Multi Asset: „Wir können auf die Unternehmen setzen, die in einem positiven Umfeld operieren“

Foto: ACATIS

Durch die restriktive Geldpolitik der Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks in den letzten Jahren, haben nicht wenige Experten auf ein Wiedererstarken von Multi Asset gesetzt. Wir sprachen darüber mit Dr. Hendrik Leber, geschäftsführender Gesellschafter der ACATIS Investment, und Johannes Hesche, Leiter des qualitativen Portfoliomanagements und Executive Partner bei ACATIS Investment, sowie über die Positionierung der hauseigenen Mischfonds und über die Perspektiven für das Segment.

Im vergangenen Jahr wurde für 2024 ein Comeback von Multi Asset ausgerufen. Hat dieses aus Ihrer Sicht bereits stattgefunden oder warten wir noch darauf, dass das Segment reüssiert?

Hesche: Durch die Zinsanhebungen in den letzten Jahren wurden Mischfonds für Anleger wieder attraktiver, weil dadurch auf der Anleihenseite wieder höhere Renditen eingekauft werden konnten als zu Zeiten der Nullzinsniveaus. Und auch wenn in den vergangenen Monaten die Zinsen wieder etwas gesunken sind, finden wir noch ausgewählte Gelegenheiten in diesem Bereich. Generell sind wir aufgrund der Flexibilität, in verschiedene Assetklassen investieren zu können, optimistisch, in den nächsten Jahren attraktive Anlagechancen für unsere Mischfonds zu finden.  

Angesichts der jüngsten wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheiten – wie gehen Sie bei Acatis im Rahmen ihrer Multi-Asset-Strategie mit solchen Veränderungen um?

Leber: Für einen Fondsmanager ist das alles kein Problem, solange er weltweit investieren kann. Wir setzen darauf, dass die USA technologisch vorne bleiben und ihre Dominanz weiter ausbauen. Zudem finden wir in Europa und Asien individuelle Investmentchancen. Hier gibt es Unternehmen, die in ihrer Nische Weltmarktführer sind, aber noch unter dem Radar laufen – und daher gute Chancen für einen aggressiven Einstieg bieten. Die Freiheit in der Portfoliogestaltung bietet in dieser politisch unsicheren Phase eine große Chance. Wir können auf diejenigen Unternehmen setzen, die in einem positiven Umfeld operieren und zukunftsfähige Perspektiven haben.

Wie hat die Zinswende der Zentralbanken die Ausrichtung der vier Multi-Asset-Fonds von Acatis beeinflusst?

Hesche: Die Quote haben wir nicht maßgeblich verändert, aber die Struktur schon. Wir haben mehr Anleihen mit etwas längerer Laufzeit eingekauft, um uns Renditen und Zinskupons für die nächsten Jahre zu sichern. Am Ende ist für uns entscheidend, ob bei einer Aktie oder bei einer Anleihe, dass wir eine angemessene Rendite bei einem vertretbaren Risiko erwarten können. Dafür prüfen wir jedes Investment einzeln und entscheiden, ob wir investieren möchten. 

Welcher der vier Multi-Asset-Fonds, die Acatis anbietet, wird im Vertrieb besonders nachgefragt und warum?

Hesche: Eine Auswertung der Topseller-Listen von elf Maklerpools zeigt, dass im Oktober 2024 unser ACATIS Value Event Fonds sehr beliebt war, und das über verschiedene Assetklassen hinweg. Insgesamt landete unser Fonds in dieser Rangliste auf Platz 5, was mich sehr gefreut hat. Ich denke, die Beliebtheit liegt in der Anlagestrategie und natürlich auch in der Wertentwicklung des Fonds. Mit dem ACATIS Value Event möchten wir aktienähnliche, kontinuierliche Renditen erzielen, ohne jedoch die Nerven der Anleger zu strapazieren. 

Welche Assetklassen sind derzeit besonders attraktiv für Multi-Asset-Portfolios?

Leber: Wir suchen stets nach neuen Trends und Anlagen, die davon profitieren können. Geographisch betrachtet, wird auch in den nächsten Jahren kein Weg an den USA und verschiedenen Large Caps vorbeiführen. Chancen sehen wir zudem aber im chinesischen Markt und auch in Japan. Ein interessanter Bereich sind außerdem Small Caps, die in der letzten Zeit etwas vernachlässigt wurden. Auf Branchenebene favorisieren wir zurzeit den Gesundheits- und Pharmabereich, Infrastrukturwerte sowie Künstliche Intelligenz. Auch die Entwicklungen im Kryptobereich sind spannend. 

Diversifikation ist ein zentrales Element der Multi-Asset-Strategie. Wie gehen Sie bei der Auswahl und Kombination von Assetklassen vor, um ein ausgewogenes Portfolio zu schaffen?

