Herr Pietribiasi, wie genau kann der Multi-Manager-Ansatz zur Diversifikation der Kundenportfolios beitragen?
Pietribiasi: Aufgrund des Gebühren- und Gewinndrucks findet in der Vermögensverwaltungsbranche eine Konsolidierung statt. Für Anleger hat das zur Folge, dass sich die ihnen zugänglichen Investmentmöglichkeiten immer stärker auf einige wenige Produktarten konzentrieren. Die meisten Vertriebsvereinbarungen in Europa und darüber hinaus konzentrieren sich auf die gleichen Strategien und Produkte, die sich eigentlich nur durch die Höhe der Gebühren unterscheiden.
Durch unseren Multi-Manager-Ansatz erhalten Anleger jedoch auch Zugang zu Strategien, die eigentlich institutionellen Investoren vorbehalten sind. Bei einer Anlage von 5.000 Euro beispielsweise investieren Privatanleger in die Strategien von gut zehn Managern.
Aber wäre das Geld nicht genauso gut bei nur einem Fondmanager angelegt, der einer hervorragende Performance erzielt?
Pietribiasi: Kurzfristig vielleicht, aber auf keinen Fall langfristig. Sie haben recht, ein einzelner Manager kann hervorragende Ergebnisse erzielen. Seine Strategie ist aber immer auf den jeweiligen Investmentprozess seines Hauses und einen bestimmten Stil ausgerichtet. Und in gewissen Marktphasen kann diese Strategie hinterherhinken.
Grund dafür ist nicht die Leistung des Managers, sondern dass das Erzielen einer Mehrrendite bekanntlich den Zyklen der Märkte unterliegt. Indem verschiedene Managementstile kombiniert werden, können die jeweiligen Strategien die Schwächephasen der anderen jedoch ausgleichen. Unsere Philosophie ist deshalb, verschiedene Manager und ihre Vorgehensweisen komplementär zu kombinieren.
Wie finden Sie die passenden Manager?
Pietribiasi: Der Großteil unseres Investmentteams in Irland beschäftigt sich mit der Auswahl der Manager. Wir zählen dabei zu den erfahrensten Teams in Europa. Bei der Auswahl verfolgen wir zwei Wege: den der Wissenschaft und den der Kunst. Als Wissenschaft bezeichnen wir den quantitativen Ansatz. Dabei analysieren wir die Investitionsentscheidungen von Managern, um einen Eindruck von ihren Anlagekompetenzen zu erhalten.
Durch die datenbasierte Analyse ist es uns möglich, zu beurteilen, ob eine gute Performance tatsächlich auf die Investment-Expertise eines Managers zurückzuführen ist oder ob auch eine gute Portion Glück im Spiel war. Darüber hinaus vergleichen wir die als interessant identifizierten Strategien mit denen von anderen Fondshäusern, um die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale herauszuarbeiten. So stellen wir sicher, dass die Strategie unsere bereits bestehende Multi-Manager-Palette sinnvoll ergänzt und zu einer breiten Diversifikation beiträgt.
Und was verbirgt sich hinter dem Begriff „Kunst“?
Pietribiasi: Die Kunst gilt bei uns als der qualitative Ansatz. Folgt man allein der Wissenschaft, dann kauft man die Manager mit der besten Performance einer Kategorie. Damit landen aber alle Investoren in denselben Fonds. Das lässt sich bei Verkaufsschlagern gut beobachten, in die die Anleger in Scharen strömen. Junge unentdeckte Boutiquen fallen dabei aber durch das Raster. Um diese zu finden, braucht es bei der Auswahl auch den qualitativen Aspekt.
Dabei geht es vor allem darum, die Erfolgshistorie eines Managers zu prüfen und zu verifizieren. Wir setzen uns intensiv mit den Managern auseinander, um ihre Stärken und Kompetenzen zu beurteilen. Die Basis für den direkten Austausch mit den Fondsmanagern sind die zuvor im quantitativen Prozess gewonnen Informationen. So stellen wir sicher, dass im Gespräch die richtigen Fragen gestellt und die ausschlaggebenden Fakten geprüft werden, um die Integrität und Qualität des betreffenden Managers zu verifizieren. Nur durch die Kombination von einer quantitativen und qualitativen Analyse lässt sich das beste Ergebnis erzielen.
Sie haben eben die Boutiquen erwähnt. Welche Rolle spielen kleinere Fondshäuser für Mediolanums Multi-Manager-Ansatz?
Pietribiasi: Boutiquen spielen bei unserer Manager-Auswahl eine wichtige Rolle, denn sie weisen eine ganze Reihe von sehr attraktiven Charakteristiken auf. Ihre Manager konzentrieren sich voll auf ihre Investments und die Performance. Sie stecken nicht viel Zeit und Energie in den Vertrieb oder organisatorische Aufgaben.
Die Portfoliomanager agieren zudem meistens wie Unternehmer, denn sie sind Anteilseigner ihrer Firma. Praktisch alle Manager investieren zudem eigenes Geld in ihre Strategien. Damit decken sich die Interessen der Portfoliomanager und der Kunden praktisch vollständig. Und die Erfolgsbilanz ist beeindruckend. Es gibt Studien, die zeigen, dass Boutiquen mit einem aktiven Investmentansatz in den letzten 20 Jahren sowohl Nicht-Boutiquen als auch Indizes outperformten.
Zudem sind wir für Boutiquen ein wichtiger Kunde und erhalten einen entsprechenden Service. Bei großen Häusern, die Billionen verwalten und zahlreiche Retail-Kunden und institutionelle Investoren betreuen, heben wir uns mit unserem verwalteten Vermögen von 49 Milliarden Euro dagegen kaum von anderen Klienten ab. Wichtig ist uns zudem, wettbewerbsfähige Konditionen auszuhandeln, von denen natürlich auch unsere Anleger profitieren – und das ist bei Boutiquen möglich.
Im Jahr 2021 haben wir bereits Kooperationen mit einigen vielversprechenden Boutiquen begonnen, zum Beispiel mit Cadence Investment Partners, Intermede Investment Partners und RWC Partners in Europa sowie mit SGA und NZS Capital in den USA.