Nachranganleihen von Banken und Versicherungen gehören seit Jahren zu den gefragten Instrumenten unter institutionellen und mit wachsender Nachfrage bei privaten Anlegern (sofern Handelbarkeit und Mindestanlagevolumen von der Depotbank angeboten werden), die auf der Suche nach attraktiven Renditen sind. Diese Anleihen bieten eine attraktive Risikoprämie im Vergleich zu vorrangigen Anleihen, da sie im Falle einer Liquidation oder Insolvenz des Emittenten nachrangig bedient werden. Trotz dieser niedrigen Priorität genießen Anleger ein weitgehend stabiles Umfeld, das durch robuste Kernkapitalquoten und weitere regulatorische Anforderungen gestützt wird.
Die derzeitige makroökonomische Lage spielt eine entscheidende Rolle für die Attraktivität von Nachranganleihen. In den USA deutet ein gewolltes „Soft Landing“ darauf hin, dass die Wirtschaft eine sanfte Abkühlung ohne Rezession erleben könnte. Dieses Szenario stärkt das Vertrauen in Finanzmärkte, während die Zinssenkungspolitik der Fed zusätzliche Impulse setzt. Die Europäische Zentralbank (EZB) zeigt ein vergleichbares Bild, wenn auch mit schwächeren Wachstumsprognosen für die Eurozone. Zinssenkungen von 75 bis 100 Basispunkten bis Mitte 2025 sind realistische Erwartungen, was die Refinanzierungsbedingungen für Banken und Versicherungen weiter verbessern werden.
Die Attraktivität von Nachranganleihen wird durch die stabilen Fundamentaldaten des Bankensektors gestützt. Die Kernkapitalquoten liegen mit rund 18 Prozent weit über den Mindestanforderungen, was auf eine solide Kapitalausstattung hinweist. Die NPL-Quoten (Non-Performing Loans) zeigen mit rund zwei Prozent weiterhin ein niedriges Niveau. Während Nachranganleihen zwar immer noch mit einer Prämie gehandelt werden, sind diese Spreads im Vergleich zu früheren Jahren spürbar zurückgegangen. Dennoch bleiben die Einstandsrenditen attraktiv, insbesondere wenn man die derzeitige Entwicklung der Zinserträge betrachtet.
Die regulatorischen Rahmenbedingungen sind entscheidend für die Stabilität und Attraktivität von Nachranganleihen. Mit der ab 2025 in Kraft tretenden CRR III-Reform (Capital Requirements Regulation) stehen Banken vor zusätzlichen Anforderungen, die ihre Eigenkapitalausstattung weiter stärken sollen. Diese Reform erhöht die Eigenkapitalunterlegungspflichten, wodurch die Risikotragfähigkeit der Banken verbessert wird. Dies bedeutet einerseits eine größere Sicherheit für Anleihegläubiger, könnte jedoch auch zu einem moderaten Anstieg der Refinanzierungen mit tendenziell ansteigenden Refinanzierungskosten für Banken führen. Ein weiterer Punkt ist der antizyklische Kapitalpuffer, der dazu dient, Risiken in Aufschwungsphasen abzufedern. Obwohl dieser Puffer in den letzten Jahren leicht zurückgegangen ist, bleibt er ein wichtiges Element zur Stabilisierung des Finanzsystems. Besonders für Anleger von AT1-Anleihen ist die Entwicklung des MDA-Buffers (Maximum Distributable Amount) entscheidend. Dieser Puffer ermöglicht es Banken, Kupons auf AT1-Anleihen sowie Dividenden und Boni zu bedienen, und liegt derzeit zum Teil über den regulatorischen Mindestanforderungen.
Auch Fusionen und Übernahmen (M&A) im Bankensektor bleiben ein entscheidender Treiber für strategische Entwicklungen und eröffnen Anlegern neue Möglichkeiten. Während frühere Gespräche über einen Zusammenschluss von Unicredit und der Commerzbank mittlerweile mit begründeten Fragezeichen unterlegt sind, rückt eine potenzielle Fusion von UniCredit mit der viertgrößten italienischen Bank Banco BPM in den Fokus. Diese Entwicklung zeigt, dass Banken verstärkt M&A-Strategien nutzen, um Marktanteile auszubauen, Synergien zu realisieren und sich auf veränderte Marktanforderungen einzustellen. Für Anleger bieten diese Aktivitäten Chancen, da sie oft mit einer Neuausrichtung der Refinanzierungsstrategien einhergehen. Neue Nachranganleihen, die im Zuge solcher Fusionen ausgegeben werden, könnten attraktive Renditen mit stabilen Fundamentaldaten kombinieren. Die aktuelle M&A-Dynamik ist jedoch erst am Anfang, und die Investmentstory für das Jahr 2025 bleibt spannend. Anleger sollten diese Entwicklungen somit genau beobachten.
Zentraler Baustein in einem breit aufgestellten Investmentportfolio
Die Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien (Environmental, Social, Governance – ESG) in der Finanzwelt nimmt stetig zu, und Nachranganleihen von Banken und Versicherungen sind keine Ausnahme. Finanzinstitute setzen zunehmend auf nachhaltige Emissionen, um ihre ESG-Bilanzen zu verbessern und den steigenden Anforderungen seitens Investoren und Regulatoren gerecht zu werden. Der Markt für grüne Anleihen von Banken wächst kontinuierlich.
Nachranganleihen von Banken und Versicherungen bieten Anlegern daher weiterhin ein attraktives Renditepotenzial in einem stabilen Umfeld. Die Kombination aus günstigen makroökonomischen Bedingungen, robusten Fundamentaldaten und fortschreitenden Regulierungen sorgt für ein geringes Ausfallrisiko bei gleichzeitig attraktiven Einstandsrenditen. Mit der richtigen Diversifikationsstrategie und einem Blick auf nachhaltige Aspekte können diese Papiere ein zentraler Baustein in einem breit aufgestellten Investmentportfolio sein.
Jens Franck ist Leiter Portfoliomanagement und Partner bei dem Hamburger Fixed-Income-Spezialisten Nordix AG.