Leber: Hier müssen wir die verschiedenen Fondsstrategien unterscheiden. Beim ACATIS Datini Valueflex Fonds bin ich beispielsweise sehr „offensiv“ positioniert. Diesen Fonds manage ich nur nach den Chancen, die der Kapitalmarkt bietet, und nicht nach Risiken. Entsprechend kann es zu größeren Schwankungen kommen. 

Hesche: Beim ACATIS Value Event Fonds ist unser Ziel hingegen, hohe Schwankungen in der Entwicklung zu vermeiden. Der Fonds soll sich vielmehr wie an einer geraden Linie gezogen nach oben entwickeln und dazu dient auch die Diversifizierung des Portfolios hinsichtlich der Kapitalisierung der Titel, der Wertpapier-Kategorien sowie der Laufzeiten und Arten von Events. 

Wie integrieren Sie alternative Anlageklassen wie Rohstoffe, Immobilien oder Private Equity in ein Multi-Asset-Portfolio?

Hesche: Das ist abhängig vom Fonds und besonders vom Portfoliomanager. Für den ACATIS Value Event Fonds setzen wir fast ausschließlich auf sehr liquide, rentierliche Investments. Das heißt, Aktien, Anleihen und Cash. 

Flexibler sind wir beim ACATIS Datini Valueflex Fonds, beim ACATIS Fair Value Modulor Vermögensverwaltungsfonds und beim ACATIS Value Performer. Je nach Fonds investieren wir hier beispielsweise auch in Kryptowährungen oder Wertpapiere zum Schutz gegen eine steigende Inflation. Rohstoffe, wie das Edelmetall Gold, sind ein Spezialbereich, den wir nur im ACATIS Value Performer umsetzen. 

Acatis beschäftigt sich bereits seit einiger Zeit mit dem Thema Künstliche Intelligenz im Asset Management. Welchen Beitrag kann KI für das Portfolio-Management von Multi-Asset-Fonds leisten und wie setzt Acatis diese ein?

Leber: Bei unseren Mischfonds dient die Künstliche Intelligenz bisher nur als Ideengeber für die aktiven Portfoliomanager. Eine richtige Anwendung erfolgt hingegen bei unseren Aktienfonds ACATIS AI Global Equities und ACATIS AI US Equities, wo die Künstliche Intelligenz die Analysearbeit eines Value Investors vollständig übernimmt und für die Titelauswahl und für die Portfoliogestaltung verantwortlich ist. Und beim ACATIS Global Value Total Return setzen wir die Künstliche Intelligenz teilweise zur Vorauswahl der Titel ein, Mensch und Maschine arbeiten hier zusammen. 

Welche Rolle spielen ESG-Kriterien bei den Multi-Asset-Fonds von Acatis?

Leber: Unsere Mischfonds sind in unterschiedliche Nachhaltigkeitskategorien nach der EU-Offenlegungsverordnung klassifiziert. Somit kann jeder Investor für sich entscheiden, wie nachhaltig er anlegen möchte. Denn über viele Themen und Toleranzgrenzen kann sicherlich lange gestritten werden, was wann als nachhaltig gilt oder bereits nicht mehr. Unser strengster nachhaltiger Mischfonds ist der ACATIS Fair Value Modulor Vermögensverwaltungsfonds, der in Artikel 9 eingruppiert ist, aber noch strengere Kriterien anlegt als dazu erforderlich wäre. Unser ACATIS Value Event Fonds ist auf der Nachhaltigkeitsskala in der Mitte angesiedelt und somit in Artikel 8 eingruppiert, der ACATIS Value Performer und der ACATIS Datini Valueflex Fonds sind beide Artikel-6-Fonds. 

Wie sehen Sie die Zukunft des Multi-Asset-Investierens? Gibt es bestimmte Assetklassen oder Märkte, die in den kommenden Jahren besonders relevant werden könnten?

Leber: Die Welt befindet sich im Umbruch, in den USA ist ein neuer Präsident gewählt, in Europa herrscht Krieg, im Nahen Osten und zwischen China und Taiwan schwelen ebenfalls Konflikte. Ein starr anlegender Welt-ETF reicht für dieses Umfeld nicht aus, sondern es bedarf eines aktiven Fondsmanagers, der analysiert und entscheidet. Multi-Asset-Fonds bieten den Vorteil, dass die Auswahl an Investments sehr groß ist, sodass wir die Portfolios gut an sich ändernde Rahmenbedingungen anpassen können. Bei Acatis liegt unser Fokus aber grundsätzlich auf Aktien. In den nächsten zehn Jahren erwarte ich deutliche technologische Fortschritte, besonderes bei der künstlichen Intelligenz, der Medizin und der grünen Erneuerung. Aktien von Unternehmen, die bisher links liegen gelassen wurden, bieten dabei enormes Aufholpotenzial.

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