Europas größter Versicherer Allianz spielt mit dem Gedanken, einen mobilen Bezahlservice in Deutschland einführen.
„Wir untersuchen gerade, ob wir mit Allianz Prime in Deutschland an den Start gehen sollen“, sagte der neue Vorstandsvorsitzende der Allianz Deutschland, Klaus-Peter Röhler, im Gespräch mit dem Handelsblatt. Derzeit testet der Versicherer nach Aussagen Röhlers das Angebot auf dem italienischen Markt. Die kostenlose App für mobiles Bezahlen hat er zusammen mit dem Kreditkartenanbieter Visa und dem Zahlungsdienstleister Wirecard aufgelegt.
Offensichtlich sieht der Konzern aus München dafür auch hierzulande einen Bedarf. Eine endgültige Entscheidung stehe zwar noch aus, sagte Röhler. „Aber es ist ein sehr innovativer Bezahlservice, der attraktiv für den deutschen Markt sein kann.“
Die Allianz hat auf ihrem Heimatmarkt 20 Millionen Versicherungskunden. Mit dem Angebot treibt der Dax-Konzern seinen digitalen Umbau weiter voran und wagt sich in ein Gebiet, das bisher von IT-Größen wie Apple und Start-ups beackert wird – und wildert zugleich im Bereich der Banken.
Die Prime-App verfügt dem Bericht zufolge über eine integrierte Sicherheitstechnologie, die von Visa entwickelt wurde. Dabei können die Kunden bezahlen, ohne ihre eigentlichen Kontendaten offenzulegen. Der Versicherer wolle damit jedoch nicht ins Bankgeschäft einsteigen.
Der Hintergedanke dürfte ein anderer sein: Der Konzern hofft, über das Transaktionssystem auch mehr Daten und Informationen von und über seine Kunden zu erhalten. Denn die sind für die Assekuranz das neue Gold: Und in Zeiten von Big Data und KI lassen sich dadurch letztlich auch besser passende Versicherungsangebote unterbreiten. So laufen in Italien die Transaktionsdaten in anonymisierter Form auch beim Versicherer auf.
Produktangebot im Sachbereich soll verschlankt werden
Die Allianz versucht derzeit, sich in der Sachversicherung neu zu erfinden und ihr Angebot radikal zu vereinfachen. „Wir möchten eine neue, sehr schlanke Produktarchitektur aufbauen, die künftig deutlich weniger Varianten umfassen wird“, sagte Röhler. „Wir wollen am Ende deutlich weniger Produktvarianten im Regal haben.“ Diese Strategie hatte schon Konzernchef Oliver Bäte in den vergangenen Monaten skizziert. Laut Röhler kam die Allianz in Italien am Ende auf 35 Produkte, die der Versicherer noch anbietet. Für Deutschland erwartet der Manager in der Sachversicherung eine ähnliche Größenordnung.
Bäte zufolge bietet die Allianz bisher allein in der gewerblichen Haftpflichtversicherung 340 verschiedene Module an. Von denen würden 90 Prozent höchstens dreimal im Jahr genutzt, hatte er im Januar gesagt. Künftig solle es eine solche Vielfalt nicht mehr geben. (dpa-AFX/dr)
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