Nach einem turbulenten Jahr 2022, geprägt von einem rasanten Zinsanstieg und unsicheren Kapitalmärkten, zeigen die Geschäftsberichte der Lebensversicherer für 2023 eine stabile Lage. Trotz eines anhaltend rückläufigen Neugeschäfts, insbesondere bei Einmalbeiträgen, und der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage – bedingt durch Inflation, gestiegene Lebenshaltungskosten und schwache Reallohnentwicklung – konnten Lebensversicherer ihre Stabilität bewahren, lautet das Fazit des Analysehauses.
Dank der wirksamen Mechanismen der Zinszusatzreserve sei es der Branche gelungen, die Auswirkungen der Marktbewegungen zu dämpfen. Dies spiegele sich auch in den aktuellen Ratingergebnissen wider, die erneut eine solide Sicherheitslage der Unternehmen bestätigen, auch wenn das durchschnittliche Wachstumsniveau weiterhin negativ ist.
„Die Lebensversicherer haben in einem herausfordernden Umfeld ihre Stabilität unter Beweis gestellt, was sich in einem leicht verbesserten Gesamtratingergebnis widerspiegelt“, erklärt Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik und Rating bei Morgen & Morgen.
62 Lebensversicherer im Fokus
Für das aktuelle Morgen & Morgen Rating LV-Unternehmen wurden 13 Bilanzkennzahlen von 62 Gesellschaften über den Fünfjahreszeitraum von 2019 bis 2023 unter die Lupe genommen. „Auf Basis dieser Kennzahlen liefert das Rating fundierte Aussagen zur Erfolgs-, Bestands- und Sicherheitslage der Unternehmen, die in den jeweiligen Teilratings bewertet werden. Dabei berücksichtigt die Auswertung komplexe Zusammenhänge und Wechselwirkungen der Bilanzkennzahlen. Jedes Unternehmen wird im Vergleich zu den anderen Marktteilnehmern anhand eines Benchmark-Systems bewertet, wobei die Benchmarks kontinuierlich an den Marktverlauf angepasst werden. Dies stellt sicher, dass die Ratingergebnisse stets die aktuelle Marktsituation widerspiegeln“, erklärt Saal den Ratingansatz.
Nur vier Versicherer sind schwach
Das Gesamtrating zeigt eine leichte Verbesserung in der Sterneverteilung – auch wenn eine Gesellschaft weniger mit fünf Sternen bewertet ist. Insgesamt wurden 18 Gesellschaften mit der Bestnote von fünf Sternen ausgezeichnet.
Gleichzeitig erhielten 29 Unternehmen eine Bewertung von vier Sternen, drei mehr als 2023. Im Mittelfeld, mit drei Sternen, sind mit elf Gesellschaften drei weniger als im vergangenen Jahr vertreten. Die niedrigste Bewertung von zwei Sternen vergab Morgen & Morgen erneut an vier Versicherer.
Sterneverteilung
M&M Rating LV-Unternehmen | Gesamtrating
Ratingbewertung | Anzahl der Unternehmen 2024 | Anzahl der Unternehmen 2023 | Anzahl der Unternehmen 2022 |
---|---|---|---|
5 Sterne – ausgezeichnet | 18 | 19 | 15 |
4 Sterne – sehr gut | 29 | 26 | 32 |
3 Sterne – durchschnittlich | 11 | 14 | 11 |
2 Sterne – schwach | 4 | 4 | 5 |
1 Stern – sehr schwach | 0 | 0 | 0 |
Teilrating Erfolg
Im Teilrating „Erfolg“, das den Geschäftserfolg und Anlageerfolg der Lebensversicherer betrachtet, erhielten 13 Gesellschaften die Bestnote von fünf Sternen; im Vorjahresvergleich ein Rückgang um vier Unternehmen bedeutet. Die Gruppe der Vier-Sterne-Gesellschaften ist auf 17 Versicherer angewachsen, fünf Unternehmen mehr als im Vorjahr.
Mit 18 Versicherern enthält die Drei-Sterne-Kategorie im Vergleich zu 2023 eine Gesellschaft weniger. Unverändert erhalten neun Unternehmen zwei Sterne. Die niedrigste Bewertung von einem Stern wurde an fünf Gesellschaften vergeben, was eine Verbesserung um eine Bewertung im Vergleich zum Vorjahr darstellt.
