Eine andere Situation, die alle Verkäufer kennen: Ihr Kunde versetzt Sie, kommt zu einem Termin eine halbe Stunde zu spät oder sagt kurzfristig ab. Während man Freunden ein solches Verhalten nicht kommentarlos durchgehen lässt, machen beim Kunden viele Kollegen gute Miene zum bösen Spiel. Warum eigentlich?
Kunden kaufen nur von Siegern
Zeigen Sie lieber Flagge, sonst wird dieser Kunde beim nächsten Mal wieder unpünktlich sein: „Herr Kunde, was halten Sie davon, wenn wir Folgendes vereinbaren: Immer, wenn ich Ihnen etwas zusage, können Sie sich auf mich verlassen. Und immer, wenn Sie mir etwas zusagen – wie diesen Termin heute – kann ich mich auf Sie verlassen!“
Das ist ein selbstbewusster Auftritt. Und Sie wissen ja, „Kunden kaufen nur von Siegern“.
„Ja, aber…“-Kunden
Ehe Sie sich den Mund „fusselig reden“, drehen Sie den Spieß um, wenn Ihr Gegenüber bei allem, was Sie vorschlagen, mit einem reflexhaften „Ja, aber“ reagiert: „Frau Kundin, wie muss das Angebot denn aussehen, damit Sie sagen, ich bin zufrieden?“
Auch einer nicht enden wollenden Fragenkette nach dem Muster „Was wäre,…?“ sollten Sie Grenzen setzen. Nehmen wir an, Ihr Kunde hat vor dem Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung bereits ein halbes Dutzend möglicher Fälle mit Ihnen durchgespielt. Sagen Sie beim nächsten „Und was wäre, wenn…“ freundlich, aber bestimmt:
„Herr Kunde, wenn wir auch diesen Punkt geklärt haben, sind wir dann im Geschäft?“
Das nenne ich die Methode der „Ausgrenzung“. Und sollten Sie den Eindruck bekommen, jemand fragt Ihnen Löcher in den Bauch, um hinterher im Internet gut informiert einzukaufen, können Sie mit der folgenden Frage kostbare Lebens- und Verkaufszeit sparen: „Woher nehme ich eigentlich die Zuversicht, Frau Kundin, dass Sie das wirklich mit mir umsetzen wollen?“
Provozieren – aber richtig
Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie ausspricht, plakatierte die Bildzeitung. Und damit hat sie Recht. Selbst eine gezielte Provokation zur rechten Zeit kann sich als clevere Verkaufsstrategie erweisen.
Mir hat in einem Karibikurlaub ein gewiefter Verkäufer mal eine so genannte „Abenteuertour“ verkauft, indem er an einem Punkt, an dem ich bereits zu drei Vierteln überzeugt war, ganz cool sagte: „Ich muss Sie aber warnen: Die Tour ist teilweise schon sehr abenteuerlich!“
Was ältere Damen möglicherweise abgeschreckt hätte, gab bei mir den Ausschlag: Jetzt wollte ich es wissen.
Der Autor Roger Rankel ist mehrfach ausgezeichneter Vertriebsexperte, der sowohl für DAX-Unternehmen als auch für Mittelständler und Kleinunternehmen die Themen Kundenakquise und nachhaltige Umsatzsteigerung coacht. Rankels neuestes Buch heißt „Etwas etwas anders machen”, Gabal Verlag.
Foto: Wolfgang List