MiFID II: Augenmaß ist gefordert

Für den deutschen Markt hätte ein generelles Provisionsverbot nach britischem Vorbild deutlich negative Folgen. Das liegt auch an der völlig anders gestalteten Beratungslandschaft. Bei uns wird mehr als jeder zweite Investmentfonds am Bankschalter verkauft, in England 70 Prozent von unabhängigen Beratern.

Das heißt, britische Sparer sind mit diesem Beratertyp deutlich vertrauter als deutsche. Wie wenig deutsche Anleger mit der Honorarberatung im Sinn haben, zeigen schon Untersuchungen des Verbraucherministeriums. Deutsche Sparer wollen mit weit überwiegender Mehrheit für Finanzberatung nichts zahlen und wenn, dann höchstens 50 Euro für die Beratungsstunde.

Damit ist aber eine qualitativ hochwertige Beratung nicht darstellbar, vor allem wenn man berücksichtigt, dass im Zuge von MiFID II auch höhere Qualitätsanforderungen an Berater gestellt werden. Sie sollen sich regelmäßig fortbilden und auch prüfen lassen, um ihren Beruf weiterhin ausüben zu können.

Aus meiner Sicht wäre es – gerade im Interesse der meisten Sparer und Anleger – sinnvoller, auf einen fairen Wettbewerb der Beratungsmodelle hinzuarbeiten. Den Hebel in Deutschland ganz auf die Honorarberatung umzulegen, halte ich für ein zu hohes Risiko – siehe Großbritannien.

Steigender Verwaltungsaufwand

Woran die Politik bei der Aufstellung des gigantischen Regelwerks aus meiner Sicht eher am Rande gedacht hat, ist der erneut steigende Verwaltungsaufwand für die Finanzindustrie. Schon heute zeigt sich, dass beispielsweise das Beratungsangebot für Privatanleger bei Aktiengeschäften in Deutschland deutlich zurückgeht.

Banken scheuen zunehmend den regulatorischen Aufwand mit Aktien im Beratungsgeschäft, den formalistischen Beratungsprozess und den damit verbundenen riesigen Dokumentationsaufwand. Auf all das sattelt MiFID II noch einmal kräftig drauf.

Nicht nur das Beratungsgespräch muss wie bisher protokolliert, sondern auch die Beratung per Telefon mitgeschnitten und archiviert werden. Ich würde schon gern wissen, wie Privatkunden darauf reagieren, wenn ihnen am Telefon – und darüber werden nun mal die meisten Beratungsgespräche geführt – gesagt wird, dass das nicht ohne Mitschnitt geht.

Darüber hinaus sollen für Finanzprodukte jeweils Zielgruppen definiert werden. Wer weiß, wie vielfältig die Bedürfnisse der Anleger sind, dem dürfte es ein Rätsel sein, wie eine solche Produkt-Zielgruppen-Matrix praktikabel gestaltet werden kann.

Seite vier: Kostenintensive Überwachung

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