Nachfolge bei Beratern: Diese Maßnahmen helfen sofort

Matthias Schmidt, CEO der Kompass Group
Foto: Kompass Group AG
Matthias Schmidt: "Gut aufgestellte, profitable Finanzdienstleister mit guten Kunden sind gefragt wie nie"

Die Babyboomer gehen nach und nach in Rente. Auch im Versicherungsvertrieb sind viele Berater weit über 50. Welche Maßnahmen auch alteingesessenen Finanzdienstleistern neues Wachstum bringen und worauf Berater achten müssen, um ihren Unternehmenswert zu steigern, erklärt Matthias Schmidt, CEO der Kompass Group Deutschland.

Wenn Kunden lange Zeit bei einem Versicherungsunternehmen bleiben, ist dafür oft die Beraterin oder der Berater verantwortlich: Wer Leistungen gut erklären kann und im Schadensfall unterstützend zur Seite steht, hat bei Kunden einen Stein im Brett. Aus diesem Grund sind wir überzeugt davon, dass die Versicherungswirtschaft auch in Zukunft von echten menschlichen Beziehungen geprägt sein wird.

Doch was, wenn der Ruhestand immer näher rückt? In den vergangenen Jahren ist Bewegung in den Markt für Finanzdienstleister gekommen – Versicherungsbestände sind gefragt. Allein die Kompass Group hat während der vergangenen Jahre rund zwanzig Unternehmen übernommen.

Daten sind Schätze, bereiten Sie sie auf!

Unserer Erfahrung nach tun Berater alles, um die Beziehungen zu Kunden zu pflegen. In manchen Bereichen hat sich über die Jahre aber auch oft eine gewisse Betriebsblindheit eingestellt. Worauf Berater über 50 achten müssen, um ihr Unternehmen langfristig fit für eine Geschäftsübergabe zu machen, erkläre ich an dieser Stelle. Zusätzlich helfen die Tipps auch dem laufenden Geschäft und eröffnen neue Chancen.


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Wenn große Unternehmen kleinere und mittlere Finanzdienstleister aufkaufen, legen sie ein Hauptaugenmerk auf die Bestände. Doch nur wenn Kundendaten vollständig und aktuell sind, gelingt es auch nach dem Verkauf noch auf unkomplizierte Weise, mit Kunden in Kontakt zu treten. Auch bevorzugte Wege der Kontaktaufnahme hinterlegen findige Berater bereits in ihren Kundendaten. Auch wenn Datenbestände in den vergangenen Jahren stetig (und wenig strukturiert) gewachsen sind und das Alltagsgeschäft reibungslos funktioniert, lohnt es sich, auf eine spezialisierte Software für Makler zu setzen. Daten auf diese Weise digital zu sammeln, eröffnet Beratern gleich mehrere Möglichkeiten. Erstens wird es leichter, dass Mitarbeiter oder Geschäftspartner auf Anhieb damit arbeiten können und zweitens fällt ein ganz großer Nachteil weg, wenn es einmal darum geht, das eigene Unternehmen zu verkaufen.

Stichwort Geschäftspartner: Berater, die im Team eine kleine Versicherungsagentur verantworten, sollten das Thema der Ruhestandsplanung unbedingt gemeinsam besprechen. Nicht selten erleben wir es, dass sich Geschäftspartner über den Zeitpunkt des Ruhestands oder wie eine Geschäftsübergabe konkret gestaltet werden soll, uneinig sind. Wenn Geschäftspartner einen gemeinsamen Fahrplan für die Nachfolge erarbeiten, wird in der Regel sowohl das Alltagsgeschäft als auch eine spätere Übergabe einfacher. Auch Teilzeitregelungen oder eine verlängerte Übergangsphase nach dem Verkauf des eigenen Unternehmens sind bei vielen Käufern verhandelbar – dafür müssen sich die Geschäftsführer allerdings einig sein. Gerade hier gilt also: Kommunikation ist alles!

Berater sollten ihre Spezialisierung nach außen tragen

Eine weitere Aufgabe, die Vermittler schon weit vor dem Verkauf ihres Unternehmens in Angriff nehmen können, sind die Maklerverträge. Oft kommt es vor, dass diese nicht aktuell sind, rechtlich nicht mehr bindende Klauseln enthalten oder Daten nicht stimmen. Wer Maklerverträge aktualisiert, kann neben den genannten Details auch darauf achten, dass bestimmte Maklerpools in den Datenschutz-Regelungen bereits berücksichtigt sind. Sollen die Bestände zu einem späteren Zeitpunkt übertragen werden und decken die Maklerverträge dieses Szenario bereits ab, geht der Verkauf für alle Beteiligten einfacher vonstatten. Das rechnet sich für Verkäufer nicht selten gleich doppelt – es entsteht dann weniger Arbeit und es gibt gute Argumente für die Preisverhandlung.

