Kontrolleure der Mittelverwendung im Visier der Anleger

Mangels klarer gesetzlicher Vorgaben findet die Rechtsprechung die Lösung in einer Auslegung des Mittelverwendungskontrollvertrages und den Grundsätzen des sogenannten Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte. Diese Grundsätze besagen nichts anderes, als dass ein Dritter ausnahmsweise aus einem Vertrag einen Schadensersatzanspruch herleiten kann, obwohl er selbst nicht Vertragspartei ist.

Wesentliche Voraussetzung hierfür ist, dass der Anleger in den Schutzbereich des Mittelverwendungskontrollvertrages einbezogen und dies für die Vertragsparteien erkennbar ist. Etwas konkreter lässt sich dies wie folgt auf den Punkt bringen.

Die notwendige Schutzwirkung für den Anleger ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn er den Mittelverwendungskontrollvertrag im Verkaufsprospekt lesen konnte und der Mittelverwendungskontrolleur wusste, dass der Vertragstext dort abgedruckt ist (Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 21. Juni 2011 – Az. 12 U 26/11). Diese Konstellation ist häufig anzutreffen.

Ferner muss der Anleger schutzbedürftig sein, das heißt er darf keinen identischen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegen andere Beteiligte, zum Beispiel die Treuhandgesellschaft, haben. Ein solcher Anspruch gegen den Treuhänder ist im Grunde zwar denkbar. In der Regel wird der Treuhänder aber von dem Fehlverhalten des MVK gar nichts wissen, weil sich die Kontrolltätigkeit nur zwischen MVK und Fonds abspielt. Einen Schuldvorwurf wird man diesem Treuhänder nicht machen können, sodass auch Haftung ausscheidet.

Außerdem ist eine in Mittelverwendungskontrollverträgen häufig zu findende Klausel, wonach eine Haftung des Kontrolleurs schon generell auf den Fall begrenzt wird, dass der Anleger zuvor erfolglos gegen weitere Beteiligte vorgegangen ist, vom Bundesgerichtshof bereits mehrfach als unwirksam eingestuft worden (Urteile vom 19. November 2009 – Az. III ZR 108/08, III ZR 109/08).

Rückabwicklung bei Verstoß gegen vorvertragliche Hinweispflicht

Was aber kann der Anleger nun aus einem Fehlverhalten des MVK herleiten? Wenig zielführend wäre es, wenn er nur den aus dem Fehlverhalten resultierenden „operativen“ Schaden geltend machen könnte. Es wäre für ihn in aller Regel ein Ding der Unmöglichkeit, den aus vertragswidrigen Auszahlungen des MVK resultierenden Schaden zu berechnen.

Die Rechtsprechung steht dem Anleger an dieser Stelle allerdings zur Seite: Sie geht davon aus, dass vertragswidriges Verhalten des MVK eine vorvertragliche Hinweispflicht gegenüber den Anlegern auslösen kann. Es ist der Verstoß gegen diese vorvertragliche Hinweispflicht, der eine Rückabwicklung erst ermöglicht. Die vorvertragliche Hinweispflicht bildet gleichsam das Herzstück dieses Haftungskonstrukts. Sie wird allerdings erst dann angenommen, wenn etwa der Zweck des Mittelverwendungskontrollvertrages (insgesamt) gefährdet ist oder aber feststeht, dass eine Mittelverwendungskontrolle bislang gar nicht stattgefunden hat.

Seite 3: Was geschieht, wenn der MVK seiner Hinweispflicht nicht nachkommt

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