Wie sieht die Fabrik der Zukunft aus? Wie stark sind alle Bereiche einer modernen Fabrik miteinander vernetzt? Was davon wird von Künstlicher Intelligenz gesteuert? Und welche Rolle spielt das oft beschworene Internet der Dinge? Mit diesen Fragen befassen sich Planer moderner Produktionsstätten.
Technologieexperten konzipieren und realisieren in hochspezialisierten Beratungsunternehmen komplette Fabriken, von der Idee bis zum Start der Produktion. Digitalisierung ist dabei seit vielen Jahren omnipräsent. Sie füllt die Projekte mit Leben und bringt Fabriken zum Laufen. Digitalisierung schafft die Grundlage für die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) und wird in zehn bis 15 Jahren in jedem Produktionsunternehmen zu finden sein.
Eines der Kernthemen ist die Vernetzung aller Maschinen, Anlagen und Einrichtungen, die in vielen bestehenden Fabriken – dem „Brownfield“ im Gegensatz zum „Greenfield“ – erst in der Zukunft umgesetzt wird. Die Abläufe in diesem Ist-Stand sind technisch, logistisch und organisatorisch sehr komplex. Digitalisierung analoger Maschinendaten und deren Verfügbarkeit in einer Cloud lassen sich wirtschaftlich dort oft schwer darstellen. Anders sieht dies bei Neubauten aus – dem Greenfield: Hier hat die Digitalisierung höchste Priorität.
Bei anderen digitalen Anwendungen wiederum waren in den vergangenen Jahren die Erwartungen zu hoch. So galt lange die „vorausschauende Wartung“ als Paradebeispiel für Einsatzgebiete des Internet of Things (IoT). Doch bei den zumeist ausgereiften Maschinen war der Nutzen für die Unternehmen offenbar nicht allzu hoch. Daher scheint sich der Schwerpunkt nun zu verlagern: So gewinnt die Nutzung einer digitalen Produktakte zunehmend an Bedeutung und schafft einen Mehrwert für den Hersteller und Nutzer der Produkte. Zudem können laut einer McKinsey-Studie Fertigungsprozesse durch Feinjustieren auf Basis von Künstlicher Intelligenz je nach Anwendung um drei bis 30 Prozent effizienter werden. Allerdings dürften dann nicht nur einzelne Prozessstufen optimiert werden, sondern die gesamte Prozesskette. Und genau das geht nur mit einer völlig neuen Fabrikstrukur. An dieser Stelle kommen die Dienstleistungen moderner Unternehmensplaner ins Spiel.
Die Initialzündung kommt vom Kunden
Solche Spezialisten konzipieren, planen und modellieren die Fertigungs-, Logistik- und Montageprozesse – so dass später alles optimal funktioniert und die geplante Wirtschaftlichkeit erreicht wird. Eine wichtige Methode bei den Gebäuden und Prozessen ist hierbei das BIM: Der Begriff steht für „Building Information Modeling“ (Bauwerksdatenmodellierung) und beschreibt eine moderne Vorgehensweise bei der vernetzten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden mit Software. BIM ist heute in modernen Bauprojekten unumgänglich. Die Bereiche Produktion, Montage, Logistik werden dabei für alle Maschinen und Anlagen vernetzt geplant. Sämtliche Komponenten, die Software, alle Maschinen und Anlagen werden im Detail spezifiziert und für die Herstellerfirmen ausgeschrieben.
Damit ist das Ziel aber noch lange nicht erreicht. Anschließend werden alle Angebote technisch, wirtschaftlich analysiert und bewertet. Die besten Lieferanten werden ausgewählt, um optimale Ergebnisse in den neuen Fabriken umzusetzen. So wird sichergestellt, dass die Produkte der Kunden qualitäts- und kostenoptimiert, perfekt und just-in-time produziert werden. Dabei entfaltet sich das volle BIM Potenzial mit einer „Planung von innen nach außen“, vom Prozess zum Gebäude.
Üblicherweise sind Fabrikplaner in mehreren Wirtschaftsbereichen tätig, was für einen branchenübergreifenden Know-how-Transfer sorgt. Wichtig dabei: Die Produktidee kommt überwiegend vom Kunden, der beispielsweise ein Werk für Batterien bauen möchte. Die Berater übernehmen dann die Konzept- und Detailplanung, erstellen die technischen Spezifikationen und organisieren die Ausschreibung – bis hin zur Realisierung. Im Kern geht es hier besonders auch um die Auslegung der Maschinen und Anlagen, die Optimierung der Prozesse und des Wertstroms, also die gesamte Dimensionierung. Die Lösung wird mit den Kunden gemeinsam erarbeitet. Er ist schließlich der Spezialist seines Produktes.
Ziel: effizienteste Nutzung der Maschinen
Vernetzte Großanlagen, Cloudlösungen und maschinelles Lernen – natürlich ist all dies kein Selbstzweck, um die großartigen, modernen Möglichkeiten der Technik auszunutzen. Schließlich geht es um klare Unternehmensziele: Effizienteste Auftragsabwicklung, gemessen an der Durchlaufzeit, geringe Produktionskosten, Fehlervermeidung, vorausschauende Wartung und Qualitätsprüfung – und dies alles noch robust und wandlungsfähig.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den eine digitale Fertigungslinie und unser Plan beinhaltet, ist das Erfassen und Verarbeiten von Daten. Ebenfalls mit Künstlicher Intelligenz und Algorithmen können hier Abweichungen einzelner Produktionsschritte oder ganzer Anlagen identifiziert werden. So lassen sich Schwankungen etwa von Temperaturen und Beschleunigungen aufzeigen und damit Fehler vermeiden, die eine Anlage beschädigen könnten oder zu schlechter Qualität führen. Das Erkennen von Defekten oder gar Crashs von mobilen Geräten und Maschinen sind daher Dinge, die besonders auf den Prüfstand gestellt werden – und zwar im Vorfeld. Schließlich ist alles ganzheitlich vernetzt und durchautomatisiert – und damit hochkomplex. Durch Simulationen schließt man daher bereits bei der Planung aus, dass einzelne Elemente kollidieren können und der Materialfluss gestört wird.
Sorgenkind Digitalisierung
Bei der Digitalisierung hinkt Deutschland hinterher – vor allem dort, wo die öffentliche Hand und der Staat in der Verantwortung stehen. Dieser Rückstand gilt jedoch nicht bei den internen Prozessen von Produktionsunternehmen. Da gehören wir zu den Technologieführern. An der handfesten und flächendeckenden Realisierung von Industrie 4.0 hapert es indes auch hier. Aus meiner Sicht fehlen die Risikofreude und der Mut sowie die Kenntnisse über das, was heute bereits alles möglich ist.
Das Gesamtkonzept von produzierenden Unternehmen wird sich radikal wandeln. Wir werden eine riesige Transformation erleben. Immer im Blick: die Effizienz, die Wertschöpfung, Kostenreduzierung und mehr Nachhaltigkeit.
Thomas R. Mayer ist Mitglied der Geschäftsführung des Beratungsunternehmens MR Plan. Die MR Plan Group konzipiert weltweit Produktionsstätten und ist an zehn Standorten tätig, mehrfach in Deutschland sowie in China und Ungarn. Die Bandbreite der Kunden reicht von der Automobil- über die Lebensmittel-, Luftfahrt-, Bahn- bis hin zur Schiffbauindustrie, inklusive deren Zulieferern.