Das macht sich in den Marktkennzahlen deutlich bemerkbar: Es gab im Jahr 2023 bisher spürbar weniger VC-Transaktionen als im Vorjahr (minus 40 Prozent). Bei ihrem Volumen war der Rückgang mit minus 54 Prozent noch einschneidender. Wagniskapitalgeber halten an ihren Portfoliofirmen fest, passen sich aber an das veränderte Umfeld an.
Das sind einige der Kernergebnisse der VC-Marktstudie 2023, für Prof. Dr. Dirk Honold (Technische Hochschule Nürnberg) und PwC Deutschland deutsche und ausländische Investoren in Startups befragt haben, deren Investitionsstrategien auf den deutschen Markt ausgerichtet sind oder die Deals in Deutschland abgeschlossen haben. Die Marktdaten für 2023 basieren auf Daten bis Ende September und Prognosen für das vierte Quartal.
Brückenfinanzierungen nehmen zu
Zu den weiteren Ergebnissen: Die befragten VC-Marktteilnehmer nannten einen Anstieg der Insolvenzen (91,9 Prozent), einen kräftigen Rückgang der erzielten Preise (94,6 Prozent) sowie deutlich weniger Unternehmensverkäufe (54,1 Prozent) und IPOs, also Börsengängen (83,8 Prozent).
Mit steigenden IPO-Zahlen und einer damit einhergehenden Markterholung rechnen die befragten Investoren frühestens für die zweite Jahreshälfte 2024. Die Folge sind längere Halteperioden und die Zunahme von Brückenfinanzierungen seit Anfang 2022. „Die mehrheitlich rückläufigen Indikatoren deuten auf eine nachlassende Widerstandskraft und sich ändernde Metrikendes VC-Markts hin“ erläutert Enrico Reiche, Venture Deals Lead bei PwC Deutschland.
Ungebrochen bleibt gleichwohl der Trend im VC-Ökosystem zu B2B-Geschäftsmodellen: Etwa 80 Prozent der Befragten leiten mehr als 70 Prozent ihrer Investitionen in B2B-Geschäftsmodelle, deutlich mehr als im Vorjahr (61,4 Prozent). „Der Rückgang von B2C- und die Zunahme von B2B-Geschäftsmodellen werden auch von Deep-Tech-Startups getrieben. Damit gewinnt die Selektion der Startups für den Erfolg von Investoren an Bedeutung“ schätzt Prof. Dr. Dirk Honold, Technische Hochschule Nürnberg die Situation ein.
Kapitalgeber reduzieren ihre Renditeerwartungen
Die Kapitalgeber senken außerdem ihre Renditeerwartungen – die erwartete Internal Rate of Return (IRR) der Portfoliounternehmen ist gegenüber 2022 deutlich gesunken. Für Early-Stage-Investments sinkt die durchschnittliche IRR auf 31 Prozent (2022: 36 Prozent) und für die Wachstumsfinanzierung auf 25 Prozent (2022: 32 Prozent). Lediglich für Late-Stage-Investments stieg die IRR gegenüber dem Vorjahr, von 24 auf 28 Prozent.
Als eine Folge des schwächeren Exit-Umfelds legen Geldgeber im Jahr 2023 stärker Wert auf kapitaleffiziente (76 Prozent) und nachhaltige Geschäftsmodelle. So sind für Investoren die Bereiche Software Development/SaaS weiterhin wichtig; rund drei Viertel der befragten Investoren gaben an, dass sie diese Segmente „oft“ oder „immer“ als Anlagefokus in Betracht ziehen.
Die zunehmenden geopolitischen Unsicherheiten sowie die Anstrengungen im Kampf gegen die Klimakrise erhöhen zudem die Attraktivität von Startups, die in der Klimatechnologie, der Mobilität und Logistik oder der Bio- und Medizintechnologie aktiv sind. Einen deutlichen Zuwachs verzeichnen auch „Impact Investments“ – vor allem mit Schwerpunkt auf die Dekarbonisierung.
Mehr Programme zu Mitarbeiterbeteiligung
Ein weiterer Befund der VC-Studie 2023 lautet, dass Unternehmen häufiger Mitarbeiterbeteiligungsprogramme (Employee Stock Option Plans, „ESOPs“) auflegen. Dies unterstreicht die Bedeutung dieser Anreizsysteme für das Ökosystem. „Im zunehmenden Wettbewerb um Spezialisten sind solche Programme entscheidend, um hochqualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, zu binden und zu motivieren“ so Gerhard Wacker, Partner im Bereich Corporate/M&A bei PwC Legal Deutschland.