Sterneverteilung
M&M Rating LV-Unternehmen | Teilrating Erfolg
Ratingbewertung | Anzahl der Unternehmen 2024 | Anzahl der Unternehmen 2023 | Anzahl der Unternehmen 2022 |
---|---|---|---|
5 Sterne – ausgezeichnet | 13 | 17 | 13 |
4 Sterne – sehr gut | 17 | 12 | 18 |
3 Sterne – durchschnittlich | 18 | 19 | 18 |
2 Sterne – schwach | 9 | 9 | 9 |
1 Stern – sehr schwach | 5 | 6 | 5 |
Laut Saal greift das Analysehaus auf sechs Kennzahlen zurück, die den Geschäfts- und Anlageerfolg der Unternehmen darstellen. So führen aktuell der Rückgang im Neugeschäft und die geringeren Beitragseinnahmen zu einem Anstieg der Verwaltungskostenquote, während die Abschlusskostenquote weiterhin auf dem leicht höheren Niveau des Vorjahres bleibt.
Zudem habe der Zinsanstieg im Vorjahr zu einem Rückgang der Bewertungsreserven geführt, sodass im Saldo nur noch stille Lasten vorhanden waren. Auch in diesem Jahr sind laut M&M noch immer hauptsächlich Stille Lasten vorhanden, auch wenn die betragsmäßig geringer seinen als im Vorjahr. „Dies ist jedoch unproblematisch, da diese in der Regel nicht realisiert werden müssen. Dennoch führen punktuelle Abgangsverluste und Abschreibungen zu einer Verringerung der Nettoverzinsung“, erklärt Saal.
Nettoverzinsung verharrt auf niedrigem Niveau
Im Vergleich zum Vorjahr sieht M&M die Nettoverzinsung weiterhin auf niedrigem Niveau. Neben den Abgangsverlusten und Abschreibungen sei dafür insbesondere das Ausbleiben der Realisation von Bewertungsreserven ausschlaggebend, da kaum noch Bewertungsreserven vorhanden sind, schreibt das Analyshaus. Gleichzeitig sorge die in den vergangenen Jahren aufgebaute Zinszusatzreserve dafür, dass weniger Zinserträge notwendig waren.
Aufgrund der gestiegenen Zinsen musste die Zinszusatzreserve (ZZR) im Jahr 2023, wie bereits im Vorjahr, nicht weiter aufgebaut werden. Stattdessen konnten die meisten Versicherer die ZZR wieder verringern, was zu zusätzlichen Erträgen führte, die auch den Kunden zugute gekommen seien. Nachdem im Jahr 2021 noch rund 8,5 Milliarden Euro der ZZR zugeführt wurden, konnte diese in den Jahren 2022 und 2023 jeweils um mehr als drei Milliarden Euro reduziert werden.
Im Rating spiegelt sich dies in einer deutlich höheren Überschussquote wider, so Saal. „Trotz des weiterhin angespannten Kapitalmarktumfelds gibt es keinen Grund zur Sorge“, erklärt der Experte. „Die leicht gestiegene Zins-Überschussquote zeigt, dass das Zusammenspiel von sinkenden Kapitalerträgen und verringerten Anforderungen aus Garantien und der Zinszusatzreserve es den Versicherern ermöglicht, ihre Rechnungszinsanforderungen besser als im Vorjahr aus den Kapitalerträgen zu decken.“
Kennzahlen
M&M Rating LV-Unternehmen | Teilrating Erfolg
Jahr | Netto-verzinsung | Abschlusskosten-quote | Verwaltungskosten-quote | Überschuss-quote | Zins-Überschussquote | Zins-Risiko-Überschussquote |
---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2,2 | 5,4 | 3,0 | 11,8 | 0,6 | 2,7 |
2022 | 2,2 | 5,5 | 2,8 | 11,4 | 0,5 | 2,6 |
2021 | 3,4 | 4,9 | 2,6 | 8,3 | 0,3 | 2,5 |
2020 | 3,5 | 4,9 | 2,7 | 7,2 | 0,2 | 2,3 |
2019 | 3,7 | 4,9 | 2,7 | 8,6 | 0,4 | 2,6 |
2018 | 3,3 | 4,9 | 2,7 | 7,8 | 0,3 | 3,0 |
Teilrating Bestand
Im Teilrating „Bestand“ erhielten zwölf Gesellschaften die Bestbewertung von fünf Sternen erhalten, und damit eine weniger als im Vorjahr. Zugenommen hat hingegen die Vier-Sterne-Riege: Hier sind es nun elf und damit drei mehr als im Vorjahr. Das Mittelfeld der Drei-Sterne-Bewertungen umfasst 19 Gesellschaften, was einen Rückgang um zwei im Vergleich zu 2023 bedeutet.