Neben aktuellen Daten und der Digitalisierung der Bestände können Berater auch ihr eigenes Profil schärfen: Nicht selten gibt es dafür bereits Punkte, an denen man ansetzen kann. Wer etwa eine Agentur in der Nähe von Industriestandorten führt, hat womöglich bereits viele Ingenieure als Kunden. Weitere Berufsgruppen mit erhöhtem Beratungsbedarf sind Ärzte oder auch Handwerker. Für Vermittler kann es sich lohnen, eine bereits vorhandene Spezialisierung auch nach außen zu kommunizieren und das Engagement mit dieser Zielgruppe weiter auszubauen.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Berater können auf diese Weise zu Spezialisten werden, die ihren Kunden Mehrwerte bieten. Je mehr Kunden mit einem ähnlichen Anforderungsprofil man hat, desto größer sind Synergieeffekte. Kurz vor dem Ruhestand zahlt sich eine solche Spezialisierung ebenfalls aus. Der Grund: Viele Käufer von Finanzdienstleistern haben es auf spezialisierte Übernahmeziele abgesehen. Wer sein Profil schärft, verdient mehr und erzielt vorm Ruhestand zudem einen höheren Verkaufspreis.

Käufer favorisieren Teamwork statt „One-Man-Show“

Um den späteren Verkaufspreis zu heben, gibt es noch weitere Maßnahmen. Eine davon ist der Fokus auf laufende Einnahmen. Wer Bestandsprovisionen vereinnahmt, die beständig sprudeln, profitiert nicht nur von konstanten Cashflows und der damit einhergehenden Sicherheit, sondern er kann sein Alltagsgeschäft auch viel strategischer planen. Statt ständig Neukunden akquirieren zu müssen, können Vermittler mit einem hohen Anteil laufender Einnahmen neue Kundengruppen ins Visier nehmen oder sich in bestimmten Bereichen weiterbilden.

Laufende Einnahmen sind das beste Mittel gegen das Hamsterrad, in dem sich viele Berater noch immer befinden, weil sie täglich auf der Suche nach Neukunden sind, statt ihr Unternehmen mit Plan voranzubringen. Da Übernahmepreise nicht selten auch auf Basis dieser laufenden Einnahmen kalkuliert werden, lohnt es sich doppelt, hierauf den Fokus zulegen.

Auch wer nur selten an den eigenen Ruhestand denkt, sollte sich die Frage stellen, ob es nicht Sinn macht, bestimmte Aufgaben zu delegieren und Prozesse zu vereinheitlichen. Gerade, wenn sich Berater bisher oft auf ihre Erfahrung verlassen haben und sich eher „hemdsärmelig“ um ihre Kunden gekümmert haben, könnte es Sinn machen, etwas mehr Struktur ins eigene Unternehmen zu bringen. Dazu gehören etwa Checklisten, welche Daten von Kunden erfragt werden sollen, Gesprächsleitfäden für regelmäßige Telefonate und auch die Möglichkeit, bestimmte Aufgaben zu delegieren.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Unternehmensübergabe deutlich reibungsloser läuft und Versicherte viel schneller mit den neuen Eigentümern warm werden, wenn die Beratung in der Vergangenheit keine „One-Man-Show“ war. Ganz nebenbei entstehen so Spielräume für flexible Arbeitszeitmodelle, wie etwa Altersteilzeit oder die Arbeit im Tandem, etwa um einen jungen Berater und potenziellen Nachfolger schon einmal einzuarbeiten.

Ruhestand als große Chance

Der demografische Wandel trifft auch die Versicherungswirtschaft. Glücklicherweise müssen Berater keine Sorge haben, dass sie für ihr Lebenswerk keine Nachfolger finden. Aktuell drängen Investoren aus der ganzen Welt auf den Markt, um ihn zu konsolidieren. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass sich potenzielle Käufer bei Beratern melden. Unternehmen, die dann mit gut gepflegten Datenbeständen, aktuellen Maklerverträgen, zeitgemäßen Prozessen und hohen wiederkehrenden Einnahmen punkten können, können den Verkaufsverhandlungen entspannt entgegenblicken – ein Großteil der Hausaufgaben ist nämlich mit den Tipps aus diesem Artikel bereits erledigt.

Was noch zu tun ist, wenn ein Verkauf innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre ansteht, worauf der Steuerberater achten sollte und wie es gelingt, bestmögliche Verkaufserlöse zu erzielen, erklären wir in der nächsten Ausgabe. So viel ist sicher: Gut aufgestellte, profitable Finanzdienstleister mit guten Kunden sind gefragt wie nie. Für Berater ist der Ruhestand eine große Chance.

Der Autor Matthias Schmidt ist CEO der Kompass Group Deutschland AG.

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