Negativzinsen: 112 Banken und Sparkassen kassieren mit

Die Aussicht auf eine weitere geldpolitische Lockerung durch die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Diskussion um Negativzinsen neu entfacht. Egal ob Genossenschafts- oder Sparkassenverband – Spitzenvertreter von beiden Seiten warnten jüngst die EZB vor weiteren Zinssenkungen und schlossen flächendeckende Strafzinsen für Kleinsparer nicht mehr aus.

Schon jetzt erheben 30 Banken und Sparkassen ein sogenanntes Verwahrentgelt für vermögende Privatkunden, zum Teil schon für Einlagen ab 100.000 Euro auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto. Das ist das vorläufige Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Verbraucherportals biallo.de unter gut 1.200 Banken und Sparkassen, an der sich bislang rund 170 Geldhäuser beteiligt haben.

Trotz Strafzins: Es gilt in der Regel ein Freibetrag 

Im Firmenkundengeschäft sind es sogar 108 Institute, die hohe Kundeneinlagen mit einem Verwahrentgelt bepreisen. Da darunter auch viele Geldhäuser zu finden sind, welche Negativzinsen für Privatkunden erheben, beläuft sich die Zahl insgesamt auf 112 Banken und Sparkassen, die einem Teil ihrer Kunden Negativzinsen in Rechnung stellen.

Dabei gilt meist ein bestimmter Freibetrag. Das Verwahrentgelt wird dann für den übersteigenden Betrag kassiert. Die überwiegende Mehrheit – 84 Prozent der von biallo.de erfassten Geldhäuser – gibt den negativen Einlagezins der EZB in Höhe von minus 0,40 Prozent eins zu eins weiter.

Das ist der Strafzins, den die Institute zahlen müssen, wenn sie kurzfristig überschüssige Liquidität bei der EZB parken. Die meisten Banken und Sparkassen mit Strafzinsen finden sich in Nordrhein-Westfalen (29), Bayern (26) und Baden-Württemberg (14). 

Flächendeckende Einführung ist nicht geplant

Von einer pauschalen Bepreisung sehen die überregionalen Banken bislang ab. Die Deutsche Bank etwa plant keine flächendeckende Einführung von Strafzinsen. Allerdings: „Für institutionelle Kunden mit zusätzlichem Bedarf an Einlagenprodukten ist die Bank im engen Dialog, um passende Anlagealternativen oder Kompensationsmodelle zu vereinbaren“, heißt es von Seiten der Deutschen Bank.

Ähnlich äußert sich die Commerzbank: „Einlagen sind für uns ein wichtiges und stabiles Refinanzierungsinstrument. Es ist aktuell nicht geplant, dass wir von unserer bisherigen Linie abweichen und die Einlagen unserer Millionen privaten Kunden mit einem sogenannten Negativzins belasten werden“, so die Commerzbank.

Bei großen Firmenkunden, Konzernen und institutionellen Anlegern werde bei hohen Einlagen eine individuelle Guthabengebühr für die überschüssige Liquidität vereinbart. Dies gelte allerdings nicht für den täglichen Zahlungsverkehr, sondern nur für echte Anlagebeträge.

„Knapp ein Fünftel der Banken und Sparkassen hat die Kontoführungsgebühren erhöht“

Auch Postbank und Hypovereinsbank treffen individuelle Vereinbarungen mit institutionellen Großkunden, Privatkunden bleiben ebenfalls außen vor. Santander und Targobank verzichten gänzlich auf Negativzinsen im Einlagengeschäft und planen dies aktuell auch nicht – weder bei Firmen- noch bei Privatkunden.

Horst Biallo, Gründer und Geschäftsführer von biallo.de, geht nicht davon aus, dass Banken und Sparkassen auf breiter Fläche Minuszinsen für Privatkunden einführen werden:

„Das würde dem Image zu sehr schaden, weil man damit die Kunden verprellt.“ Der Experte rechnet stattdessen damit, dass die Geldhäuser weiter die Gebühren rund um das Girokonto erhöhen und sich der Trend aus dem ersten Halbjahr 2019 fortsetzt.

„Nach unseren Untersuchungen hat bis heute knapp ein Fünftel der Banken und Sparkassen die Kontoführungsgebühren in diesem Jahr erhöht“, so Biallo.

 

Foto: Shutterstock

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