„Neue Form von digitalem Gold“

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Beim Wiener Start-up Coinpanion soll jeder ohne Vorwissen von Kryptowährungen profitieren. Nach knapp einem Jahr verwaltet Coinpanion mehrere Millionen Euro Kundengelder. Von Investoren wie Scalable Capital und Clark gab es unlängst ein Seed-Investment von 1,8 Millionen Euro. Cash. sprach mit Coinpanion-CEO Alexander Valtingojer.

Bei Kryptowährungen kennt man oft nur Bitcoin und Ether. Es gibt aber viel mehr. Mit welchen Kryptowährungen handelt Coinpanion?

Valtingojer: Aktuell handeln wir mit Bitcoin, Ethereum, Cardano, Uniswap, Maker, Atom, Polkadot, Solana, Chainlink, Filecoin, Polygon, Stellar und Aave in unseren Portfolios. Theoretisch kann jede Kryptowährung bei uns im Portfolio landen. Der Markt wird quartalsweise analysiert und die Auswahl entsprechend angepasst. In Zukunft sollen auch branchenspezifische Portfolios folgen – so wird es bald ein DeFi Tech und NFT Tech Portfolio geben.

Was sind DeFi Tech und NFT Tech Portfolio?

Valtingojer: DeFi steht für Decentralized Finance – ein dezentrales Ökosystem, das Finanzdienstleistungen verschiedenster Art wie z.B. Kreditvergabe oder Brokerage anbietet. Die Anwendungen basieren auf der Blockchain und werden deshalb nicht durch eine zentrale Autorität kontrolliert oder gesteuert. In unserem DeFi Tech Portfolio befinden sich Tokens, die diese Ökosysteme antreiben.

NFT steht für Non-Fungible Token und ist ein nicht ersetzbares, einzigartiges digital geschütztes Objekt. Wie es nur eine echte Mona Lisa gibt, so kann man mit die NFT diese „Originalität“ technisch sichern. Mit unserem NFT Tech Portfolio kann man in den dahinterstehenden Technologien investieren, die wieder dieses Ökosystem antreiben. In Zukunft sollen auch spezifische NFT Portfolios folgen wie z.B. Digitale Kunst.

Alexander Valtingojer, Coinpanion

Wie wählen Sie die Kryptowährungen aus?

Valtingojer: Mit einem sechsstufigen Filter-Konzept. Erstens “Fundamental Analyse“ – damit ist die Blockchain-Aktivität gemeint, wie Transaktionen, Smart Contracts oder Unique Wallets. Zweitens nehmen wir keine Utility Only Coins auf, also Kryptowährungen, die nur innerhalb eines Ökosystems einer Plattform Wert stiften (oftmals “Börsencoins“). Drittens keine Kontroversen Forks. Oft spalten sich Kryptowährungen (zum Beispiel Bitcoin und Bitcoin Cash). Wir setzen hier auf das mehrheitlich angenommene Projekt. Viertens einzigartige Projekte “ oft werden Kryptowährungen kopiert oder nur minimal weiterentwickelt. Auch hier setzen wir auf das mehrheitlich angenommene Projekt. Fünftens die Marktkapitalisierung und Liquidität – wir setzen auf etabliertere Kryptowährungen, die auch ein entsprechendes Marktvolumen zu Tage bringen. Und sechstens Korrelation innerhalb der Sektoren – wir versuchen mit unserer Auswahl die verschiedenen Arten von Plattformen abzudecken (Smart Contracts, DeFi, Interoperability…)

Der Kunde braucht keine Vorkenntnisse. Aber vielleicht Voraussetzungen wie, das Geld, das er investieren will, übrig zu haben?

Valtingojer: Die Idee von Coinpanion ist es, die Investition in neue innovative Vermögenswerte so einfach wie ETFs für Aktien zu machen. Mit ETFs kann heutzutage jeder relativ einfach und ohne großes Vorwissen am Aktienmarkt partizipieren. Wie bei jeder Investition gilt auch bei innovativen Vermögenswerten – wie eben Kryptowährungen – das man nur Geld investieren sollte, auf das man nicht unmittelbar angewiesen ist. Niemand kann voraussagen, ob der Markt sich kurz- oder mittelfristig nach oben oder nach unten entwickelt – deshalb ist es bei jeder Investition fundamental wichtig, dass man nicht zum Verkauf gezwungen wird.

Coinpanion bietet die Portfolien „vorsichtig“, „ausgewogen“ und „abenteuerlich“. Muss man auch bei „vorsichtig” und „ausgewogen” spekulativ sein?

