Vielen Kunden sei nicht klar, dass sie einem Fintech eine Maklervollmacht gegeben hätten, sagt Dr. Walter Botermann. Wie der Alte Leipziger-Hallesche-Chef und sein Vorstandskollege Dr. Jürgen Bierbaum den Wettstreit mit den Versicherungs-Startups einschätzen, erklären sie im dritten und letzten Teil des Interviews mit Cash.
Cash.: Die Fintechs schicken sich an, die Versicherungsbranche „auf den Kopf zu stellen“. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Versicherungs-Startups?
Botermann: Wir arbeiten mit Fintechs zusammen und das ist ja auch nichts Furchtbares. Wenn das Geschäftsmodell allerdings darin besteht, dem Kunden zu suggerieren, ihm eine ganzheitliche Verwaltungsplattform zu schaffen, das Geschäft im Endeffekt aber darauf hinausläuft, die laufende Provision zu kassieren, dann muss der Kunde das wissen – und dann informieren wir ihn auch darüber.
Beschweren sich Makler bei Ihnen darüber, dass ihnen Fintechs die Maklervollmacht streitig machen, um die laufende Vergütung für die Betreuung zu kassieren?
Botermann: Nennenswert ist das bislang nicht, aber es gibt Fälle. In der Hälfte der Fälle entscheidet sich der Kunde auch wieder um, nachdem wir ihn über die Konsequenzen seines Handelns informiert haben. Vielen ist einfach nicht klar, dass sie dem Fintech überhaupt eine Maklervollmacht gegeben haben. Sie setzen oftmals nur ein Häkchen in einer App, weil dort einfach nur
steht: „Ich möchte meinen Versicherungsbestand mit Ihnen gemeinsam betreuen“.
Bierbaum: Es gibt sehr unterschiedliche Geschäftsmodelle bei den Fintechs. Es gibt Modelle, die relativ transparent sind und auch solche, die letztendlich nur auf die Umdeckung des Portfolios abzielen. Da müssen wir uns natürlich immer ganz genau anschauen, mit welchem Geschäftsmodell wir vernünftig zusammenarbeiten können und wollen.
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Kann eine Beratung zur Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) bald auch von einem Fintech umfassend geleistet werden?
Bierbaum: Die BU ist schon recht beratungsintensiv. Am Ende steht immer die Frage, wie es mit der Handhabung für den Kunden aussieht. Auf das Internet bezogen gibt es Erfahrungswerte, dass bis zum Kauf maximal fünf bis sieben Stufen durchlaufen werden sollten. Wenn dies nicht erreicht wird, gehen einem viele Leute unterwegs verloren. Mit einer umfassenden Risikoprüfung lässt sich das zumindest bislang nur schwer vereinbaren.
Werden Sie das Direktgeschäft forcieren?
Botermann: In der Auslandsreisekrankenversicherung zum Beispiel werden die Produkte ja bereits nahezu komplett online abgeschlossen. Und auch im Bereich der Lebensversicherung wird das Thema an Relevanz gewinnen. Es wird da eine gewisse Segmentierung geben: Für viele Produkte bleibt auch in Zukunft eine umfangreichere Beratung erforderlich, für andere Produkte gilt dies weniger, wie etwa für die Risikolebensversicherung.
Interview: Lorenz Klein
Foto: Andreas Varnhorn
Lesen Sie das vollständige Interview im aktuellen Cash.-Magazin 06/2016.