Seit dem 24.11.21 ist die Gesetzesverschärfung in Kraft, die nun fast jeglichen Umgang mit gefälschten Impfausweisen mit Geld- und Gefängnisstrafe bedroht. Eine außerordentlich schwierige Dimension dieser neuen Rechtslage ist das Arbeitsrecht. Immer mehr Betriebe verlangen von ihren Mitarbeitern die Impfung oder regelmäßige (kostspielige) Tests. So kommt es, dass sich Arbeitnehmer, die sich nicht mit einem der zurzeit zugelassenen Impfstoffe gegen Covid-19 impfen lassen wollen, einen falschen Impfpass beschaffen, um Ihren Job behalten zu können. Doch was droht, wenn der Chef herausfindet, dass der Impfpass gefälscht ist?
Im folgenden Rechtstipp erfahren Sie:
– Ob das Benutzen eines gefälschten Impfausweises am Arbeitsplatz strafbar ist
– Ob man wegen eines gefälschten Impfausweises gekündigt werden kann
– Was eine „fristlose Kündigung“ ist
– Was eine Verdachtskündigung ist
– Was man gegen eine Kündigung wegen eines falschen Impfausweises tun kann
– Was man tun sollte, wenn eine Kündigung wegen falschem Impfausweis droht
Ist das Benutzen eines gefälschten Impfausweises am Arbeitsplatz strafbar?
Bis November 2021 lautete die Antwort auf diese Frage (auch wenn einzelne Juristen das ganz anders gesehen haben): Nein. Lediglich gegenüber Behörden und Versicherungen, sowie unter Umständen gegenüber medizinischem Personal wie Apothekern, war die Benutzung (also das Vorzeigen) von gefälschten Impfpässen strafbar. Das ist nun anders.
In Betrieben, wo 2G oder 3G- Regeln gelten, und das Vorzeigen des Impfausweises entweder obligat oder jedenfalls nützlich ist, begeht derjenige, der sich dort Vorteile erschleicht, indem er ein gefälschtes Gesundheitszeugnis verwendet, eine strafbare Handlung nach §279 StGB, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet wird. Und ja, dies gilt auch, wenn der erschlichene Vorteil darin besteht, seinen Job behalten zu können.
Kann man wegen eines gefälschten Impfausweises gekündigt werden?
Das Benutzen eines gefälschten Dokumentes im Betrieb und gegenüber dem Arbeitgeber kann grundsätzlich eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass die Tat des Arbeitnehmers – das heißt konkret: die Falschheit des verwendeten Impfnachweises – erwiesen ist. In diesem Falle müssen Sie mit einer fristlosen Kündigung rechnen.
Anders sieht es aus, wenn die Tat nicht erwiesen ist, wenn also der Chef nicht beurteilen kann, ob Ihr Impfausweis echt oder falsch ist, er aber meint, Grund zu der Annahme zu haben, dass er gefälscht sei. In einer solchen Situation besteht seitens des Arbeitgebers die Möglichkeit einer sogenannten Verdachtskündigung.
Was ist eine fristlose Kündigung?
Der juristische Terminus für die sogenannte „fristlose Kündigung“ lautet: Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde. Sie kann gemäß § 626 BGB als letztes Mittel ausgesprochen werden, wenn durch das Verhalten eines Arbeitnehmers eine ordentliche Kündigung nicht mehr angezeigt erscheint. Hierzu muss der Arbeitgeber triftige Gründe vorweisen können. Strafbare Handlungen des Arbeitnehmers im Betrieb (wie ein Verstoß gegen das neue Impfschutzgesetz) zählen dazu.
Eine außerordentliche Kündigung hat nicht nur zur Folge, dass man von einem Tag auf den Anderen keinen Lohn mehr erhält, sondern häufig auch, dass das Arbeitslosengeld gesperrt ist, und ein Wiedereinstieg ins Berufsleben deutlich erschwert ist.
Was ist eine Verdachtskündigung?
Die Verdachtskündigung ist dann möglich, wenn der Arbeitgeber einen „wichtigen Grund“, der durch seine Schwere das Arbeitsverhältnis derart belastet, dass er eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde, zwar annimmt, aber nicht beweisen kann.
Eine Verdachtskündigung ist allerdings nicht bei jedem kleinsten Misstrauen ohne weiteres möglich. Die Anforderungen hinsichtlich der Wirksamkeit einer Verdachtskündigung sind hoch.
Was kann man gegen eine Kündigung wegen eines falschen Impfausweises tun?
Der betroffene Arbeitnehmer ist nicht schutzlos. Er kann gegen die Kündigung eine Kündigungsschutzklage einlegen und die Wirksamkeit der Kündigung damit gerichtlich überprüfen lassen.
Jede Kündigung ist ein Einzelfall. Pauschale Antworten bezüglich der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Kündigung können daher nicht abgegeben werden. Gleiches gilt damit für die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage. Die Erfahrung zeigt aber: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt! Häufig gelingt es, eine konstruktive und einvernehmliche Regelung mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Das vorrangige Ziel muss die Beseitigung der fristlosen Kündigung sein. Dies gilt insbesondere wegen der drohenden Sperre des ALG1.
Was sollte man tun, wenn eine Kündigung wegen eines gefälschten Impfausweises droht?
Sollte der Arbeitgeber eine Anhörung bzw. ein Personalgespräch anordnen, so sollten Sie frühzeitig eine anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen. Grundsätzlich gilt, dass Sie sich nicht selbst belasten müssen. Hieraus folgt, dass Sie nicht jede Frage des Arbeitgebers sofort beantworten müssen. Weisen Sie darauf hin, dass Sie erst anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen werden und sich bis dahin nicht zu den Vorwürfen äußern möchten.
Autor Olaf Beismann LL.M. ist Fachanwalt für Arbeitsrecht.