Herr Möller, welche Vorteile hat eine Beratung nach dieser neuen Norm für Vermittelnde und Kunden?
Möller: Die Norm besteht aus zwei Teilen: der bereits vorhandenen Präferenzabfrage und dem Scoring für die Produkte. Diese beiden Elemente matchen perfekt miteinander. Jede denkbare Antwort-Kombination aus der Abfrage passt präzise in ein Feld der Scoring-Matrix. Der Weg von der Abfrage zum Produkt wird damit kurz und geradeaus – am besten noch in Verbindung mit dem Einsatz der DIN 77223 „Risikoprofilierung für Privatanleger“, aus der die für die Produktauswahl neben bzw. noch vor den Nachhaltigkeitspräferenzen relevanten Kriterien wie Risikobereitschaft, Kenntnisse und Erfahrungen etc. gezogen werden können.
Inwieweit unterscheidet sich die Norm von den bereits im Markt befindlichen Leitfäden und Fragebögen zur Nachhaltigkeitsabfrage?
Möller: Eben durch die nahtlose Verknüpfung von Präferenzabfrage und Produktfindung. Und dadurch, dass die Abfragelogik sowohl – wenn das von den Kunden gewünscht wird – eine sehr differenzierte und dann auch aufwändige als auch eine pauschale und dann sehr schnell zu erfassende Präferenzformulierung ermöglicht.
Beide Varianten sind gleichermaßen Regulatorik-konform. Dafür stehen die an der Entwicklung der Abfrage beteiligten Juristen Professor Dr. Hans-Peter Schwintowski und Rechtsanwalt Dr. Christian Waigel. Die meisten Beraterverbände haben an der Norm mitgearbeitet.
Was erwarten Sie für Änderungen seitens der EU-Regulierungsbehörden für die ESG-Präferenzabfrage Wird es zu einem Scoring von Finanzprodukten in einer Nachhaltigkeitsskala kommen?
Möller: Wir hoffen das sehr. Begünstigend dafür ist sicher der Umstand, dass wir die grob skizzierte Idee einer ESG-Skala des Sustainable Finance-Beirats der Bundesregierung zur Grundlage unserer Arbeit genommen und operationalisierbar gemacht haben. Die EU-Aufsichtsbehörden haben sich für unsere Arbeit an der Abfrage und jetzt auch am Scoring sehr interessiert und die Arbeitsergebnisse in ihre Überlegungen mit einbezogen sowie auch an Ausschüsse des Europäischen Parlaments zur Berücksichtigung weitergeleitet. Im guten Falle wird dabei am Ende die Bestätigung der von uns vorgelegten Nachhaltigkeitsskala herauskommen.
Interview: Oliver Lepold, Dipl. Wirtschaftsingenieur und freier Finanzjournalist, Schwerpunkte, Berater, Vertriebe, Versicherungen