„Die Welt wartet nicht auf uns“, sagte Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache. Die schnelle Bildung einer neuen deutschen Regierung ist wichtig, um in der laufenden Diskussion über den Umbau der Eurozone mitreden zu können. Bisher haben sich vor allem Frankreichs Staatspräsident Macron und die Europäische Kommission geäußert.
Es ist wahrscheinlich, dass es in 2018 weitere Schritte geben wird, beispielsweise zu den Plänen einer Europäischen Verteidigungsunion. Insgesamt sollten diese Entwicklungen die Eurozone stabilisieren.
Risiken für Kapitalmärkte
Anfang März kann jedoch die Parlamentswahl in Italien zu einer Herausforderung für die Eurozone werden. Derzeit liegt ein Bündnis aus Forza Italia und Lega Nord in den Umfragen vorn. Auf dem zweiten Platz folgt die Fünf-Sterne-Partei Beppe Grillos. Allen gemein ist eine Euro- beziehungsweise europakritische Einstellung. Zwar ist ein Austritt Italiens aus der Eurozone unwahrscheinlich, Turbulenzen an den Börsen können aber trotzdem entstehen.
Zudem können geopolitische Aspekte jederzeit für einen zwischenzeitlichen erheblichen Verlust sorgen. Potenzial dafür haben beispielsweise der Nordkorea- und der Nahost-Konflikt. Auch die derzeitigen Unruhen im Iran könnten über eine Destabilisierung des Landes, möglichen Auswirkungen auf die Golfregion und daraus resultierenden Ölpreissteigerungen für Belastungen an den internationalen Börsen sorgen.
Inflation
Das aus heutiger Sicht größte Risiko liegt jedoch in der Unterschätzung der zu erwartenden Preissteigerungsraten. Die Inflation könnte bis Ende 2019 das Zünglein an der Waage sein. Sollte sie wie erwartet getrieben durch steigende Löhne und Rohstoffpreise sowie steigende Kapazitätsauslastungen nur langsam weiter anziehen, wären keine negativen Auswirkungen auf die Kapitalmärkte zu erwarten.
Angesichts der überaus positiven konjunkturellen Entwicklung ist jedoch auch ein – eventuell sogar deutliches – Überschießen über die von der EZB und Fed avisierte Zwei-Prozent-Marke nicht auszuschließen. Das würde über stärker steigende Zinsen, teurere Refinanzierungen und höhere Bewertungen nachhaltige negative Auswirkungen auf Aktien, Immobilien und alle anderen im Zuge der Nullzinsphase im Kurs stark angestiegenen Anlageklassen haben.
Aktienmärkte 2018
Aus heutiger Sicht wiegen die Vorteile der Aktienmärkte gegenüber anderen Anlageklassen jedoch noch sehr schwer. Für einen länger anhaltenden negativen Trend fehlen bisher die Argumente. Doch kann es 2018 zu einer allgemeinen Euphorie unter den Marktteilnehmern kommen.
Dafür müssten allerdings zunächst die Kurse in kurzer Zeit stark steigen. Noch nicht ausreichend investierte beziehungsweise bisher skeptische Anleger würden den Eindruck gewinnen, von den stetig steigenden Notierungen nicht ausreichend zu profitieren, was zu Panikkäufen führen würde.
In der Berichterstattung würden die positiven Nachrichten überwiegen. Die Börse könnte heiß laufen, eine Korrektur wäre das Ergebnis. In 2017 haben die Kryptowährungen Bitcoin & Co. einen vergleichbaren Verlauf gezeigt. Die gute Nachricht: bis dahin gäbe es noch einige Kursgewinne zu erzielen.
Carsten Mumm ist Chefsvolkswirt der Privatbank Donner & Reuschel
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