„Der Nachwuchsmangel ist hausgemacht“

Cash. hat mit Riccardo Wagner, Vorstand der Brancheninitiative Traumberuf Makler – Pro Maklerberatung (Bitma), über die Ursachen des Nachwuchsproblems und aktuelle Pläne des Verbands gesprochen.

 Worin sehen Sie den Nachwuchsmangel begründet?

Der demografische Wandel betrifft alle Bereiche unserer Gesellschaft und macht daher auch vor der Versicherungsbranche nicht halt. Dass er sich vor allem im Vertrieb und Beratung so massiv auswirkt ist hausgemacht. Eine gefährliche Mischung aus Imageproblemen und aktiv erworbenem Reputationsverlust plus Untätigkeit dem Entgegenzuwirken, was seit mittlerweile Jahrzehnten als Aufgabenberg immer größer wird.

Die Assekuranz hat es, ähnlich den Banken, geschafft sich im Sinne der gesellschaftlichen Akzeptanz und Legitimation ordentlich ins Abseits zu spielen, weil jahrzehntelang Intransparenz, Dialogverweigerung und schlechte Beratungsqualität, die öffentliche Meinung geprägt haben. Was im Übrigen nicht heißt, dass alle Berater schlecht gearbeitet haben und nicht ein Großteil der Kunden zumindest passiv zufrieden gewesen ist. Doch genau hier liegt das Problem. Unsere Branche hat sich entweder nicht dafür interessiert, wie sie gesehen wurde, oder damit sogar noch kokettiert und sich darauf zurückgezogen, dass man dafür ordentlich Geld verdient.

Oder im anderen Fall hat sie sich damit begnügt, sich als zu unrecht gescholtenes Kind zu inszenieren und ebenso wenig nach den Ursachen gefragt und schon gar nicht angefangen etwas dagegen zu tun.

Die Assekuranz ist jahrzehntelang auf ihre eigene PR reingefallen, hat sich darauf ausgeruht der Fels in der Brandung zu sein und damit beruhigt, dass das Kerngeschäft ja schließlich auf Basis von Vertrauen und Nachhaltigkeit gemacht wird. Leider hat sie übersehen, dass die Menschen ihr das nicht mehr abkaufen und längst über wesentlich mehr reden als darüber, ob man sein Geld nach 30 Jahren mit ordentlichen Zinsen wiederbekommt. Und nicht wenige Führungskräfte, die sich jetzt plötzlich überschlagen mit Nachwuchsgewinnungsideen, sind schlicht Schuld an der Misere, weil die Verantwortung, die sie zumeist schon länger in ihrem Unternehmen oder Verband tragen, offensichtlich nicht wahrgenommen haben.

Es ist kein Geheimnis, dass Unternehmen Verantwortung und Transparenz zeigen müssen, um sich für Mitarbeiter interessant zu machen. Hier setzt die gesamte Branche nicht gerade Standards, um nicht zu sagen verschläft die Trends, die gesamtgesellschaftlich unter dem Begriff Unternehmensverantwortung und einem erweiterten Nachhaltigkeitsbegriff gerade intensiv vorangehen.

 

Inwieweit verstärkt das schlechte Image der Branche den Nachwuchsmangel in der Beraterschaft?

Der Anreiz für und mit Versicherungen zu arbeiten kann aus den vorgenannten Gründen nicht für viele junge Menschen spannend sein, weil bis heute aus der Branche kein Signal kommt, dass sie verstanden hat, was eigentlich das Problem ist. Auch deshalb sind wir mit der Bitma unterwegs, um hier neue Ideen und Konzepte zu liefern.

 

Wie wirkt sich die fortschreitende Regulierung Ihrer Meinung nach auf die Nachwuchsfrage aus? Denken Sie, dass die strengen Regularien junge Menschen eher abschrecken oder die gestiegenen Qualifikationsanforderungen das Berufsbild des Maklers stärken und sich so positiv auf das Image auswirken?

Also die Regulierung als Kernhindernis zu sehen ist, denke ich, auch schon wieder ein Denkfehler. Sicher hat sie Einfluss und ein enges Korsett zieht keiner gern an. Aber die Hauptgründe liegen, denke ich, im generellen gesellschaftlichen Stand der Assekuranz, den ich geschildert habe.

Steigende Qualitätsanforderungen, die aber idealerweise von der Branche selbst getrieben werden, sind ein wichtiges Signal pro Ernsthaftigkeit und für den Wandel hin zu mehr Verantwortung und damit auch für Glaubwürdigkeit und eine bessere Reputation. Hier hat die Branche aber längst nicht das Ruder so in der Hand, wie es sein könnte.

 

Aus der ersten Idee Traumberuf Makler ist 2010 der Verband Bitma geworden. Welche konkreten Erfolge können Sie bisher verbuchen?

Als unseren Erfolg können wir verbuchen, dass wir unsere Themen und Ansichten in der Branche breit platzieren konnten und diese auch mit vielen wichtigen Unternehmen und Verbänden diskutieren konnten, wobei unsere Ansichten und Konzepte ausnahmslos bestätigt wurden. Ein Erfolg ist auch, dass wir mit unseren recht weitgehenden Anforderungen Mitglieder und Partner gewonnen haben – wenn es an der Stelle aber auch gern mehr hätten sein dürfen, die nicht nur Reden, sondern auch etwas tun. Aber selbst diese Bestätigung nehmen wir gern an, denn sowohl Makler als auch Versicherer sind mittlerweile deutlich offener für unsere Themen. Die Zeit spielt für uns, denn die gesellschaftliche Entwicklung bleibt nicht stehen.

 

Was steht als nächstes auf der Agenda?

Wir werden weiter an der Verbreitung der Thematik innerhalb der Branche arbeiten, bei vielen Gesprächen und Events. Zudem bereiten wir Workshops mit den Industrie- und Handelskammern für Makler im Bereich Ethik, Verantwortung und Medienvertretern vor. Außerdem möchten wir 2013 die ehrenamtliche Mitwirkung stärken, durch die Entwicklung von Arbeitskreisen zu den Themen Qualität, Transparenz und Verbraucherinformation sowie Nachwuchs.

 

Das Interview führte Julia Böhne, Cash.

Foto: Bitma

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