Legacy-Bestände: Versteckte Schätze heben

Das eingestellte Geschäft, für das zwar keine Prämien mehr generiert werden, für das aber noch versicherungstechnische Rückstellungen bestehen, wird als Run-off – oder Legacy-Geschäft bezeichnet. Der Wert solcher Legacy-Bestände ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen.

Eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC vom September 2013 beziff ert das Gesamtvolumen des europäischen Legacy-Geschäfts auf mittlerweile 235 Milliarden Euro, das entspricht einem Wachstum um über 15 Prozent im Vergleich zu 2008.

Allein im deutschsprachigen Raum stehen mittlerweile Legacy-Portfolios im Wert von rund 103,5 Milliarden Euro in den Büchern, wie eine aktuelle Befragung des Instituts für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen zeigt.

Insgesamt rund 42 Prozent aller befragten Versicherungen gaben gegenüber den Schweizer Forschern an, über Legacy-Geschäft zu verfügen. Der überwiegende Teil dieser Run-off -Bestände wurde zwischen 1993 und 2008 gezeichnet und betrifft die Sparten Allgemeine Haftpflicht und Kreditversicherung.

Legacy-Geschäft belastet Bilanz

Traditionell wird Legacy-Geschäft in Deutschland und Kontinentaleuropa von den Versicherern selbst abgewickelt. Diese Praxis wird jedoch zunehmend hinterfragt. Denn die operative Betreuung von inaktiven Geschäftsfeldern bindet Ressourcen, die für die neue Ausrichtung einer Versicherung unter Umständen nicht mehr erforderlich sind.

Zusätzlich hat die Vorbereitung auf Solvency II den Blick der Versicherungsbranche für die Passivseite der Bilanzen geschärft. Denn hier lassen sich noch Potenziale heben, die durch Rückstellungen für Altgeschäft gebunden sind. Statt Prämien- und Schadenindex sind unter dem neuen Aufsichtsregime sämtliche versicherungstechnischen Rückstellungen dezidiert mit Eigenkapital zu unterlegen. Pro Euro Schadenreserven sind bis zu 65 Cent Eigenkapital vorzuhalten.

Dieser Effekt wird durch Diversifikation gedämpft. Er führt jedoch insgesamt zu einer deutlichen Erhöhung der Eigenkapitalanforderung. Solvency II unterscheidet nicht zwischen eingestelltem Altgeschäft und aktivem Geschäft.

Versicherer wollen ihre Legacy-Bestände aktiv verringern

Die Schadenreserven aus Geschäftsfeldern, welche mit gutem Grund nicht mehr betrieben werden, binden künftig Eigenkapital, das für strategische Geschäftsfelder genutzt werden könnte. Sowohl in England als auch in der Schweiz hat sich der aktive Abbau von Legacy-Geschäft bereits als wertvolles Management-Tool etabliert. Aber auch im übrigen Europa setzt sich die Erkenntnis durch, dass durch den Abbau der Legacy- Portfolios Ressourcen besser genutzt werden können.

Seite drei: Eigenkapital freisetzen, Freiräume schaffen

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