Der Handelsvertreter hatte zahlreiche andere Urteile angeführt, nach denen im Einzelfall gerade das „Ködern“ mit Vorschüssen oder anderen Vorteilen gegen Unterzeichnung derartiger „Kündigungsausschlussvereinbarungen“ unwirksam sein kann, weil dadurch de facto die nach dem Gesetz bestehenden Kündigungsmöglichkeiten unterlaufen werden.
Der Grat ist hier in der Praxis schmal. Was aus der Sicht der Handelsvertreter manchmal nachträglich als „goldener Käfig“ erscheint, sieht das Unternehmen als legitimen Schutz dafür an, dass die von ihm gegenüber seinen Mitarbeitern gewährten Vorteile auch eine gewisse Zeit lang „Früchte tragen“.
Keine Beeinträchtigung der Kündigungsmöglichkeiten durch Vorschusszahlung
Das Oberlandesgericht Oldenburg wägte beide Aspekte sorgfältig ab und meinte, dass allein die Vorschusszahlung von 2.000 Euro, auch wenn sie an einen zeitweiligen Kündigungsverzicht gekoppelt wurde, nicht als rechtswidrige Beeinträchtigung der Kündigungsmöglichkeiten gewertet werden könne.
Solche Zahlungen seien ebenso wie die üblichen „Starthilfen“, die später durch entsprechende Provisionen „ins Verdienen zu bringen“ wären, nicht als eine unzumutbare Beschränkung der Vertragsfreiheit anzusehen. Zugleich machte es aber deutlich, dass stets der Einzelfall entscheidend sei.
So könnten zum Beispiel im Falle der Kündigung sofort rückzahlbare Vorschüsse, die einen existenzbedrohenden Umfang hätten, durchaus anders zu werten sein. Dieser Aspekt des Falles stand dann vor dem Bundesgerichtshof in III. Instanz nicht mehr im Streit.
Das Gleiche galt für das dementsprechend eigentlich noch bestehende Wettbewerbsverbot und das strafbewerte Unterlassungsgebot für die vom Vertriebsmitarbeiter tatsächlich für die neue Versicherung ausgeübte Konkurrenztätigkeit.
Insoweit blieb aber streitig, welche Auskünfte der Vertriebsmitarbeiter seinem früheren Unternehmen geben musste, damit dieses seinen Schadensersatzanspruch ihm gegenüber entsprechend berechnen konnte.
Sorgfältige Interessensabwägung
Während der Beklagte unter Hinweis auf die schutzwürdigen Interessen des neuen Unternehmens und der Kunden hierzu nur eingeschränkte Angaben machen wollte, hatte das Oberlandesgericht ihn auch zur Mitteilung von Namen und Anschrift der einzelnen Kunden verurteilt.
Dabei hatte es aber den Anspruch im Hinblick auf „seine“ Außendienstmitarbeiter bei der neuen Versicherung auf diejenigen Mitarbeiter beschränkt, die er selbst neu angeworben hatte. Der Bundesgerichtshof urteilte hier differenziert.
Da sich letztlich der Auskunftsanspruch nur aus dem – sehr dehnbaren – Paragrafen 242 BGB (Treu und Glauben) ableite, müssten die gegenseitigen Interessen sorgfältig abgewägt werden.
Deshalb könne das frühere Unternehmen zwar genaue „technische Daten“ der neuen Versicherungsverhältnisse verlangen, aber nicht Namen und Anschrift der Versicherungsnehmer, da diese Information zur Berechnung des Schadensersatzanspruches als solchem nicht nötig wären.
Seite drei: Ausweitung des Auskunftsanspruchs