Was für ein Tag! Erst wurde am frühen Vormittag deutscher Zeit klar, dass die US-Amerikaner Donald Trump wieder zu ihrem Präsidenten gewählt hatten. Dann kündigte am Abend Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Entlassung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) an. Die rot-grün-gelbe Regierungskoalition, kurz Ampel, war damit knapp drei Jahre nach ihrem Start geplatzt.
Die Rede ist vom 6. November 2024, kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe*. Damit war auch klar, dass dieser Artikel noch einmal umgeschrieben werden muss. Geplant gewesen war er als Zwischenbilanz der Finanzdienstleistungsbranche zur Ampel vor dem Jahr der nächsten Bundestagswahl, die ursprünglich auf Ende September 2025 terminiert war. Nun werden die – vor dem 6. November eingeholten – Statements aus der Branche zur Endabrechnung.
Diese fällt zwar nicht unbedingt positiv, aber doch überwiegend überraschend milde aus. „Es wäre natürlich nicht besonders schwer, in das Ampel-Bashing einzusteigen“, hatte etwa Frank Rottenbacher, Vorstand des Vermittlerverbands AfW Ende Oktober zu Protokoll gegeben. Er verzichtete jedoch darauf.
Allerdings: „Die Koalition ist hinter ihren Zielen aus dem Koalitionsvertrag zurückgeblieben. Denn dort stand, dass die Ampel ‚das System der privaten Altersvorsorge grundlegend reformieren‘ wollte.“ Wenn das Altersvorsorgedepot es nicht mehr durch den Bundestag schaffe (wovon inzwischen wohl auszugehen ist), sei von diesem Ziel „nichts übrig geblieben“, so Rottenbacher. „Auch für neue Selbständige sollte eine Pflicht zur Altersvorsorge eingeführt werden – ohne Erfolg“, kritisierte er.
„Sehr früh gegen ein Provisionsverbot ausgesprochen“
„Ich möchte aber herausheben, dass sich die Bundesregierung beim Thema Retail Investment Strategy beziehungsweise Kleinanlegerstrategie klar auf die Seite der Versicherungsmakler gestellt hat“, betonte Rottenbacher. „Hier hat sich das FDP-geführte Finanzministerium mit Finanzminister Lindner und seinem parlamentarischen Staatssekretär Florian Toncar sehr früh gegen ein Provisionsverbot für Versicherungsmakler beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten ausgesprochen und diese Position sogar offensiv vertreten“, so der AfW-Vorstand. Toncar gehört wie Lindner der FDP an und hat das Finanzministerium inzwischen ebenfalls verlassen.
Auch Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands deutscher Versicherungskaufleute (BVK), hatte sich verhalten positiv geäußert: „Die bisherige Arbeit der Bundesregierung war häufig geprägt von schwierigen Entscheidungsfindungsprozessen aufgrund unterschiedlicher Positionen innerhalb der Ampel-Koalition. Dennoch gab es auch positive Aspekte im Hinblick auf das Themenfeld Versicherungsvertrieb“, schrieb er auf die Cash.-Anfrage zur Ampel-Zwischenbilanz.
„Der Einsatz der Bundesregierung (insbesondere des FDP-geführten Bundesfinanzministeriums) gegen generelle EU-Provisionsverbote im Rahmen der Kleinanlegerstrategie, war für die Versicherungsvermittler sehr positiv.“ Zudem habe die Bundesregierung endlich Reformen bei der Altersvorsorge und Rentenpolitik angestoßen, die der BVK trotz einiger Kritikpunkte grundsätzlich begrüßte. Was daraus wird, ist nun allerdings offen.
„Beginn der Ampel einer ihrer besten Momente“
Auch für Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des Votum-Verbands, stand das Thema Provisionsverbot an erster Stelle: „Der Beginn der Ampelkoalition war einer ihrer besten Momente. Die Tatsache, dass der Koalitionsvertrag keine Eingriffe in die Vergütungssysteme von Versicherungs- und Kapitalanlagevermittlern vorsah, war von erheblicher Bedeutung. Zumal die BaFin zuvor auf die Einführung eines Provisionsdeckels gedrängt hatte und bis heute dazu neigt, sich zum Ersatzgesetzgeber aufzuschwingen.“
Auch er sah vor allem die Arbeit der FPD positiv: „Die klare Positionierung, die das Bundesfinanzministerium auch in der weiteren Regierungsarbeit beibehielt, ist hier lobend hervorzuheben“, so Klein. Neben der Ablehnung des Provisionsverbots habe es auch im Rahmen eines BaFin-Merkblatts zu „wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten“ die „beabsichtigten überzogenen Eingriffe des ersten Entwurfs spürbar eingegrenzt“, so der Votum-Chef weiter.
*Dieser Artikel stammt aus der Cash.-Ausgabe 12/2024.