Marktreport Immobilienfonds: Des einen Leid, des anderen Chance

Luftaufnahme eines Obi-Baumarkts mit Parkplatz in Köln
Foto: Hahn-Gruppe
Obi-Baumarkt in Köln: Objekt eines neuen Immobilienfonds der Hahn-Gruppe

EXKLUSIV Der Wohnungsmarkt ist Sorgenkind der Politik: Der Neubau strauchelt, die Mieten explodieren. Auch andere Immobilien-Segmente haben mächtig Federn gelassen. Doch das eröffnet auch Opportunitäten für Investoren – auch über Immobilienfonds. Eine Trendwende deutet sich an.

Als sei nichts gewesen: Nur zwei Tage nach der für die Ampel-Parteien desaströsen Europawahl stellen Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) Mitte Juni beim „Tag der Immobilienwirtschaft“ des Verbands ZIA in Berlin ihre Konzepte für den Wohnungsbau vor. Der ursprünglich ebenfalls angekündigte Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) allerdings hat kurzfristig abgesagt. Der angegebene Grund dafür ist indes nicht die Europawahl, bei der insgesamt lediglich 31 Prozent der Wähler ihr Kreuz bei einer der Regierungsparteien gemacht haben. Vielmehr ist an dem Tag der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in der Stadt und für Habeck wichtiger.

Auch wenn die Prioritäten-Setzung nachvollziehbar sein mag: Ganz ungelegen kam es dem Wirtschaftsminister wahrscheinlich nicht, einen Grund für die Absage beim ZIA zu haben. Schließlich ist Habeck in großen Teilen der Immobilienwirtschaft ein rotes Tuch – vor allem wegen seines verkorksten „Heizungsgesetzes“, das 2023 einen Sturm der Entrüstung und enorme Unsicherheit bei Eigentümern von älteren Häusern, aber auch im Neubau, ausgelöst hatte. Zudem werden die Grünen vielfach generell als Inkarnation übertriebener Energieeffizienz- und Umweltvorschriften angesehen, auch wenn sie dafür zum größten Teil gar nicht unmittelbar verantwortlich sind.


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Der Zorn auf Habeck ist auch deshalb groß, weil die Bauwirtschaft nach dem Zinsanstieg und der Baukostenexplosion ab 2022 ohnehin am Boden liegt. Denn gleichzeitig sind die Immobilienpreise rückläufig, auch weil sich die Käufer wegen der hohen Zinsen weniger Kaufpreis leisten können. Projektentwickler bleiben vielfach auf ihren fertigen oder halbfertigen Objekten sitzen oder müssen Verluste akzeptieren. Das betrifft auch andere Nutzungsarten, mit Abstand am stärksten im öffentlichen – und damit politischen – Interesse steht indes der Wohnungsbau.

Fertigstellungs- und Genehmigungszahlen eingebrochen

Hier sind die Fertigstellungs- und Genehmigungszahlen eingebrochen. Zwar lag die Zahl der Fertigstellungen im Jahr 2023 mit 294.000 Wohnungen doch spürbar höher als vielfach befürchtet, aber die von der Bundesregierung angestrebten 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr sind in weiter Ferne und bei den Baugenehmigungen ist noch keine Trendwende erkennbar. Deren Zahl lag im April 2024 nochmals 17 Prozent unter dem schon von der Krise gezeichneten Vorjahresmonat und ist auch gegenüber März um fünf Prozent zurückgegangen.

Und das, obwohl neue Wohnungen dringend benötigt werden. So schießen die Mieten in die Höhe, neue Mietwohnungen sind kaum zu bekommen – politischer Sprengstoff. Die Diagnose ist bekannt: Bauen ist zu teuer, auch wegen der unzähligen Vorschriften und unendlich langer Genehmigungsverfahren. So kündigen sowohl Lindner als auch Geywitz auf dem ZIA-Tag an, dass Verfahren vereinfacht und Baustandards etwa zur Energieeffizienz oder zum Schallschutz gesenkt werden müssen, um günstiger bauen zu können.

„Wir wollen rechtssicher ermöglichen, dass von Standards abgewichen wird, die eher Komfort-Charakter haben“, sagt Lindner. Dazu hat die Ampel schon vor einiger Zeit Vorschriften für einen „Gebäudetyp E“ mit geringeren (Mindest-) Standards angekündigt, deren Umsetzung – ausnahmsweise ziemlich geräuschlos – offenbar voranschreitet. So haben laut Geywitz Bundesländer ihre Bauordnungen bereits angepasst. Notwendig ist daneben eine Änderung im altehrwürdigen BGB, die „noch im Sommer“ erfolgen soll, so die Bauministerin.

Komplett neues Baugesetzbuch

Lindner berichtet zudem über ein komplett neues Baugesetzbuch mit vielen Vereinfachungen, das im Wesentlichen fertig sei, aber aus irgendwelchen Gründen noch nicht ins parlamentarische Verfahren gegeben werden kann. Er erneuert daneben unter anderem den Vorschlag, die Grunderwerbsteuer beim erstmaligen Erwerb von Wohneigentum auszusetzen. Auch die Bauministerin findet die Grunderwerbsteuer zu hoch, aber sie ist dafür nicht zuständig – Ländersache. „Wir müssen mit den Ländern über die Grunderwerbsteuer sprechen“, sagt sie aber. Immerhin.

Sie verweist zudem erneut auf die Kostenvorteile von seriellem und modularem Bauen und kündigt Änderungen unter anderem der Lärmschutz-Vorschriften an, um die Vereinbarkeit von Wohnen und Gewerbe zu erleichtern, etwa im Zusammenhang mit Werkswohnungen oder dem Umbau von Bürogebäuden in Wohnungen.

Geywitz räumt ein, dass dieses Jahr sicherlich noch schwierig wird. Sie verweist aber auch darauf, dass 391.000 Wohnungen im Bau seien, darunter viele aus dem riesigen „Bauüberhang“, also längst genehmigte, aber noch nicht gebaute Wohnungen. Zudem sei der Auftragseingang im Baugewerbe erstmals seit dem Einbruch wieder gestiegen. Sowohl Lindner als auch Geywitz heben daneben unter anderem die bereits beschlossene Sonderabschreibung für Neubauwohnungen sowie die geplanten Vorschriften zum gemeinnützigen Bauen hervor.

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