Die Pandemie hatte erhebliche Auswirkungen auf die Volkwirtschaften rundum den Globus. In welchem Ausmaß trifft dies auf die Schwellenländer im Allgemeinen und auf den dortigen Anleihebereich im Besonderen zu?
Bordenave: Die Emerging Markets wurden durch die Pandemie in der Tat schwer getroffen und der Weg zurück war deutlich komplizierter, besonders für die ärmeren Staaten, die nicht in der Lage waren, ihre Bevölkerungen ausreichend durch den Kauf von Impfstoff und Masken zu schützen.
Vor diesem Hintergrund war die Erholung der Einkaufsmanagerindizes für die Industriestaaten deutlich wichtiger als für die Schwellenländer mit Ausnahme von China. Besonders interessant ist die Tatsache, dass die 2021-Prognosen für das Wirtschaftswachstum von Schwellenländern (plus 6 Prozent) und Industriestaaten (plus 5,9 Prozent) lediglich eine Differenz von 0,1 Prozentpunkten aufweist, die auch 2022 Bestand haben sollte.
China hat sich krisenfest gezeigt und sollte mit neun Prozent wachsen. Hochzinsanleihen aus dem Schwellenländersektor werden nach wie vor mit großen Spreads von 90 Basispunkten verglichen mit den Zahlen vor Beginn der Pandemie gehandelt. Das trifft auf Investment-Grade-Anleihen nicht in gleichem Maße zu. Dort befinden sich die Spreads auf dem gleichen Niveau wie im Januar 2020.
Bevor der Fonds Ende April dieses Jahres neue Performancehöhen erreicht hat, mussten Sie zu Pandemiebeginn – wie viele andere Fondsmanager – mit einem Absturz zurechtkommen. Wie haben Sie auf dieses Szenario reagiert?
Bordenave: Der Absturz war sehr schnell und dramatisch. Aufgrund der schlechten Bewertungen des Marktes haben wir bereits vor der Pandemie ca. 15 Prozent in Cash sowie 15 Prozent in CDS Absicherungen gehalten. Vor diesem Hintergrund haben wir im März entschieden, lediglich unserer obersten Überzeugung folgend, unsere Position in der Ukraine zu verstärken.
Erst Ende März, als klar wurde, dass die Korrektur bereits zu weit gelaufen war, um noch weiter zu gehen und die Zentralbanken mittlerweile massiv interveniert haben, begannen wir, verstärkt im Invest- ment-Grade-Sektor zu investieren, d.h. in Abu Dhabi, Katar und Saudiarabien. Darüber hinaus nutzten wir den kollabierten Ölmarkt mit einem Preis nahe 50 US-Dollar je Barrel, um Positionen in Ländern wie Angola oder Nigeria nachzukaufen.
Wie ist der Investment Case für Schwellenländeranleihen und warum sollten Anleger dort investiert sein?
Bordenave: Wir befinden uns in einem komplexen Umfeld, das in hohem Maße vom Verhalten der Notenbanken bestimmt wird. Es ist soviel Geld im System, dass es nahezu unmöglich ist, den nächsten „Schwarzen Schwan“ zu erkennen. Durch die weltweiten Impfstoff kampagnen erwarten wir, dass sich das Wirtschafts- wachstum stetig verbessert. Gleichzeitig gibt die amerikanische Notenbank dem Markt Raum zu agieren, während sie es vorzieht, auf eine höhere Inflation und starke Arbeitsmarktzahlen zu warten, bevor sie in einen neuen Zinserhöhungszyklus einsteigt.
Vor diesem Hintergrund bleiben wir gerade mit Fokus auf Investment- Grade-Bonds und langlaufende Anleihen vorsichtig, da wir zum Ende dieses Jahres höhere Renditen bei US-Staatsanleihen erwarten. Dennoch gibt es reichlich Möglichkeiten im Hochzins-Segment, die sehr selektiv wahrgenommen werden sollten. Wenn man in der Lage ist, das Laufzeitenrisiko zu hedgen, bieten Schwellenländeranleihen, verglichen mit dem Rest des Fixed-Income-Segments, lukrative Anlagemöglichkeiten durch viele Performancequellen.
Wie entscheiden Sie darüber, ob Sie eine Staatsanleihe kaufen oder verkaufen?
Bordenave: Für den EdR Fund Emerging Sovereign (LU1897614902) wählen wir aus unserem Anlageuniversum ausschließlich Papiere, die uns das eingegangene Risiko ausreichend vergüten. Darüber hinaus ist es für uns sehr wichtig, wie der Markt positioniert ist, um nicht als quasi als alleiniger Käufer aufzutreten. Anschließend erfolgt die klassische Fundamentalanalyse.
