Mit „Schrumpfkur für Sachwerte“ überschrieb Cash. in der Ausgabe 11/2023 den Artikel zur Marktübersicht der zur Zeichnung offenen Sachwertanlagen, die von der Reaktion jährlich um diese Zeit zusammengetragen wird. Lediglich 25 alternative Investmentfonds (AIFs) für Privatanleger befanden sich Mitte September 2023 in der Platzierung – so wenige wie nie. Ein Jahr zuvor, also zum Herbstanfang 2022, waren es noch 44 Emissionen gewesen.
Nun ist das Angebot an Sachwertanlagen wieder gewachsen – fast auf das Niveau von 2022: Insgesamt 42 Fonds umfasst die diesjährige Marktübersicht mit Stichtag 13. September 2024 (siehe Tabelle Seite 3). Das wieder etwas breitere Angebot resultiert indes nicht in erster Linie daraus, dass wieder mehr Publikums-AIFs auf den Markt gekommen wären. Vielmehr ist in diesem Jahr ein neues Vehikel enthalten, das erst seit Januar 2024 in dieser Form aufgelegt werden kann: European Long Term Investment Funds (ELTIFs).
Die Reform der entsprechenden EU-Verordnung trat zum 10. Januar 2024 in Kraft. ELTIFs gibt es grundsätzlich schon seit 2015, doch erst seit diesem Datum sind wesentliche Beschränkungen in Bezug auf die Assetklassen, die Anlegereignung und die Risikomischung weggefallen.
Fonds der neuen Generation
Die Fonds der neuen Generation werden deshalb auch als „ELTIF 2.0“ bezeichnet. Sie können in fast alle Arten von Sachwerten investieren, sind grundsätzlich depotfähig und dürfen – anders als geschlossene Publikums-AIFs – auch Rückgaberechte für die Anleger vorsehen. Zudem erlaubt die ELTIF-Zulassung in einem der Mitgliedsstaaten den Vertrieb in der gesamten EU.
So waren die Erwartungen vor dem Start hoch. Doch nach dem Jahreswechsel passierte zunächst wenig. Vielfach dauerte die Umsetzung länger als geplant, einmal mehr waren (und sind) die Detailvorschriften der EU in Form von technischen Regulierungsstandards (RTS) noch nicht fertig und die Voraussetzungen für die Einbuchung in die Depots entpuppte sich als komplexer als zunächst angenommen.
Segment ELTIF nimmt Fahrt auf
Doch nach und nach hat das Segment Fahrt aufgenommen: Immerhin zwölf ELTIFs sind in der diesjährigen Cash.Marktübersicht enthalten. Dabei wurden noch nicht einmal alle Fonds berücksichtigt, die laut der Datenbank der EU-Aufsicht Esma über eine Zulassung verfügen und den Vertrieb (auch) in Deutschland angemeldet haben. In die Tabelle aufgenommen hat die Redaktion nur ELTIFs, die sich tatsächlich auf Websites der KVG, des Asset Managers oder von Vertriebspartnern beziehungsweise -plattformen finden oder die den Vertriebsstart in Deutschland per Pressemitteilung öffentlich angekündigt haben.
Alle zwölf ELTIFs stammen aus dem Segment der Anbieter klassicher Investmentfonds, also Aktien- und anderer Wertpapierfonds. Mit ELTIF 2.0 können die Investmentgesellschaften nun Sachwerte aller Art in ihre – depotfähigen – Investmentkonzepte einbinden. Lediglich Aquila und die Commerzbank-Tochter Commerzreal haben früher auch geschlossene Publikumsfonds aufgelegt, sich aber längst aus dem Geschäftsfeld zurückgezogen.
Einige weitere Häuser wie Neuberger Berman und Partners Group waren zudem schon mit ELTIFs der ersten Generation in der damals noch gesetzlich stark eingeschränkten Anleger-Zielgruppe unterwegs. Ansonsten hatten die Anbieter bislang im Publikumsgeschäft wenig bis nichts mit der Sachwertbranche zu tun.
Mehr Private-Equity- als deutsche Immobilienfonds
Sie sind also neu im Sachwert-Segment für Privatanleger und bilden eine neue, starke Konkurrenz für die bisherigen Anbieter, vor allem im Bereich Private Equity. Nicht weniger als neun der ELTIFs entfallen auf diese Assetklasse. Sie ist damit von vier Fonds im Vorjahr auf 15 in diesem Jahr explodiert; neben den neun ELTIFs sind mit BVF und Inventure Capital auch zwei AIF-Anbieter neu hinzugekommen. Das Segment Private Equity ist damit zahlenmäßig sogar größer als deutsche Immobilienfonds.
In letzterer Assetklasse sind bislang noch keine ELTIFs gesichtet worden – weder mit Objekten im In- noch im Ausland. Das dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass es bereits offene Immobilienfonds gibt und das Vehikel ELTIF mit Ausnahme des europaweiten Vertriebs keine größeren Vorteile bietet. Rechtlich wären reine Immobilien-ELTIFs ohne weiteres möglich.