Louvet, Ofi Invest: „Es gibt viele Gründe, warum Gold weiterhin glänzen wird“

Benjamin Louvet, Ofi AM
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Benjamin Louvet, Ofi AM: Auch Silber hat gute Aussichten auf eine positive Wertentwicklung. Abgesehen von seinem Edelmetallstatus ist Silber das beste leitfähige Metall. Aus diesem Grund wird es in großem Umfang in sauberen Technologien eingesetzt, insbesondere in Solarmodulen und Elektrofahrzeugen."va

EXKLUSIV Auch wenn Gold aktuell etwas schwächelt, die Preis-Rallye scheint weiterhin intakt. Wir sprachen mit Benjamin Louvet, Head of Commodities bei Ofi Invest Asset Management, über die weiteren Perspektiven von Gold und des kleineren "Bruders" Silber.

Ist es für Anleger zu spät, in Gold oder Silber zu investieren, oder lohnt sich eine Investition noch?

Louvet: Es ist nie zu spät, in Gold zu investieren. Gold korreliert wenig mit anderen Anlageklassen und gilt als sicherer Hafen. Darüber hinaus gibt es viele Gründe, warum Gold weiterhin glänzen wird. Erstens sind geopolitische Spannungen seit Beginn dieses Jahrhunderts so bestimmend wie noch nie. Außerdem scheinen mehrere Länder gewillt zu sein, ihre Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern. Und schließlich wird Gold als Vermögenswert, der keine Zinsen bietet, dann attraktiver, wenn die Renditen anderer Vermögenswerte sinken. In dem Maß, in dem die Zentralbanken ihre Zinsen senken, wird Gold attraktiver. Historisch gesehen hat ein Rückgang der Zinssätze um ein Prozent den Goldpreis um durchschnittlich 22 Prozent steigen lassen.

Auch Silber hat gute Aussichten auf eine positive Wertentwicklung. Abgesehen von seinem Edelmetallstatus ist Silber das beste leitfähige Metall. Aus diesem Grund wird es in großem Umfang in sauberen Technologien eingesetzt, insbesondere in Solarmodulen und Elektrofahrzeugen. Diese beiden Sektoren machen zusammen inzwischen mehr als 35 Prozent der Silbernachfrage aus und werden ihre Marktanteile in den kommenden Jahren noch steigern.

Wie stark korrelieren Gold und Silber mit den Aktien- und Anleihemärkten?

Louvet: Die Korrelation zwischen Gold und anderen Anlageklassen ist traditionell gering, da sich das Edelmetall gut entwickelt, wenn die Zinsen sinken – und das ist oft gerade dann der Fall, wenn die Wirtschaft schlecht läuft und die Zentralbanken sie zu stützen versuchen.

Silber verhält sich mehr oder weniger ähnlich Gold. Aber die Dynamik von Silber ändert sich, da Silber immer häufiger für saubere Technologien verwendet wird. Da diese Branchen in den kommenden Jahren wachsen dürften, könnte Silber unelastisch gegenüber den Konjunkturzyklen werden. Daher könnte die Korrelation unter normalen Umständen reduziert werden und in schwierigen Zeiten sogar noch geringer ausfallen.

Was sind die Gründe für eine Preiserholung bei Gold und Silber bis zum Jahresende?

Louvet: Der Hauptgrund, warum der Goldpreis steigt, ist die Zinswende in den USA im September dieses Jahres. Dasselbe gilt für Silber. Hinzu kommt die Tatsache, dass China einen massiven Konjunkturplan angekündigt hat, der die Dekarbonisierung beschleunigen und damit die Nachfrage nach Silber erhöhen dürfte.

Welche Wachstumschancen hat Silber, was sind die Treiber der Nachfrage?

Louvet: Aufgrund seiner hohen elektrischen Leitfähigkeit und Haltbarkeit wird Silber in der Industrie und vor allem in Solarpaneelen und Batteriepacks für Elektrofahrzeuge verwendet. Da diese beiden Sektoren schnell wachsen, stieg die Nachfrage von einem Niveau von Null vor 15 Jahren auf mehr als 35 Prozent des weltweiten Silberangebots im Jahr 2024. Da die Energiewende noch beschleunigt werden sollte, um das Pariser Abkommen zu erfüllen, bleiben die Wachstumschancen groß. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur dürfte sich die jährlich installierte Solarkapazität bis 2030 um das Zwei- bis Dreifache erhöhen. Der Marktanteil von Elektrofahrzeugen dürfte sich im gleichen Zeitraum mindestens vervierfachen. Das Angebot an Silber ist stark eingeschränkt, da in den letzten zehn Jahren keine größeren Funde gemacht wurden, und die Produktion in den beiden wichtigsten Förderländern Mexiko und Peru schwierig ist. Deshalb bin ich überzeugt, dass Silber ein großes Aufwärtspotenzial hat.