Valtingojer: Grundsätzlich gilt, dass die Investition in Kryptowährungen riskanter ist als eine in beispielsweise Aktien (ausgenommen sogenannte “Pennystocks“) – anders betrachtet ist die potenzielle Rendite dafür auch deutlich höher. Am Ende ist jede Investition ein Abwägen zwischen Risk / Reward und sehr individuell. Die Frage kann deshalb leider nicht pauschal beantwortet werden – es hängt immer davon ab, wie das Gesamtportfolio eines Anlegers aussieht, da eine Kryptoallokation auch eine Diversifikationsmaßnahme sein kann. Die Portfolios „“vorsichtig““ und ““ausgewogen““ sind mit Sicherheit eine gute Wahl für Personen, die sich an den Markt rantasten wollen, aber sich noch nicht der ganzen Volatilität aussetzen wollen.

Welche Rolle spielen neben echten Kryptowährungen ETPs und Derivate?

Valtingojer: ETPs und Derivate ermöglichen den Kauf von Kryptowährungen über klassische Handelsplätze. Bis auf Bequemlichkeit haben sie meiner Meinung nach keinen echten Vorteil – eher im Gegenteil, da sie meist deutlich teurer sind und oftmals nicht physisch besichert.

Welche Funktion haben Stable Coins in Ihren Portfolios?

Valtingojer: Neben der Investition in klassische Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether, bietet wir Zugang zu sogenann- ten DeFi (Decentralized Finance) Lending Pools – dabei werden diese Stable Coins über einen automatisiert besicherten Blockchain-Pool verliehen und geben einen zinsähnlichen fixen Ertrag von aktuell 6 Prozent bei einem sehr geringen Risiko.

Ihre Portfolios sind recht neu. Wie können Sie nach dieser kurzen Zeit die Entwicklung beurteilen?

Valtingojer: Die Portfolios sind seit Juli 2020 verfügbar und wir arbeiten seit Januar 2020 mit einem internen Echtgeld Depot. Viele Projekte und Technologien sind erst seit kurzem auf den Markt, weshalb es natürlich nicht möglich ist, auf eine Vielzahl von historischen Werten zurückzugreifen. Bisher haben sich unsere Investitionen aber sehr gut entwickelt und wir sind zuversichtlich, dass wir auch in Zukunft unseren Kunden einen einfachen Einstieg in den Markt bieten können. Das Gründerteam arbeitet und investiert bereits seit 2015 in Kryptowährungen.

Welche mittel- und langfristige Wertentwicklung sehen Sie exemplarisch für den Bitcoin?

Valtingojer: Ich finde es nicht passend, Bitcoin als Benchmark für die gesamte Branche heranzuziehen. Wir befinden uns nun in einer Phase, in der vor allem neuere Technologien – Stichwort Smart Contracts, DeFi und NFTs – den Durchbruch schaffen. Meiner Meinung nach bewegen wir uns in eine Richtung, in der jeder Wert – sei es digitale Kunst, Videospiel Items oder Social Tokens – investierbar wird. In einer digitalen Welt, in der wir nun leben, ist dies ein absoluter Umschwung. Ich bin kein großer Fan von Prognosen – ich bin aber sehr sicher, dass die Zukunft für digitale Assets rosig ist und wir gerade erst am Anfang stehen.

Was bieten Ihrer Meinung nach Kryptowährungen mittelfristig (Wertaufbewahrung, Zahlungsmittel…)?

Valtingojer: Kryptowährungen sind mittlerweile so breit geworden, dass diese Frage leider auch nicht pauschal beantwortet werden kann. Einerseits sehen wir mit Bitcoin eine neue Form von digitalem Gold und andererseits können wir mit Ethereum Teil eines Super-Computers sein, der womöglich das Grundgerüst der digitalen Vermögenswelt bildet. Kurzum würde ich somit einerseits Investitionsmittel, Wertaufbewahrungsmittel aber auch Zahlungsmittel sagen.

Hinter Währungen stehen Waren und Dienstleistungen. Wie und warum entstehen neue Einheiten von Kryptowährungen?

Valtingojer: Wie eine neue Kryptowährung geschöpft wird, wird für jede Kryptowährung unterschiedlich gelöst. Manche habe ein Limit wie z.B. Bitcoin von 21 Millionen und es wird mit Rechenaufwand eine gewisse Menge pro Einheit erschaffen und wieder andere haben denselben Effekt umgekehrt, wo mit einer gewissen Anzahl gestartet wird und zeitlich immer mehr zerstört werden. Der Prozess wie neue Kryptowährungen geschöpft oder zerstört werden ist im dahinterstehenden Code transparent offengelegt und gefestigt. Ich glaube hier ist es wieder wichtig zu sagen, dass Kryptowährungen eigentlich nichts mit einer Währung im klassischen Sinn zu tun haben – es handelt sich meist um Ökosysteme oder digital limitierte Assets („digitales Gold“ Bitcoin).

Das Gespräch führte Silvia Fischer, Diplom- Betriebswirtin und Journalistin (FJS).

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