettbewerb zwischen verschiedenen Unternehmen in diesem Sektor beeinflussen?

Pliessnig: Die MiCA-Verordnung wird den Wettbewerb grundlegend und für immer verändern. Aktuell sind gewisse Märkte und Länder nur einer sehr kleinen Gruppe an regional ansässigen und lizenzierten Unternehmen zugänglich. Diese genießen ihren sogenannten Standortvorteil nur noch bis zum Inkrafttreten von MiCA. Spätestens dann wird sich eine Vielzahl an Organisationen in begehrte europäische Märkte ausweiten und mit attraktiven Angeboten um Kunden werben.

Gibt es Bedenken hinsichtlich möglicher negativer Auswirkungen auf die Innovation oder den Wettbewerb als Ergebnis der MiCA-Verordnung?

Pliessnig: Im Gegenteil. MiCA wird einen fairen Wettbewerb in Europa überhaupt erst ermöglichen. Aktuell können viele Unternehmen, die teilweise zum Beispiel aus technologischer oder kostentechnischer Sicht ihren Mitbewerbern weit voraus sind, aufgrund noch fehlender regionaler Lizenzen in vielen Ländern noch nicht aktiv um Kunden werben. Dies wird sich in Anbetracht der MiCA-Verordnung ändern und für einen fairen europäischen Wettbewerb sorgen.

Welche Herausforderungen könnten sich aufgrund der MiCA-Verordnung für Unternehmen ergeben, die Digital Assets in der EU anbieten oder nutzen wollen?

Pliessnig: Die MICA-Verordnung bringt zwei wesentliche Herausforderungen für Unternehmen mit sich, die Digitale Assets in der EU anbieten oder nutzen wollen. Die erste Herausforderung besteht in der technischen Umsetzung der oben diskutierten Kernziele. Es ist entscheidend, dass Unternehmen diese nahtlos in ihre bestehenden Prozesse und Dienstleistungen integrieren, um negative Auswirkungen auf die Nutzer zu minimieren. Die zweite Herausforderung ergibt sich aus erhöhtem Konkurrenzdruck durch den neuen europäischen Markt. Die Öffnung des Marktes ist, wie gesagt, sehr begrüßenswert – sie wird etablierte Anbieter jedoch vor Probleme stellen, wenn diese sich nicht schnell genug anpassen. Unternehmen, die bisher regionale Monopole genossen haben, werden sich schlagartig einem breiten Spektrum an Konkurrenz-Unternehmen aus ganz Europa gegenübersehen. Aufgrund unterschiedlicher Kosten-Infrastrukturen an den unterschiedlichen Standorten in Europa werden viele der neuen Mitbewerber ihren Kunden auch teilweise günstigere Angebote unterbreiten können, die den Druck auf die regional ansässigen Unternehmen zukünftig zusätzlich deutlich erhöhen werden. Viele Unternehmen, die aus heutiger Sicht noch einen Standortvorteil haben, da Mitbewerber ihre Märkte aufgrund notwendiger einzelner regionaler Lizenzen noch nicht mit ihren Angeboten bespielen dürfen, werden diesen Vorteil mit Inkrafttreten von MiCA verlieren und einem neuen Wettbewerb ausgesetzt werden. Aufgrund unterschiedlicher Kosten-Infrastrukturen an unterschiedlichen Standorten in Europa werden viele der neuen Mitbewerber ihren Kunden auch teilweise günstigere Angebote unterbreiten können, welche den Druck auf die regional ansässigen Unternehmen zukünftig zusätzlich deutlich erhöhen werden.

Interview: Frank O. Milewski, Cash.

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