„Wir werden nach der Sommerpause ein Konzept vorlegen“, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Gehen soll es dabei um ein Gesamtpaket für mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal, ein stärkeres Vermeiden von Pflegebedürftigkeit und das Schließen einer Finanzlücke. Die Pflegeversicherung erwartet für 2024 und 2025 rote Zahlen. Lauterbach sprach von einer Herausforderung, die aber lösbar sei. Es stehe „keine Kosten-Explosion“ an. Patientenschützer forderten rasche Vorschläge.
Der Minister sagte: „Die Ampel wird noch eine große Pflegereform vorlegen.“ Ohne Reformen würde die Pflegeversicherung teurer werden. „Der Beitragsatz würde steigen, weil wir auch mehr Pflegebedürftige haben. Darauf werden wir reagieren.“ Dazu gehörten Gesetzespläne für eine bessere Vorbeugung etwa von Demenz und Schlaganfällen. „Viele Pflegefälle sind vermeidbar.“ Lauterbach verwies außerdem auf geplante Neuregelungen, die mehr Kompetenzen für Pflegefachkräfte vorsehen, um den Beruf attraktiver zu machen. Gesetzlich ermöglicht werden sollen auch neue Pflegeangebote in der Lücke zwischen einer Betreuung zu Hause und im Heim.
Mit Blick auf die Finanzlage stellte Lauterbach Vorschläge in Aussicht, „wie die Pflegeversicherung solidarisch gut bezahlt werden kann“. Zu einzelnen Vorschlägen und Komponenten für eine Reform äußerte er sich nicht, betonte aber: „Die Ampel hat dafür Ideen und auch die politische Kraft.“ Das Bundeskabinett billigte einen vom Gesundheitsressort erstellten Bericht zur „zukunftssicheren Finanzierung“ der Pflegeversicherung, der „Szenarien und Stellschrauben möglicher Reformen“ zeigen soll. Eine Vorfestlegung sei damit nicht verbunden, erklärte die Bundesregierung. Es handele sich um eine datenbasierte Grundlage für weitere Beratungen.
Eine weitere Stabilisierungsaktion für die Pflege kommt nun in Sicht, nachdem sich Lauterbach angesichts von Differenzen in der Koalition zuletzt eher skeptisch zu den Erfolgschancen geäußert hatte. Eine erste Reform hatte die Ampel schon umgesetzt. Sie brachte Entlastungen für Pflegebedürftige, aber auch eine Beitragsanhebung zum 1. Juli 2023. Die höheren Einnahmen trugen dazu bei, dass die Pflegeversicherung im vergangenen Jahr 1,79 Milliarden Euro Überschuss verbuchte.
Die Reform sollte die Finanzen eigentlich vorerst bis 2025 absichern. Nach dem ersten Quartal 2024 stand nun aber bereits ein Defizit von 650 Millionen Euro, wie der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen mitteilte, der auch die Pflegekassen vertritt. Im Gesamtjahr wird mit einem Minus von 1,5 Milliarden Euro gerechnet, für 2025 dann mit einem Defizit von 3,4 Milliarden Euro. Dies entspräche rein rechnerisch einer erneuten Beitragsanhebung von 0,2 Punkten.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte, den Ankündigungen Lauterbachs müssten unverzüglich Gesetzesvorschläge folgen. So müsse ein Steuerzuschuss festgelegt werden. „Es reicht für die Zukunftsfähigkeit der Altenpflege nicht aus, nur von einem neuen Berufsbild in der Pflege zu reden und auf mögliche Synergieeffekte zu hoffen“, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Denn der allergrößte Teil der Pflegebedürftigen werde zu Hause von Angehörigen versorgt. Für sie brauche es eine Erhöhung und jährliche Dynamisierung des Pflegegelds.
Ein von der Vorgängerregierung eingeführter Bundeszuschuss von jährlich einer Milliarde Euro war im Zuge der Haushaltssanierung 2024 gestrichen worden. (dpa-AFX)