14 Unternehmen erhielten zwei Sterne, zwei weniger als im Vorjahr. Die schlechteste Bewertung von einem Stern wurde an sechs Unternehmen vergeben, was eine Zunahme um eine Gesellschaft im Vergleich zum Vorjahr darstellt.
Sterneverteilung
M&M Rating LV-Unternehmen | Teilrating Bestand
Ratingbewertung | Anzahl der Unternehmen 2024 | Anzahl der Unternehmen 2023 | Anzahl der Unternehmen 2022 |
---|---|---|---|
5 Sterne – ausgezeichnet | 12 | 13 | 15 |
4 Sterne – sehr gut | 11 | 8 | 11 |
3 Sterne – durchschnittlich | 19 | 21 | 17 |
2 Sterne – schwach | 14 | 16 | 13 |
1 Stern – sehr schwach | 6 | 5 | 7 |
Laut M&M weist das Teilrating „Bestand“ für 2023 weiterhin einen negativen Trend aus. Da lohnt sich insbesondere ein Blick auf die Wachstums- und die Stornoquote. Sie zeigen, wie sich der Bestand eines Lebensversicherungsunternehmens entwickelt. Laut M&M bliebt die Wachstumsquote mit -1,9 Prozent im negativen Bereich, zeigt jedoch eine leichte Verbesserung im Vergleich zu -2,5 Prozent im Vorjahr.
Maßgeblich verantwortlich sei für den Rückgang des Neugeschäfts insbesondere das schwächelnde Einmalbeitragsgeschäft, so M&M. Ursächlich seien dafür attraktivere alternative Anlagemöglichkeiten (wie Zinsprodukte) und die gestiegenen Lebenshaltungskosten, die zu einer Konsumzurückhaltung der Verbraucher führen.
Angestiegen ist laut M&M auch die Stornoquote. Sie kletterte von 4,2 auf 4,5 Prozent in 2025. „Dies reflektiert die schwierige gesamtwirtschaftliche Situation, in der Verbraucher aufgrund der Inflation und der schwachen Reallohnentwicklung vermehrt bestehende Verträge auflösen“, so Saal.
Laut Morgen und Morgen zeigt die Wachstumsquote über die Jahre hinweg große Schwankungen. Neben dem generellen Kaufverhalten der Kunden spielt nach Angaben des Analysehauses das Einmalbeitragsgeschäft eine entscheidende Rolle. Dies würde einigen Versicherern bis zu 70 Prozent des jährlichen Beitragsvolumens ausmachen kann. „Diese Einmaleffekte führen zu den beschriebenen Schwankungen“, so Saal.
Kennzahlen
M&M Rating LV-Unternehmen | Teilrating Bestand
Jahr | Wachstumsquote | Stornoquote |
---|---|---|
2023 | -1,9 | 4,5 |
2022 | -2,5 | 4,2 |
2021 | 5,9 | 4,0 |
2020 | 3,6 | 4,4 |
2019 | 5,4 | 4,4 |
2018 | 2,7 | 4,2 |
Teilrating Sicherheit
Spannend ist der Blick auf die finanzielle Sicherheit der Gesellschaften: Anhand von fünf wesentlichen Kennzahlen betrachtet M&M ie finanzielle Stabilität und die Eigenkapitalunterlegung eines Versicherers im Hinblick auf eine mögliche Krise. Hierbei werden die SCR-Bedeckungsquoten nach Solvency II herangezogen. Anhand der Quoten wird ersichtlich, inwiefern die Solvenzkapitalanforderung (Solvency Capital Requirement, SCR) durch Eigenmittel abgedeckt werden kann. Zusätzlich zu den Solvency II-Quoten werden im Teilrating Sicherheit die Sicherheitsgrößen der HGB-Bilanz betrachtet.
