Unterschiedliche Meldungen zum Zustand der Lebensversicherung erscheinen in den vergangenen Tagen. Doch wie ist es wirklich um die Lebensversicherung bestellt? Ein Kommentar von Dean Goff, Vorstand Partner in Life S.A..
Dass ein Jahrzehnt im Niedrigzins nicht spurlos an der Lebensversicherung und den Verbrauchern vorbei gegangen ist, ist unstrittig. Das, was jeder Sparer in den letzten Jahren gefühlt hinnehmen musste, haben wir für die Lebensversicherung jetzt in Zahlen nachgewiesen.
Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht
Insgesamt haben wir Reduktionen bei 90 Prozent der mehr als 3.000 untersuchten Verträge gesehen. Gelitten haben also fast alle, manche mehr als andere. Im Durchschnitt beläuft sich der Wertverlust auf 5,5 Prozent. Und das Ende der Fahnenstange ist im anhaltenden Zinstief noch nicht erreicht.
Viele Versicherungsgesellschaften haben noch genügend Schlussüberschussanteile und Bewertungsreserven auf den Büchern, die im Bedarfsfall dem Rotstift zum Opfer fallen können.
Daher ist es aus unserer Sicht immens wichtig, dass Verbraucher ihre Policen im letzten Drittel der Laufzeit von einem Fachmann analysieren lassen.
Nur so kann Optimierungspotenzial aufgedeckt werden. So halten wir es auch mit unseren eigenen Verträge und denen, die wir für institutionelle Investoren verwalten. Sie durchlaufen engmaschige Kontrollen.
Berechtigte Kritik kommt nicht an den Fakten vorbei
Insgesamt hat unsere Untersuchung bei aller berechtigten Kritik an dem nicht immer transparenten und komplexen Produkt Lebensversicherung und den Wertmitteilungen der Versicherer aber auch gezeigt, dass die Versichere gute Beitragsrenditen von durchschnittlich fast vier Prozent pro Jahr erwirtschaftet haben.
Natürlich bleiben bei unserer Betrachtung der Fortführungsrenditen zu Gebrauchtpolicen die zum Teil hohen Kosten zu Beginn der jeweiligen Verträge außen vor. Dennoch bleibt unser Fazit:
Im Anbetracht aller Krisen und Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen ist dies ein äußerst solides Ergebnis.
Auch wenn unser eigenes Portfolio an dieser Stelle aufgrund der oben angesprochenen Auswahlverfahren und des Monitorings nicht repräsentativ ist, gehen wir davon aus, dass auch die Marktergebnisse der Bestandspolicen, die vor dem Jahr 2005 abgeschlossen wurden, in dieser Zeit Fortführungsrenditen zwischen 2,8 und 3,2 Prozent pro Jahr erreichten.
Es gibt keine grundsätzliche Sicherheit für Verträge
Darüber hinaus enthalten die Lebensversicherungsverträge der Verbraucher in der Regel wertvollen zusätzlichen Risikoschutz z. B. gegen Berufsunfähigkeit oder für die Hinterbliebenen. Dieser meist snnvolle Zusatzschutz muss bei der Wertentwicklung berücksichtigt werden.
Grundsätzlich gilt bei der Lebensversicherung: die Vielzahl an Versicherungsgesellschaften, Tarifen, Kostenstrukturen und Sicherungsmechanismen machen pauschale Aussagen unmöglich.
Es handelt sich bei jedem Vertrag um eine Einzelfallbetrachtung und Abwägung des Leistungspotenzials. Eine voreilige Kündigung ist im Umgang mit der Lebensversicherung selten das Mittel der Wahl.
Der Raum für Überraschungen wird geringer
Finanzberater, Versicherungsberater und Makler haben ihren Kunden in den vergangenen Jahren in aller Regel einen guten Dienst erwiesen, diese wertvollen Verträge für Kunden zu erhalten und fortzuführen zu lassen.
Umgekehrt ist es mit den heute zur Verfügung stehenden Daten und Informationen aus den transparenteren Wertmitteilungen besser als jemals zuvor möglich, konkret und belastbar beraten zu können ob und inwieweit ein Vertrag noch (weiterhin) zu den Vorstellungen des Kunden passt.
Nach einer fachkundigen Untersuchung des Vertrages wird es deutlich weniger Raum für negative Überraschungen geben, der Kunde wird sehr viel genauer einschätzen können, womit er bei Ablauf und ggf. schon vorher rechnen kann.
Ohne Protokoll geht’s nicht
Sofern der Vertrag angepasst werden muß oder es gar starke Gründe gibt, den Vertrag zu kündigen, lassen sich diese objektiven Gegebenheiten heute sehr klar protokollieren.
Die Haftungssituation zu bestehenden Altpolicen ist damit für Beratende und Kunden sehr gut wie wir finden. Etwas anders sieht es natürlich aus, wenn sich die Beratung dann darauf ausweitet, was mit dem Geld aus der gekündigten Police zu geschehen hat.
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