Staatsanleihen in Hartwährungen scheinen das Portfolio zu dominieren. Warum präferieren Sie dieses Segment gegenüber Lokalwährungs-Anleihen?
Bordenave: Es sind in der Tat zwei verschiedene Welten. Bei den Hartwährungen schenkt man der Credit Story mehr Aufmerksamkeit, während die Lokalwährungsseite eher auf die Zentralbanken und die Dynamik bei Fixed Income fokussiert. Zusätzlich bietet das Hartwährungssegment mehr Möglichkeiten. Beispielsweise repräsentiert der Hartwährungsindex EMBI von JP Morgan 74 Länder und 168 Emittenten, der Lokalwährungs- index GBIEM, ebenfalls von JP Morgan dagegen nur 19 Länder und 19 Emittenten. Natürlich erweitert sich dieser Kreis, wenn man auch die Frontier Markets mit einbezieht, die Differenz bleibt jedoch, relativ betrachtet, dieselbe.
Anleihen aus Afrika und Lateinamerika bilden einen Schwerpunkt im Fonds. Was macht Papiere aus diesen Regionen attraktiver als etwa aus Asien oder Europa?
Bordenave: Hier sind vor allem zwei Faktoren von Bedeutung: die Bewertungen und die Unterstützung durch den Internationalen Währungsfonds IMF. Beide Regionen bieten derzeit die attraktivsten Zahlen in unserem Anlageuniversum und die Papiere handeln ähnlich stark wie vor der Pandemie. Darüber hinaus sind wir überzeugt, dass der Hochzinsbereich in dem derzeitigen unsicheren Zinsumfeld nachhaltiger sein sollte, nicht zuletzt dank kurzlaufender Bonds.
Darüber hinaus dürfte die internationale Währungsreserve SDR des IMF bis Ende August eine Höhe von 650 Milliarden US-Dollar erreichen und gerade Ländern mit niedriger Bonität einen Schub verleihen. Im Gegensatz dazu handeln viele Schwellenländer in Asien und Europa gegenwärtig wie entwickelte Staaten und sie unmittelbar an die Entwicklung der US-Zinsen gekoppelt.
Nicht wenige Experten befürchten in den kommenden Monaten einen Anstieg der Inflation. Wie ist Ihre Meinung dazu und wie beeinflusst ein solches Szenario die Entwicklung des EdR Fund Emerging Sovereign?
Bordenave: Wir glauben, dass der Markt das Risiko höherer Zinsen missinterpretiert. Die Zentralbanken versuchen eine Entwicklung wie 2013 zu vermeiden, als Fed-Chef Ben Bernanke ankündigte, den Geldhahn allmählich zuzudrehen. Gegenwärtig besteht das Risiko darin, dass die Fed aufgrund einer Überhitzung der Wirtschaft gezwungen sein könnte, schneller zu handeln als erwartet.
Um ein solches Risiko zu umgehen, haben wir uns dazu entschlossen, innerhalb des Fonds ein niedriges Laufzeitenrisiko zu fahren und darüber hinaus Papiere zu meiden, die mit US- Staatsanleihen korrelieren. Im Gegensatz dazu werden aber auch Papiere, die mit dem Ölmarkt in Verbindung stehen beziehungsweise Länder wie das westafrikanische Benin abseits von Benchmarks wichtig. Dort sind wir seit Jahresbeginn aktiv und erfolgreich, während der Rest der Schwellenländer seitdem oft noch im negativen Bereich verharrt.
Werfen wir einen Blick voraus. Was sind in Ihren Augen die größten Herausforderungen in den kommenden Monaten?
Bordenave: Neben dem Risiko, das vom Verhalten der Notenbanken ausgeht, wird es auch sehr auf die Positionierung des Marktes ankommen. Auf der Suche nach Zinserträgen dürften Investoren verstärkt im Segment der Schwellenländeranleihen zugreifen. Wenn die Story allerdings nicht mehr verfängt, starten die Abverkäufe und es ist Zeit, sich aus dem Markt zu verabschieden.
Dann wird es vorteilhaft und zunehmend wichtig, seine Positionen abgesichert und ausreichend Cash zu haben, um einerseits sich ergebende Chance für ein Engagement nutzen zu können, sich aber andererseits auch aus überkauften Märkten herauszuhalten.
Die Fragen stellte Frank O. Milewski, Cash.