Im Bereich der Sicherheit sind die Versicherer laut M&M gut aufgestellt. Die Bewertungsreserven sind zwar weiterhin hauptsächlich in Stille Lasten umgewandelt worden, jedoch sind diese im Vergleich zum Vorjahr betragsmäßig geringer. Einige Versicherer verfügen zudem wieder über positive Stille Reserven. Grundsätzlich sind Stille Lasten nicht dramatisch, da sie in der Regel nicht realisiert werden müssen. Dennoch kam es stellenweise zu Abschreibungen, was eine geringe Nettoverzinsung zur Folge hat.
Trotz der Umwandlung von Bewertungsreserven in Stille Lasten bleibt die Eigenmittelquote stabil mit einer leicht positiven Tendenz. Die Quote der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB), die eine Pufferfunktion für die Überschussbeteiligung erfüllt, ist im Vergleich zum Vorjahr weiterhin leicht gestiegen, auch dank des Abschmelzens der Zinszusatzreserve.
Auf weiterhin gutem Niveau befinden sich zudem die SCR-Bedeckungsquoten nach Solvency II. Die meisten Versicherer erreichen die aufsichtsrechtlichen Hürden auch ohne Erleichterungen bei der Berechnung der Quote. Mithilfe dieser Erleichterungen liegen alle im Rating bewerteten Versicherer deutlich über den Mindestanforderungen.
Sterneverteilung M&M Rating LV-Unternehmen
Teilrating Sicherheit
Ratingbewertung | Anzahl der Unternehmen 2024 | Anzahl der Unternehmen 2023 | Anzahl der Unternehmen 2022 |
---|---|---|---|
5 Sterne – ausgezeichnet | 51 | 50 | 47 |
4 Sterne – sehr gut | 6 | 8 | 7 |
3 Sterne – durchschnittlich | 2 | 2 | 6 |
2 Sterne – schwach | 2 | 2 | 3 |
1 Stern – sehr schwach | 1 | 1 | 0 |
Beim diesjährigen Teilrating, dass neben den Bedeckungsquoten nach Solvency II auf die Eigenmittelausstattung berücksichtigt, erhielten 51 Versicherer – Vorjahr 50 – fünf Sterne. Sechs Gesellschaften werden mit vier Sternen bewertet, das sind zwei Unternehmen weniger als letztes Jahr. Die Drei-Sterne-Riege besteht erneut aus zwei Unternehmen, ebenso die Zwei-Sterne-Riege. Einen Stern erhält erneut nur eine Gesellschaft.
Kennzahlen
M&M Rating LV-Unternehmen | Teilrating Sicherheit
Jahr | Eigenmittel- quote | RFB*-Quote | Bewertungs- reservequote | NEU: SCR-Quote netto / SCR-Quote ohne ÜM / SCR-Quote brutto** | SCR-Quote netto Gruppe / SCR-Quote ohne ÜM Gruppe / SCR-Quote brutto Gruppe** |
---|---|---|---|---|---|
2023 | 5,4 | 4,8 | -6,6 | 341/374/580 | 269/284/347 |
2022 | 5,2 | 4,5 | -10,0 | 334 / 370 / 628 | 265 / 279 / 348 |
2021 | 5,1 | 4,3 | 13,0 | 287 / 311 / 510 | 260 / 291 / 440 |
2020 | 5,2 | 4,5 | 18,3 | k.A. | k.A. |
2019 | 5,3 | 4,6 | 15,8 | k.A. | k.A. |
2018 | 5,5 | 4,5 | 9,4 | k.A. | k.A. |
**SCR (Solvency Capital Requirement / (Solvenzkapitalanforderung), ohne ÜM (ohne Übergangsmaßnahmen, aber mit Volatilitätsanpassung, sofern angewendet))/ © MORGEN & MORGEN GmbH | Stand: 10/2024
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