ESG ist ein Megatrend, der Bestand haben wird, auch wenn er ständig in Bewegung ist. Welchen Stellenwert hat ESG für Mediolanum International Funds?
Whitehead: ESG ist wichtig und verglichen mit anderen Häusern unterscheidet sich der Analyseprozess in Bezug auf ESG, da wir ihn auf Dachfonds beziehen. Denn wir arbeiten mit verschiedenen Investmenthäusern zusammen, die alle eine eigenständige ESG-Methodik verfolgen und die Daten von unterschiedlichen Anbietern beziehen. Das alles im Rahmen einer Regulatorik, die für dieses Anlagevehikel nicht einfach zu verstehen ist. Grundsätzlich basiert der Auswahlprozess unseres Hauses auf den vier Kriterien Muttergesellschaft, Mitarbeiter, Prozess und Portfolio, aber im ESG-Bereich haben wir es bei drei belassen, da in einigen Unternehmen Personen innerhalb der Muttergesellschaft sein können. Die Bewertung jedes Managers reicht von eins bis fünf. Wenn wir es mit Managern zu tun haben, die als „Nachzügler“ oder sogar unter dem Durchschnitt eingestuft werden, aber über beeindruckende Renditeergebnisse und einen robusten Anlageprozess verfügen, sind wir bestrebt, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Wie wollen ihnen dabei helfen, ein besseres ESG-Bewusstsein zu entwickeln und dann Tools und Methoden zur Verfügung zu stellen, mit denen sie ihre Bewertung verbessern können.
Der Mediolanum Best Brands Circular Economy Opportunities ist erst seit knapp zwei Jahren am Markt. Was war die Motivation zur Auflegung und wie wird er vom Vertrieb angenommen?
Whitehead: Der Mediolanum Best Brands Circular Economy Opportunities stellt einen weiteren wichtigen Schritt auf unserem Weg dar, ein fokussiertes Angebot an nachhaltigen Anlagelösungen anzubieten, bei dem wir echte Anlagemöglichkeiten identifizieren, die sich aus diesen nachhaltigen Megatrends ergeben. Die Auflegung des Fonds war auch eine Reaktion auf die wachsende Nachfrage unserer Kunden nach ESG-Produkten. Dies unterstreicht unser fortwährendes Engagement, die sich verändernden Bedürfnisse und Erwartungen unserer Kunden zu erfüllen und gleichzeitig zu einer nachhaltigeren und verantwortungsvolleren Zukunft für alle beizutragen.
Wie definieren Sie eine Kreislaufwirtschaft?
Whitehead: Eine Kreislaufwirtschaft ist ein Wirtschaftsmodell, das darauf abzielt, Abfall zu minimieren und vorhandene Ressourcen optimal zu nutzen. In einer traditionellen linearen Wirtschaft werden Produkte hergestellt, verwendet und am Ende des Produktlebenszyklus als Abfall entsorgt. Im Gegensatz dazu zielt eine Kreislaufwirtschaft darauf ab, Produkte, Prozesse und Systeme so zu gestalten, dass Ressourcen möglichst lange genutzt werden können, wobei Abfall durch Strategien wie Recycling und Wiederverwendung minimiert wird.
Worin liegen die Chancen einer Kreislaufwirtschaft?
Whitehead: Die mit diesem neuen Wirtschaftsmodell verbundenen Chancen ergeben sich aus verschiedenen Phasen der Lebensdauer eines Produkts, wie zum Beispiel a) Produktdesign: Produkte sind von Anfang an so konzipiert, dass sie langlebig, reparierbar und erweiterbar sind und so ihre Lebensdauer verlängern, b) Konsum: Das Teilen, Mieten und Leasing von Produkten und Dienstleistungen kann den individuellen Besitz und den Ressourcenverbrauch reduzieren und c) Abfallmanagement: Minimierung des Abfalls, um die Umweltauswirkungen der Abfallentsorgung zu reduzieren. Das beinhaltet recycelte Abfallmaterialien in neue Produkte zu überführen und so den Bedarf an neuen Ressourcen zu reduzieren. Insgesamt wird jede Aktivität bei der Herstellung einer Ware oder Dienstleistung von der Rohstoffgewinnung bis zur Produktnutzung bzw. -entsorgung quasi „von der Wiege bis zur Bahre“ analysiert.
