Dies liegt vor allem daran, dass die Mietvertragsparteien unter Schriftform etwas anderes verstehen als die Gerichte. Letztere stellen auf die strengen Vorgaben des Paragrafen 126 BGB ab.
Danach müssen alle wesentlichen Inhalte in einer einheitlichen von den Parteien eigenhändig zu unterschreibenden Urkunde enthalten sein. Hierzu gehört, dass insbesondere die Parteien, der Mietgegenstand, die Laufzeit und die Miete eindeutig geregelt sein müssen.
Soweit wesentliche Vertragsinhalte in Anlagen ausgelagert werden, müssen diese beigefügt werden und der Mietvertrag auf sie verweisen. Bei Vertragsschluss an verschiedenen Orten muss das Original des Mietvertrags die jeweils andere Partei auch physisch erreichen. Ein Vertragsschluss per E-Mail, Fax oder per Briefwechsel scheidet damit aus.
Änderungen auch schriftlich festhalten
Hinzu kommt: Auch jede wesentliche Änderung des Mietvertrags erfordert einen schriftlichen Nachtrag, der eindeutig auf den ursprünglichen Mietvertrag verweist und klar regeln muss, welche Punkte geändert und welche fortbestehen sollen. Schon eine formwidrige Änderung führt zur jederzeitigen Kündbarkeit des Mietvertrags.
Nur die wenigsten Mietverträge erfüllen die Schriftform in der Praxis. Dies beginnt schon damit, dass die Parteien nicht klar bezeichnet werden, notwendige Unterschriften fehlen, die Laufzeit widersprüchlich geregelt oder der Mietgegenstand nicht eindeutig beschrieben ist.
Teilweise fehlen Anlagen, sind nicht zuzuordnen oder enthalten nicht die Aussagen, die ihnen nach dem Mietvertrag zukommen sollen. Besonders häufig wird die Schriftform aber anlässlich von Änderungen des Mietvertrags verletzt.
Viele kennen Anforderungen nicht
Hauptgrund ist, dass die beteiligten Personen die formalen Anforderungen an eine Änderung eines Mietvertrags nicht kennen und für eine Anpassung, zum Beispiel der Miete, keinen Rechtsanwalt hinzuziehen.
Auch sind sich die Parteien häufig einer Änderung gar nicht bewusst, weil sie die Inhalte des Mietvertrags nicht präsent haben. In all diesen Fällen besteht das Risiko einer vorzeitigen Kündigung des Mietvertrags.
Diese rechtliche Besonderheit hat dazu geführt, dass Schriftformverstöße als Mittel genutzt werden, um den Mietvertrag wegen geänderter Marktbedingungen wirtschaftlich neu zu verhandeln oder zu beenden, weil aus bestimmten Gründen kein Interesse mehr an seiner Fortführung besteht.
Gezielte Suche nach Formverstößen
Anwälte werden gezielt damit beauftragt, Formmängel zu identifizieren, um – je nach Situation – Verhandlungsmasse aufzubauen. Mit den gesetzlichen Schutzgedanken hat dies häufig nichts zu tun.
Um das Risiko der vorzeitigen Kündbarkeit zu reduzieren, haben sich in der Praxis sogenannte Schriftformheilungsklauseln durchgesetzt, in denen sich die Parteien verpflichten, etwaige Formmängel zu beheben und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf solche Mängel vorzeitig zu kündigen.
Solche Klauseln galten in der Vergangenheit überwiegend als wirksam und wurden auch durch die Rechtsprechung mehrerer Oberlandesgerichte bestätigt.
Seite drei: Schriftformheilungsklauseln sind unwirksam