Die von der Bankenaufsicht (Bafin) vorgeschlagene Ampellösung – rot für Risikopapiere, gelb für weniger riskante Produkte und grün für Anlagen mit einem geringen Risiko – wird dafür sicherlich ein viel zu grobes Raster sein. Zudem hätten Anleger von einer amtlich verordneten Ampel herzlich wenig. Es ist schwer vorstellbar, dass die Bafin oder eine andere öffentliche Instanz einspringen würde, wenn ein risikoaverser Anleger mit einem „grünen“ Produkt einen Verlust erleidet.
Kostenintensive Überwachung
Ein ganz beachtlicher Zusatzaufwand droht der Finanzbranche durch die in MiFID II vorgesehene ständige Überwachung jedes einzelnen Finanzberaters und Vermittlers. In Deutschland sind dafür eigentlich die Gewerbeämter zuständig, die diese Aufgabe an Wirtschaftsprüfer delegieren. Die aber tauchen in der Regel nur einmal im Jahr bei ihren Mandanten auf. Ob das künftig als ständige Überwachung durchgehen wird, ist doch sehr die Frage. Wenn nicht, dann wird es teurer.
Dagegen dürften die vorgesehenen Regeln zur Beschränkung des automatischen Handels von Computern – des sogenannten Hochfrequenzhandels – und der Spekulation mit Rohstoffen und Lebensmitteln auf breite Zustimmung in der Öffentlichkeit stoßen.
Der Spekulation den Wind aus den Segeln zu nehmen, macht aber nur Sinn, wenn eine solche Maßnahme weltweit verbindlich ist. Ein europäischer Alleingang würde nichts bringen, weil diese Geschäfte dann einfach den Standort wechseln und der Hochfrequenzhandel oder die Spekulation mit Lebensmitteln insgesamt nicht zurückgedrängt würden.
Kein Alleingang der EU
Damit ist zugleich ein ernstes Grundproblem von MiFID II angesprochen: Deren allumfassende strenge Regulierung wird nur dann den Anlegerschutz sowie die Sicherheit und Stabilität der Märkte verbessern, wenn derartige Regeln für alle wichtigen Kapitalmärkte auf dem Globus gelten. Bisher ist das noch nicht einmal im europäischen Raum Realität.
Die Umsetzung von MiFID II liegt jetzt in den Händen der nationalen Regierungen und die haben durchaus auch unterschiedliche Vorstellungen und Interessenlagen. In Deutschland jedenfalls sieht es ganz so aus, als würde der Gesetzgeber es fürs Erste dabei belassen, die Transparenz bei der Finanzberatung deutlich hochzuschrauben.
Er könnte dann erst einmal beobachten, wie sich die Provisionsverbote in anderen Ländern auswirken und ob sich ein gedeihliches Nebeneinander von Provisions- und Honorarberatung entwickelt. Die Trumpfkarte eines teilweisen oder sogar vollständigen Provisionsverbots lässt der Regulierer so zunächst im Ärmel stecken. Er kann sie jederzeit ausspielen, falls die Beratungsqualität auch unter MiFID II nicht besser werden sollte. Die Finanzunternehmen und Berater tun gut daran, dies im Hinterkopf zu behalten.
Autor Dr. Herbert Walter führte von 2003 bis 2009 die Dresdner Bank. Davor war er bei der Deutschen Bank weltweit für Privat- und Geschäftskunden verantwortlich. Heute arbeitet er als Unternehmensberater für den Mittelstand, für Finanzdienstleister und Investoren.
Foto: HW Pressefoto / Whofinance / 4/2011