Was wir brauchen: mehr statt weniger Finanzbildung auf dem Campus
Fangen wir mit den Fakten an: 1962 kamen auf einen Altersrentner ganze sechs Beitragszahler. Heute stehen wir bei einem Verhältnis von etwa zwei zu eins. Im Jahr 2050, wenn alle geburtenstarken Jahrgänge in Rente sind, könnte dieses Verhältnis auf nur 1,13 Beitragszahler pro Altersrentner sinken. Die umgekehrte Alterspyramide wächst oben rasant in die Breite. Und die Generation der heutigen Studenten? Droht am Boden vom schweren Gewicht erdrückt zu werden.
Gefragt sind Stabilisatoren, deren wichtigstes Werkzeug die Finanzbildung ist. Ihre Aufgabe: Junge Menschen von der Unabdingbarkeit privater Altersvorsorge zu sensibilisieren. Eine Mammutaufgabe für Schulen und Universitäten – auch jenseits der Wirtschaftswissenschaften. Doch die Realität in Sachen Finanz- und Vorsorgewissen an vielen unserer Bildungseinrichtungen? Bisweilen ernüchternd. Umso wichtiger ist die Rolle qualifizierter Finanzberater. Sie klären junge Menschen individuell und auf ihre Lebenslage abgestimmt über Risikoabsicherung und die Optionen der Zukunftsvorsorge auf. Und ja, mit der Beratung und dem Vertrieb geeigneter Produkte verdienen Finanzberater Geld. Aber käme jemand auf die Idee, seinem Arzt vorzuwerfen, dass er für den Termin zur Herzvorsoge und die Verschreibung eines Blutdrucksenkers ein stattliches Honorar erhält?
Womit wir bei der Verbraucherzentrale Hamburg wären: In Gestalt einer neuen Kampagne „gegen die Maschen der Finanzdienstleister“ zimmert diese einmal feste mit der Pauschalkeule drauf auf unsere Branche. „Einfach mal nein sagen“ sollen Studierende, wenn der fiese Finanzberater auf dem Uni-Campus nach wehrlosen Opfern sucht. Einzelfälle einer möglicherweise unzureichenden Beratung werden herangezogen, um eine ganze Branche der Finanzscharlatanerie zu bezichtigen. Statt auf einzelne schwarze Schafe hinzuweisen – was absolut legitim ist – zerren die hanseatischen „Verbraucherschützer“ Berater gegenüber den Studierenden ins Zwielicht, möchten sie die Finanzberatung am Campus zum Abschuss freigeben. Und mit ihr oft das einzige Element qualifizierter Finanzbildung.
Produkte, die Berater an der Uni empfehlen, seien „in der Regel (sic) am Bedarf der Studierenden vorbei, unflexibel, intransparent, erwirtschaften wenig Rendite und kosten unverhältnismäßig hohe Abschluss- und Verwaltungsgebühren“ schreibt die Verbraucherzentrale Hamburg in ihrer Pressemittelung. Wer braucht schon Differenziertheit und Belege, wenn man das ebenso abgegriffene wie populistische Narrativ des gierigen und skrupellosen Versicherungsvermittlers bedienen kann?
Zur Zielscheibe der selbsternannten Verbraucherschützer wird vor allem die Basis-Rente, die vielen Studierenden am Campus empfohlen werde, zum Teil mit einer inklusiven Berufsunfähigkeitsversicherung. Aufgrund der oben (fälschlicherweise) behaupteten Mängel raten die Verbraucherschützer bei Rürup weitgehend pauschal ab. Das Paradoxe: Staatlich finanzierte Verbraucherzentralen warnen Studierende hiermit vor einem vom selben Staat ins Leben gerufenen und steuerlich großzügig geförderten Form der privaten Altersvorsorge.
