In den vergangenen Jahren konnten Nebenwerte die großen Aktienindizes deutlich outperformen. Auch in der Zukunt dürfte diese Asset-Klasse attraktiv sein. Gastkommentar von Charles Anniss, Union Bancaire Privée
Es gibt überzeugende Gründe, Anfang 2017 in kleinere Unternehmen zu investieren: Europäische Small Caps sind dank einer Reihe von Merkmalen eine attraktive Assetklasse für die aktive Titelselektion; sie warfen in der Vergangenheit eine gute Rendite ab. Europäische Small Caps gehören größtenteils konjunktursensiblen Marktsegmenten wie Industriegütern, der IT-Branche sowie Dienstleistungen an. Diese Sektoren schneiden regelmäßig besser in steigenden makroökonomischen Phasen ab und steuern zum Wirtschaftswachstum bei, wie etwa zurzeit in einer Reihe europäischer Länder.
Unterbewertung von Nebenwerten
Ein solides Gewinnwachstum von rund 15 Prozent im Jahr 2016, bei einer leichten Unterentwicklung und ähnlichen Gewinnprognosen für dieses Jahr, sind Faktoren, die darauf hindeuten, dass kleinere Unternehmen unterbewertet sind und im Vergleich zum Gesamtmarkt attraktive Bewertungen bieten, die weitgehend ihren langfristigen historischen Werten entsprechen. Politische Risiken im Laufe des Jahres 2017 werden sicherlich für eine erhöhte Volatilität sorgen, bieten aber interessante Kaufgelegenheiten angesichts des steigenden Wirtschaftsumfelds und der weiterhin angepassten Geldpolitik.
Das Small-Cap-Universum bietet Anlegern eine große Auswahl; es besteht aus mehr als 1.500 Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung zwischen 0,2 Milliarden Euro und 5 Milliarden Euro. Ein Großteil dieser Unternehmen sind schnell wachsende, innovative Start ups – oft aus spannenden Nischenbereichen. Im Small-Cap-Universum sind aber auch einige angeschlagene Unternehmen zu finden, die in dieses Marktsegment abgeglitten sind, weil sie mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben oder sich mit langfristigen strukturellen Herausforderungen konfrontiert sehen. UBP fokussiert sich auf die ersteren – gut geführte, finanzstarke Unternehmen, die über einen Wettbewerbsvorteil verfügen und eine positive interne und externe Wachstumsdynamik aufweisen. Ein sorgfältiger Screening- und Research-Prozess hilft, die besten Unternehmen herauszufiltern.
Perlen bleiben eher unentdeckt
Für Small Cap-Unternehmen werden wesentlich weniger Analystenberichte erstellt als für größere Marktteilnehmer – eins der interessantesten Differenzierungsmerkmale dieser Assetklasse. Das Small Cap-Segment zwischen 0,2 und 0,5 Milliarden Euro wird im Durchschnitt von drei Sell-Side Analysten abgedeckt; bei Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung zwischen 0,5 Milliarden und 1 Milliarden Euro sind es rund fünf Analysten. Im Vergleich dazu werden Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über 15 Mrd. Euro von etwa 24 Sell-Side Analysten recherchiert.
Die geringe Berichterstattung beschränkt sich zudem oft auf einzelne Länder und kann von daher zu Marktineffizienzen mit interessanten Kursanomalien führen. Ein geduldiger Stock Picker kann bei der Titelauswahl auf exzellente unterbewertete Unternehmen mit überzeugenden Geschäftsmodellen stoßen.
Verschuldung bei den Firmen niedrig
Die Bilanzen von Small Caps sind in einer besonders guten Verfassung: Das Verhältnis von Nettoverschuldung zu EBITDA liegt unter 1,3. Unternehmen konnten sich 2016 sogar leicht verschulden, um preiswerte Akquisitionen zur Konsolidierung ihrer Endmärkte zu tätigen. Sie steigerten somit ihre Gewinne, was wiederum mit einem höheren Cashflow belohnt wurde. Diese Entwicklung wird auch 2017 anhalten, da Unternehmen auch in einem Umfeld relativ schwachen (wenn auch anziehenden) Wachstums expandieren möchten. Zudem haben seit Jahresanfang die europäischen M&A-Aktivitäten insgesamt deutlich zugenommen, da Unternehmen ihre Bilanzen effizienter nutzen möchten; hiervon profitieren wiederum das Small- und Mid Cap-Segment.
Charles Anniss ist Portfoliomanager Small und Mid Caps bei Union Bancaire Privée, Schweiz
Foto: Union Bancaire Privée