In Japan, Deutschland und anderen europäischen Ländern gehören negative Zinsen bereits seit Jahren zum Bild, wird sich diese Entwicklung in Amerika bald fortsetzen? Ein Kommentar von Pramod Atluri, Fixed Income Portfolio Manager, und Timothy Ng, Fixed Income Investment Analyst bei Capital Group.
Sorgen vor einem wirtschaftlichen Abschwung, die gedämpfte Inflation und die Flucht hin zu Value-Titeln hätten die Renditen in den Vereinigten Staaten (USA) in den vergangenen Wochen gedrückt. Die Flucht in sichere Häfen habe beispielsweise dazu geführt, dass die Renditen von 30-jährigen US-Staatsanleihen erstmals in ihrer Geschichte bei weniger als zwei Prozent lagen.
Wahrscheinlichkeit negativer Zinsen höher als je zuvor
Außerdem sei die Zinsstrukturkurve zum ersten Mal seit der globalen Finanzkrise 2007 invers – die Renditen zweijähriger Staatsanleihen lägen höher als die von zehnjährigen – und das habe in der Vergangenheit häufig auf eine sich anbahnende Rezession hingedeutet. Die Wahrscheinlichkeit negativer Zinsen sei in Anbetracht dessen zwar höher als zuvor, dennoch bleibt Alturi positiv gestimmt.
„Zwar kann eine solche Entwicklung hin zu negativen Zinsen nicht vollkommen ausgeschlossen werden, dass es zeitnah in eine solche Richtung geht, sehe ich jedoch nicht – insbesondere in Anbetracht des prognostizierten moderaten Wachstums“, so der Experte.
„Doch auch wenn die Zinsen in den Negativbereich fallen, bleiben sie angesichts der Nachfrage nach sicheren Anleihen mit positiver Rendite sowie der expansiven Geldpolitik der Fed, weiterhin niedrig.“
Die Fed sorgt auch zukünftig für günstiges Geld
Auch wenn das Wachstum in den USA nach wie vor ordentlich und der Arbeitsmarkt stabil sei, befördere die weltweite konjunkturelle Abkühlung eine expansivere Geldpolitik der Fed. „Die Fed wird sich wahrscheinlich ähnlich wie in der vergangenen Finanzkrise verhalten – regelmäßige Zinssenkungen bis hin zu einem Leitzins von Null – falls dies notwendig werden sollte – sowie Forward Guidance, also den gezielten Einsatz von Ankündigungen kommender Schritte als fiskalpolitisches Instrument“, sagt Ng. „Außerdem sei Quantitative Easing denkbar.“
Während der Kern-Verbraucherpreisindex in den USA auf mehr als zwei Prozent angestiegen sei, liege der Kernindex für persönliche Konsumausgaben mit 1,6 Prozent unterhalb des Inflationsziels der Fed. Die US-amerikanische Zentralbank habe also nach wie vor die Möglichkeit, ihre Geldpolitik expansiver zu gestalten.
Seite 2: Was auf eine Rezession hindeutet