Die Katze namens Verbraucherzentrale beißt sich hier nicht nur in den eigenen Schwanz. Sie verprellt zugleich die Zielgruppe der zukünftig meist überdurchschnittlich gutverdienenden Akademiker, die mit einer Basis-Rente über 27.500 Euro ihrer Einkünfte von der Steuer absetzen können – pro Jahr. Ein massiver Effekt, der zusätzlich um die Rendite aus frei wählbaren, gerne auch nachhaltgien Fonds angereichert wird. Für viele Studenten macht das Rürup auch gegenüber und neben dem oft belobigten „freien Kapitalaufbau“ über beispielsweise ETFs zu einem äußerst attraktiven und geeigneten Produkt. Ein Praxisbeispiel: Mit der Basis-Rente unseres nachhaltigen Investment Managers Pangaea Life investieren Studierende nicht nur in echten Klimaschutz durch Sachwert-Investments in Windparks, Photovoltaik, Wasserkraft und Energiespeicher. Zugleich profitieren sie neben den Steuerersparnissen von einer seit Auflage durchschnittlichen jährlichen Rendite von 8,9 Prozent nach Kosten. Sind das die „Vertriebsmaschen“ der Finanzdienstleister, vor denen „Verbraucherschützer“ arglose Studenten schützen müssen?
Nicht einmal erwähnt haben wir weitere Aspekte, die Rürup für viele Studenten zum langfristigen und disziplinierten Vermögensaufbau prädestinieren: Sei es die Flexibilisierung mit geringen Beiträgen während der Studienjahre – die als ebenfalls gescholtene Beitragsdynamisierung natürlich keine Pflicht ist. Oder der Schutz vor voreiligen finanziellen Entscheidungen in jungen Jahren durch die Bindung des Kapitals. Oder die Unpfändbarkeit des Ersparten. Aber was zählen Argumente, wenn die Story des Finanzberaters mit dem blinkenden Eurozeichen in den Augen längst vorgefasst ist?
Wer qualifiziert den Verbraucherschutz?
Versicherungs- und Finanzvermittler müssen ihr Know-how in einer für die Beratung verpflichtenden und standardisierten Qualifizierung gegenüber den Industrie- und Handelskammern nachweisen. Kontinuierliche, jährliche Pflicht-Weiterbildungen und Zusatzqualifizierungen prägen den Berateralltag bei stetig steigenden Anforderungen – Stichwort EU-Taxonomie, um nur ein Beispiel zu nennen. Bei Beratungsfehlern haften sie.
Doch wie sieht es auf Seiten derer aus, welche die Finanzberatung am liebsten vom Uni-Campus schmeißen möchten? Was qualifiziert diejenigen, die in Kampagnen pauschal ganze Produktzweige (zumal staatlich geförderte) für junge Menschen diffamieren? Die vorgeblich genau wissen, was in der Altersvorsorge Phase ist? Um es nüchtern zu sagen: im Zweifel wenig. Denn eine verpflichtende, staatlich regulierte Qualifikation müssen Verbraucherschützer in Finanzfragen nicht vorweisen.
Natürlich gibt es in den Verbraucherzentralen qualifizierte und kluge Köpfe in ihren jeweiligen Fachgebieten. In punkto Altersvorsorge sprechen diverse Beispiele aus der Vergangenheit und die aktuelle Kampagne gegen die Campus-Beratung jedoch eine klare Sprache: Eine derart pauschalisierende und teils tatsachenwidrige Kommunikation zeugt von einer im besten Fall löchrigen Expertise. Ganz sicher aber von einer starken ideologischen Schlagseite gegen den Finanzvertrieb. Zeit, dass wir als Branche selbstbewusst und mit Kraft des besseren Arguments Kontra geben. Studenten und junge Akademiker profitieren von einer persönlichen und qualifizierten Finanzberatung, die sich ihrer individuellen Lebensplanung anpasst. Der Weg, den geschätzte Kollegen wie Alte Leipziger/Hallesche Vorstand Frank Kettnaker oder Finanzberater Patrick Mini mit ihren Kommentaren zur neuen „Verbraucherschutz“-Kampagne bereits vorgegangen sind, ist genau richtig und verdient unsere Unterstützung.
Martin Gräfer ist Vorstandsmitglied die Bayerische.