Konsolidierung im Maklermarkt: „Die Hitze nimmt weiter zu“

Mergers and acquisitions concept. Two paper fish lie on
Bildagentur PantherMedia
Großer Appetit: Die Marktkonsolidierung ist in vollem Gange.

Der Makler- und Versicherungsbranche dürfte sich massiv verändern. Insbesondere die Themen demografische Entwicklung und Recruiting, Marktkonsolidierung sowie digitale Infrastruktur bereiten den Beteiligten Kopfzerbrechen. Was der Branche bevorsteht, womit zu rechnen ist und wie darauf reagiert werden könnte, zeigt die neue BearingPoint-Studie "Maklermarkt 2030".

Fast drei Viertel der Versicherungsmakler sind aktuell zwischen 55 und 70 Jahre alt. Bis 2030 wird es daher einen starken Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge in das Rentenalter geben. Dazu kommt das große Recruiting- und Imageproblem der gesamten Branche, junge Menschen für diesen Beruf zu gewinnen. „Die Zeitenwende im Maklermarkt ist bereits in vollem Gange“, sagt Sven Gerhardus Partner, Vertrieb und Marketing im Versicherungsbereich bei Bearingpoint.

Hat der „Wald- und Wiesen-Makler“ noch eine Zukunft?

Das Verhältnis in der Anzahl der Vermittlerinnen und Vermittler von Einfirmenvertretern zu Maklerinnen und Maklern lag 2013 noch bei knapp 4:1. Im Jahr 2023 ist es nur noch etwas mehr als 2:1. Diese Entwicklung zeigt eine deutliche Konzentration auf den Vertriebsweg Makler. Darüber hinaus erweitern viele Makler:innen ihre eigene Wertschöpfungskette in Richtung der Versicherer, so die Studie.

„Die Zeitenwende im Maklermarkt ist bereits in vollem Gange. Themen wie Internationalisierung, demografischer Wandel, Klimawandel, Regulatorik, technischer Fortschritt (KI) und vor allem der Einstieg ausländischer Private Equity-Investoren verändern nachhaltig den Markt. Viele Maklerinnen und Makler stehen vor einschneidenden Entscheidungen und wir rechnen mit einer Zahl an Übernahmen, wie es sie bisher nicht gegeben hat. Die Konsolidierung im Maklermarkt kochte schon lange auf kleiner Flamme, doch seit 2021 wurde der Herd aufgedreht und die Hitze nimmt weiter zu“, sagt Sven Gerhardus, Partner Vertrieb und Marketing im Versicherungsbereich bei Bearingpoint.

Prognostizierten Entwicklungen im deutschen Maklermarkt bis 2030/ Quelle: Bearingpoint.

Aktuell beschäftigten sich 75 Prozent der Maklerinnen und Makler mit ihrer Nachfolge und viele fragen sich, wie sie das eigene Geschäft im hart umkämpften Markt so umstellen können, dass sie auch 2030 noch wettbewerbsfähig sind – nicht zuletzt die kleinen Makler, so Gerhardus.

„Denn was im Lebensmittelhandel damals das Aus der Tante-Emma-Läden besiegelte, kann in der Maklerbranche auch das Aus der liebevoll genannten Einhandsegler sein. Entscheidend sind der Veränderungswille und die richtige Weichenstellung. Und man muss natürlich wissen, wohin die Reise 2030 geht“, sagt Gerhardus.

Kundenzahl pro Makler wird stark zunehmen

Insgesamt ist laut der Studie ein Trend zur Erhöhung des Betreuungsschlüssels in der Versicherungswirtschaft bereits heute zu beobachten. Dass im Jahr 2030 Makler pro Kopf deutlich mehr Kunden bedienen werden als heute, ist keine wirkliche Frage mehr, so die Studie.

Gründe hierfür werden vor allem in der Demografie, aber auch in der fortschreitenden Digitalisierung gesehen. Doch auch Branchenkonsolidierungen und Fusionen von Versicherungsunternehmen dürften laut Bearingpoint hier eine Rolle spielen. Beispielsweise könnten größere, integrierte Unternehmen effizientere Betreuungsmodelle einführen, die auf eine größere Anzahl von Kunden abzielen. Aber: Makler:innen müssen Lösungen finden, wie sie trotz erhöhtem Betreuungsschlüssel ihre Servicequalität aufrecht erhalten können.

Digitale Makler weiter auf dem Vormarsch

Aufgrund des sich verändernden Kundenverhaltens, des Eintretens jüngerer Generationen in den Markt und der neuen Technologien wird die Branche immer digitaler und das ist seit vielen Jahren ein stetiger Treiber für Veränderung. Immer mehr rein digitale Makler strömen auf den Markt. Bis 2030 rechnen fast 80 Prozent der Befragten damit, dass sich die Zahl rein digitaler Makler – die gänzlich ohne stationären Vertrieb auskommen – zu heute noch einmal verdoppeln wird. Ein Grund: Kundinnen schätzen die Bequemlichkeit und den einfachen Zugang zu Versicherungsprodukten, heißt es in der Studie.

„Künstliche Intelligenz, Chatbots und der Einsatz von Avataren wird weltweit die Maklerbranche aufmischen. Auch wenn natürlich der direkte, persönliche Kundenkontakt weiterhin wichtig bleiben wird, eröffnen sich mit KI-Anwendungen wie ChatGPT ganz neue Möglichkeiten, vor allem beim Vertrieb“, sagt Gerhardus.

Doch noch scheint diese Entwicklung bei vielen Marktteilnehmern so noch nicht angekommen zu sein, so Gerhardus. „Die Branche unterliegt hier vielleicht einer Komplexitätsillusion. Wie heißt es doch so schön? Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat’s gemacht.“

Massiver Anstieg an Private-Equity-Investoren bis 2030

Wie stark internationale Private-Equity-Investoren in den deutschen Maklermarkt drängen, ist unter den befragten Branchen-Expert:innen noch umstritten. Viele erkennen die Legitimität und Notwendigkeit dieser Investoren, um Wachstum und Innovation voranzutreiben, glauben jedoch nicht zwangsläufig daran, dass diese Investoren automatisch Kulturgräben in den Unternehmen schaffen.

„Der Markt ist aktuell immer noch stark fragmentiert. Bei rund 46.000 registrierten Versicherungsmaklern gibt es rund 500 mittlere und große Maklerunternehmen mit mehr als fünf Mitarbeitern. Die Anzahl der Transaktionen auf dem Maklermarkt hat in den vergangenen Jahren immer weiter zugenommen. Hatten wir 2018 noch weniger als 10 Transaktionen im Jahr und 2020 immerhin noch weniger als 20 Transaktionen, so waren es im Jahr 2021 rund 40 und 2022 schon mehr als 50 Transaktionen im Markt pro Jahr. Die Marktmacht der Konsolidierer nimmt immer schneller und immer stärker zu und damit auch der Druck auf die Versicherer, die jetzt schon unter höheren Schadenquoten aufgrund von Inflation (Krieg in der Ukraine) und Großschadenereignissen (Klimawandel) leiden. Doch wer zahlt am Ende die Zeche? Viele Expertinnen und Experten schauen hier in Richtung der Versicherer statt der Kunden“, sagt Gerhardus.

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