In welcher Form sollten Anleger ein Investment in Silber ins Auge fassen und in welchem Umfang?

Louvet: Die erste Möglichkeit wäre, physisches Silber zu kaufen. Aber dann muss man es lagern und Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, um es vor Diebstahl zu schützen. Auch die Steuerpolitik könnte von Land zu Land unterschiedlich sein. Die zweite Möglichkeit ist der Kauf eines Silber-ETC, der die Wertentwicklung von Silber nachbildet. Das Problem dabei: ein hundertprozentiger Silber ETC gilt nicht als OGAW-konform, was häufig die Investitionsmöglichkeiten einschränkt, insbesondere bei fondsgebundenen Versicherungen. Drittens gibt es OGAW-Fonds, die in Silber investieren. Diese streuen das Kapital aber auf mehrere Metalle oder Rohstoffe – sind also nicht allein in Silber investiert. Last but least: Anleger können einen Silberminenaktienfonds kaufen. Es ist jedoch schwierig, reine Silberminen-Unternehmen zu finden, und der Anleger geht dabei das Risiko ein, das generell mit einem Investment in Aktien verbunden ist.

Zurück zu Gold. Inwiefern haben Zinserwartungen und die aktuelle geopolitische Lage die Attraktivität von Goldinvestitionen verändert?

Louvet: Gold ist in der Regel weniger attraktiv, wenn die Zinsen hoch sind, weil es keine Erträge abwirft, also etwa Dividenden. Deshalb stützt es den Goldpreis, wenn allgemein Zinssenkungen erwartet werden. Der Anstieg der westlichen Gold-ETF-Bestände bestätigt dies. Auch die geopolitische Lage hat die Preisentwicklung von Gold begünstigt. Hinzu kam, dass die Entscheidung der amerikanischen Regierung, russische Vermögenswerte wegen der Invasion in der Ukraine einzufrieren, sich positiv auf den Goldpreis ausgewirkt hat. Denn einige Länder, die in der Vergangenheit Gold und Dollar als sicheren Hafen verstanden haben, stocken ihre Goldbestände auf, weil sie im Falle von Spannungen oder Konflikten mit den USA ihre Dollarbestände in Gefahr sehen. Dies ist vor allem in China der Fall, wo die Anleger massiv in Gold investierten und den Dollar meiden.

Mittlerweile sprechen einige Teilnehmer bereits vom dritten großen Gold-Bullenmarkt, der, nach den Zyklen 1969 bis 1980 und 2001 bis 2011, von 2015 bis 2026 laufen könnte. Teilen Sie diese Auffassung?

Louvet: Wir befinden uns eindeutig in einem Bullenmarkt für Gold, wegen der geopolitischen Spannungen, aber vor allem wegen der Verschuldung der großen Volkswirtschaften. Da die Schulden in den USA, in China und in Europa immer größer werden, würde die Schuldenlast untragbar, wenn die Zinssätze steigen. Daher sollten die Realzinsen noch lange Zeit niedrig bleiben. Hinzu kommt, dass die Energiewende massive Investitionen erfordert, sodass niedrige Zinssätze wahrscheinlich die einzige Option sind. Vor diesem Hintergrund ist es schwer zu sagen, wann die Gold-Rallye enden wird.

Zur Person

Benjamin Louvet ist seit Oktober 2015 bei Ofi Invest Asset Management als Head of Commodities tätig. Zuvor war er stellvertretender Geschäftsführer des Vermögensverwalters Prim Finance, den er 2002 gründete und bei dem er Leiter des Front Office und des Researchs war.

Benjamin Louvet begann seine berufliche Laufbahn 1995 mit dem Verkauf von Derivaten, bevor er zu den Teams für quantitative Managementstrategien der BNP Paribas-Gruppe stieß. Er hat einen Master-Abschluss in Finanzmanagement von Paris I – Panthéon Sorbonne.

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