Aufgrund des oben genannten Anlageuniversums verfügt der Fonds im Hinblick auf das Sektorengagement über eine erhebliche Beteiligung in Sektoren wie Industrie, Technologie und Materialien, die zusammen mehr als 70 Prozent ausmachen (Stand: 29.09.2023). Betrachtet man die Orte, an denen wir die interessantesten Anlagechancen finden, ist Nordamerika das größte Engagement des Fonds mit rund 55 Prozent, aber auch Europa mit rund 35 Prozent an der Gesamtallokation weist eine bedeutende Investmentchance auf.#
Welche Strategien verfolgen die drei Manager des Fonds, Blackrock, Pictet und KBI?
Whitehead: Nach unserer anfänglichen umfassenden Due-Diligence-Prüfung geeigneter Vermögensverwalter haben wir unsere Suche auf 14 Manager eingegrenzt, die wir zum Thema Kreislaufwirtschaft interviewt haben. Wir kamen zu dem Schluss, dass Pictet, KBI und Blackrock zusammen den besten Mix an Fähigkeiten bieten, um das Anlageziel des Fonds in einem risikobewussten Ansatz zu erreichen. Pictet beispielsweise ist ein führendes Unternehmen im Bereich thematischer Investitionen und begann vor mehr als 20 Jahren mit der Verwaltung umweltbezogener Strategien. 2007 unterzeichnete Pictet die UNPRI und verfolgt einen pragmatischen Ansatz in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft, wobei etwa 50 Prozent in hochreine Kreislaufwirtschaftsaktien und 50 Prozent in Anwender investiert wird, d.h. in Unternehmen, die auf dem Weg sind, ihren Fußabdruck in der Kreislaufwirtschaft zu verbessern. KBI Global Investors ist eine irische Boutique-Verwaltungsgesellschaft mit Amundi als Mehrheitseigentümer. Das Unternehmen verfügt über eine lange Erfolgsgeschichte im Management von Responsible-Investing-Strategien und wurde beispielsweise mit der Höchstbewertung „A+“ der UNPRI ausgezeichnet. Sie verfolgen einen puristischen Ansatz bei Investitionen in die Kreislaufwirtschaft und haben ihr eigenes investierbares Universum geschaffen. Der Blackrock Circular Economy Fund ist einer der ersten Fonds, der mit diesem nachhaltigen Fokus aufgelegt wurde. Er verfügt über ein sehr erfahrenes Team, das auch mit der Ellen MacArthur Foundation (EMF) zusammenarbeitet, einer Wohltätigkeitsorganisation, deren Aufgabe es ist, den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen.
Mit welchen Wachstumsraten ist im Bereich Kreislaufwirtschaft in den kommenden Jahren zu rechnen? Wie hat der Fonds bis dato abgeschnitten?
Whitehead: Es wird allgemein erwartet, dass die Kreislaufwirtschaft in den kommenden Jahren aufgrund mehrerer wichtiger Trends ein robustes Wachstum verzeichnen wird, nicht zuletzt weil sie ein zentraler Bestandteil der Weltwirtschaft wird. Das wachsende Bewusstsein für Umweltprobleme und die Notwendigkeit der Ressourcenschonung dürfte die Nachfrage nach Lösungen für die Kreislaufwirtschaft ebenso ankurbeln wie die Tatsache, dass viele Regierungen Richtlinien und Vorschriften umsetzen, die Kreislaufpraktiken wie Recycling, Abfallreduzierung und Produktverantwortung fördern. Als Reaktion auf den zunehmenden Regulierungsdruck setzen sich zudem Unternehmen in verschiedenen Branchen ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele, einschließlich der Übernahme von Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in ihren Produktionsprozess und ihr Produktdesign. Innovationen in den Recyclingtechnologien, der Materialrückgewinnung und dem Produktdesign machen die Zirkulation praktikabler und kostengünstiger. Last but not least suchen Kundinnen und Kunden zunehmend nach umweltfreundlichen und nachhaltigen Produkten, was die Nachfrage nach Produkten steigern kann, die durch Kreislaufprozesse hergestellt werden.
Der Mediolanum Best Brands Circular Economy Opportunities ist eine langfristige Anlagelösung. Obwohl 2023 ein volatiles Jahr für Anleger war, hat der Fonds im bisherigen Jahresverlauf (Stand: 29.09.2023) positive Renditen erzielt und sich in den beiden Quartilen seiner Morningstar-Kategorie (EAA Fund Sector Equity Ecology) positioniert.
Interview: Frank O. Milewski, Cash.