Marktreport: Die neue ELTIF Generation 2.0

Stattdessen preschte zunächst die deutsche BaFin vor und veröffentlichte am Anfang Februar einen Katalog mit häufig gestellten Fragen (FAQ) zur ELTIF-Verordnung (und Antworten darauf), der es aus Sicht der deutschen Anbieter im positiven Sinne in sich hatte. „Die BaFin scheint dem ELTIF gegenüber sehr positiv eingestellt zu sein“, sagt etwa Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Gunter Reiff, Geschäftsführer der WRG Finvesta Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

„Die Antworten sind teilweise überraschend liberal und ermöglichen interessante Strukturen, die man vor der Veröffentlichung der FAQs vielleicht nicht für zulässig gehalten hätte“, so Reiff. Da die ELTIF-Verordnung keine Vorgaben für die rechtliche Struktur eines Fonds mache, müssen die Rechtsformen dem nationalen Recht entnommen werden, wozu es im deutschen KAGB zahlreiche Einschränkungen gebe, erklärt Reiff.

„So darf ein geschlossenes Sondervermögen beispielsweise nur als Spezial-AIF gestaltet werden und an einer offenen Investment-KG dürfen sich nur professionelle und semiprofessionelle Anleger beteiligen. Diese Einschränkungen sollen überraschenderweise nicht für ELTIFs gelten“, betont er. Dies bedeute insbesondere, dass ein Publikums-ELTIF auch als geschlossenes Sondervermögen gestaltet werden kann. „Damit wird ein lang gehegter Wunsch der Branche Wirklichkeit“, so Reiff.

ELTIF-Prospekte ohne BaFin-Zulassungsverfahren?

„Überraschend sind auch die Ausführungen zum Zulassungsverfahren“, konstatiert er. Sie könnten dahingehend interpretiert werden, dass es nicht notwendig ist, den Verkaufsprospekt im Rahmen des Zulassungsverfahrens einzureichen. „Eine umfassende Prüfung des Verkaufsprospektes mit Rückfragen und Anmerkungen der BaFin würde dann entfallen“, sagt Reiff.

Die Emission eines Fonds ohne das nervige und langwierige Prospektzulassungs-Verfahren bei der BaFin? Für nicht wenige Anbieter wäre das wohl ein Traum. Ob es wirklich so kommt, wird sich herausstellen, aber offenbar tut die BaFin einiges dafür, dass nicht – wie bisher – fast alle ELTIFs über Luxemburg laufen.

Ludger Wibbecke, Hansainvest

In die gleiche Kerbe schlägt Ludger Wibbeke, Geschäftsführer Real Assets bei der Service-KVG Hansainvest. „Wir gehen davon aus, dass mit den veröffentlichten FAQ der BaFin auch hierzulande verstärkt ELTIFs aufgelegt werden. Wir erwarten eine Zunahme von Publikumsfonds am Markt, aber auch die Chancen für Spezial-Fonds-Lösungen haben sich durch die BaFin-Veröffentlichung deutlich erhöht“, so der Hansainvest-Chef.

„Die Haupttreiber dürften weiterhin Private Debt, Private Equity und Infrastruktur wie Erneuerbare Energie bleiben. Wir beobachten aber auch mit Spannung, wie sich der ELTIF 2.0 auf den Immobilienbereich auswirken wird und führen hierzu bereits die ersten Gespräche“, betont Wibbecke.

Auch andere Akteure prognostizieren trotz des zähen Starts der 2.0-Generation eine große Zukunft. „Für europäische Privatanleger wird der ELTIF zunehmend zum Standardvehikel für Private-Equity-Investitionen“, betont etwa Stefan Becker, Senior Vice President bei Neuberger Berman. Das Unternehmen hat 2023 (nach altem Recht) bereits seinen dritten Private-Equity-ELTIF aufgelegt.

„Allein für 2024 über 40 neue ELTIF geplant“

Optimistisch ist auch Jamal El Mallouki, Co-Founder und Chief Growth Officer der Distributionsplattform Portagon. Das Unternehmen hat sich zuletzt von Crowdinvestments verstärkt auf digitale Lösungen für den Vertrieb von Publikums-AIFs verlegt und will auch bei ELTIFs angreifen. „Wir sehen ein enormes Potenzial. Wir gehen davon aus, dass sich die Absatzvolumina mit dem ELTIF 2.0 auf über zehn Milliarden Euro pro Jahr steigern und somit europaweit in den nächsten Jahren ein dreistelliger Milliardenbetrag investiert wird“, sagt er.

„Allein für 2024 sehen wir die geplante Auflegung von über 40 neuen ELTIF. Diese ELTIF 2.0 kommen sowohl von internationalen Asset Managern als auch solchen nationalen Anbietern, die bislang noch keine Publikums-AIF im Programm haben. Bei nationalen AIF-Anbietern erwarten wir wie bisher einen starken Fokus auf Real Estate mit neuen Chancen durch den ELTIF“, prognostiziert El Mallouki.

Wermutstropfen für AIF-Anbieter

Einen Wermutstropfen für die bisherigen AIF-Anbieter allerdings gibt es. Die BaFin bestätigt in ihren FAQ zwar, dass ELTIFs auch mit 34f-Nummer-1-Zulassung vermittelt werden dürfen – sofern es sich um einen offenen ELTIF handelt, also mit Rückgabemöglichkeit. Sie stellt aber auch klar, dass die KVG dafür eine Zulassung für offene Investmentvermögen benötigt.

Darüber verfügen viele der KVGen nicht, die bislang nur geschlossene AIFs aufgelegt haben. „Wer also einen offenen ELTIF anbieten will, muss unter Umständen seine Zulassung erweitern“, so Reiff. Das kann langwierig und teuer sein. Alternativ können die Anbieter eine Service-KVG beauftragen – oder eben einen ELTIF ohne Rückgabemöglichkeit auflegen, der dann aber dem 34f2-Vertrieb vorbehalten ist.

Festzuhalten bleibt: ELTIFs haben Zukunft, es dauert aber etwas länger als erwartet. Noch offen ist indes, ob die bisherigen AIF-Anbieter den ELTIF 2.0 wirklich als Chance für sich nutzen können oder ob sie nur eine neue, mächtige Konkurrenz aus den Reihen der etablierten Investmentgesellschaften vor sich haben. Oder ob – wie heute schon bei Immobilienfonds – auch in den anderen Sachwert-Segmenten offene und geschlossene Fonds ohne große Berührungspunkte nebeneinander existieren werden.

Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Cash.-Ausgabe 4/2024.

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