Lastenfahrräder oder Cargoräder für den Transport von Kinder zu nutzen, ist nach Ansicht der Unfallforscher der Versicherungswirtschaft (UDV) keine gute Idee. „Eltern nutzen zur Mitnahme ihrer Kinder in Lastenfahrrädern überwiegend dreirädrige Einstiegsmodelle. Diese sind schwer zu fahren und hochgradig kippanfällig. Den Kindern bieten sie bei einem Unfall keinerlei Schutz für Kopf und Oberkörper“, warnt UDV-Leiterin Kirstin Zeidler.
So seien weder Sitzbänke noch Rückenlehnen für die sichere Beförderung von Kindern ausreichend. Dazu komme, dass jedes zweite Kind im Lastenfahrrad keinen Helm trage und ein Drittel gar nicht oder nicht korrekt angegurtet sei. „Der häufigste Unfall bei Lastenfahrrädern ist der Alleinunfall, also ohne Beteiligung Dritter. Sicherer könnten Lastenfahrräder sein, wenn sie über Neigetechnik verfügten sowie Sitze mit Kopfschutz, wirksame Gurte und eine Sicherheitszelle als Aufprallschutz hätten“, so Zeidler.
Allerdings müsste hierfür unter anderem die bestehende DIN-Norm verschärft werden. Hier sieht der UDV aber nicht nur die Hersteller in der Pflicht sondern auch den Gesetzgeber: So gibt es derzeit keine speziellen Vorschriften in der Straßenverkehrsordnung zur Kinderbeförderung mit Lastenfahrrädern. Die Unfallforscher halten hier eigene Zulassungstests von Lastenfahrrädern für den Kindertransport für sinnvoll. Wesentlich geeigneter seien daher Fahrradanhänger.
Anhänger contra Lastenrad
Vorteil ist laut UDF die Sicherheitszelle: Fest angegurtet, berührt das Kind selbst bei einem Überschlag nicht den Boden. Allerdings habe auch dies physikalische Grenzen, etwa bei Kollisionen mit schnelleren Pkw. Zudem stelle sich der Anhänger bei Gefahrenbremsung schnell quer, sei leicht zu übersehen und könne wegen seiner Breite hängenbleiben. So passieren Unfälle mit Kinderfahrradanhänger laut UDV meist beim Einbiegen in und Kreuzen einer Straße.
Optimierungsvorschläge haben die Unfallforscher auch hier: Wünschenswert wären eine fest verbaute Beleuchtung, eine teleskopierbare, feste Fahne mit Blinklicht und eine eigene Bremse, die das Querstellen des Anhängers verhindert. Zudem sieht die UDV-Studie auch hier die Eltern in der Mitverantwortung: Jedes zweite Kind trägt im Anhänger keinen Helm, fast jedes vierte ist nicht oder nicht korrekt angegurtet.
Kindersitze über Gepäckträger: Erhöhte Verletzungsgefahr
Wenig positiv fällt das Urteil der Unfallforscher auch bei den Kindersitz auf dem Gepäckträger hinten am Fahrrad aus. Problematisch sei die Fallhöhe beim Unfall. Der hohe Schwerpunkt mache das Fahrrad instabil – beim Stehen, Anfahren, Ausweichen und Bremsen, bemängelt Unfallforscherin Zeidler.
Hinzu komme das zulässige Höchstgewicht von 22 Kilogramm für Kinder im Kindersitz. Das müsse reduziert werden. Hersteller sollten zudem den Seitenschutz im Kopfbereich optimieren und Standsicherheit für das Fahrrad schaffen, etwa mit Dreibein-Ständer. Im Gegensatz zum Lastenrad sind auf den hinteren Sitz allerdings 90 Prozent der Kinder angegurtet, 80 Prozent tragen einen Helm. Laut UDV überwiegen auch hier Alleinunfälle.
Die Studie „Kindertransport auf dem Fahrrad“ der Unfallforscher der Versicherer hat verschiedene Transportmethoden für Kinder auf Fahrrädern – Lastenfahrräder, Fahrradanhänger und Kindersitze über dem Gepäckträger – untersucht. Obwohl Radunfälle mit Kindern relativ selten sind, zeigt die Studie einen Anstieg um 45 Prozent im Jahr 2022 im Vergleich zu 2019, mit insgesamt 222 Unfällen und zwölf schwer verletzten Kindern in Deutschland.
Häufigste Unfallursachen sind Kollisionen mit Pkw und Unfälle ohne Drittbeteiligung. Die Beförderung erfolgt meist in Kindersitzen (35 Prozent) und Lastenfahrrädern (31 Prozent), seltener in Anhängern (28 Prozent). Auffällig ist, dass 43 Prozent der Kinder keinen Helm tragen und 21 Prozent nicht oder nicht richtig gesichert sind. Die Studie basiert auf der Analyse von Unfalldaten, Nutzerbefragungen, Fahrdynamiktests mit Probanden und Computersimulationen sowie Crashversuchen.