Der Nutzen ist zweifelhaft. Für Infrastrukturinvestitionen gibt es bereits das europäische Vehikel ELTIF (siehe Ausgabe 5/2021). Und Master-Feederfonds machen in der vorgesehenen Form nur begrenzt Sinn.
Damit sind Fonds gemeint, deren Zweck darin besteht, in einen anderen Fonds zu investieren, der auch aus weiteren Quellen gespeist wird. Publikums-Feederfonds sollen aber nur in Publikums-Masterfonds investieren dürfen, nicht in Spezialfonds. Damit bleibt die Frage offen, warum Anleger diesen Umweg gehen sollten, wenn sie doch auch direkt in den Masterfonds investieren können.
So sind die Reaktionen auf das Fondsstandortgesetz aus dem Bereich der Publikums-AIFs sehr zurückhaltend. „Grundsätzlich begrüßen wir jede Initiative, die Möglichkeiten für AIFs zu erweitern und Bürokratie abzubauen. Aber für uns sind im Publikumsgeschäft die Anknüpfungspunkte sehr gering“, sagte etwa Nico Auel, Geschäftsführer der RWB Partners GmbH, im April bei einem Cash.-Roundtable zu Sachwertanlagen. Auch Rauno Gierig, CSO von Verifort Capital, konstatierte: „Für unser Publikumsgeschäft ist das Gesetz bisher wenig relevant. Wir würden es aber begrüßen, wenn die Möglichkeit eines geschlossenen Sondervermögens in einem zweiten Schritt auch auf Publikumsfonds ausgeweitet wird.“
ZIA kann Verbesserungen nur teilweise durchsetzen
Dieses Ziel hatte auch der Immobilienverband ZIA. „Das (…) geschlossene Sondervermögen sollte auch für geschlossene Publikums- AIF zugänglich gemacht werden. Die Vorteile des Vehikels für Konzeption, Vertriebsprozesse und Digitalisierung würde das Segment der geschlossenen Publikums-AIF beflügeln“, hieß es in einer 22-seitigen Stellungnahme mit Verbesserungsvorschlägen des ZIA gegenüber dem Finanzministerium.
Jochen Schenk, Vizepräsident des ZIA und im Hauptberuf Vorstandsvorsitzender des Asset Managers Real I.S., bewertete den ersten Gesetzentwurf im Dezember letzten Jahres insgesamt durchaus positiv, sah aber auch noch Möglichkeiten für Optimierung: „Jetzt geht es darum, die Vorschläge im weiteren Verfahren noch feinzutunen“, so Schenk damals.
Das ist dem ZIA offenbar nur teilweise gelungen, auch in Bezug auf die Spezialfonds. Bei einer von dem Vertrieb REAX nach der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag organisierten Web-Konferenz mit Vertretern der Service-Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) Hansainvest, Intreal und Universal Investment sowie der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein hielt sich die Begeisterung jedenfalls in engen Grenzen.
Neue Pflichten beim Pre-Marketing
So sagte Alexander Lehnen, Partner bei Arnecke Sibeth Dabelstein, er erwarte nicht, dass die KVGen besonders viele geschlossenen Sondervermögen auflegen werden. Als Grund nannte er vor allem die steuerliche Behandlung. Demnach findet bei den geschlossenen Sondervermögen die Besteuerung – anders als bei den offenen Konzepten – nicht auf Ebene des Fonds statt, sondern auf Ebene der Investoren. Das sei nur für wenige Investorengruppen attraktiv. „Außerdem haben sich die Anleger gerade an die Investment-KG gewöhnt“, so Lehnen.
Stattdessen drehte sich die Diskussion fast ausschließlich um einen Aspekt, der für Spezialfonds offenbar eine große Rolle spielt: Das sogenannte Pre-Marketing, also das Vorfühlen bei potenziellen Investoren im Vorfeld einer Emission und gegebenenfalls die Anpassung der finalen Konzeption. Bisher ist diese Phase des Vertriebs nicht reguliert. Mit dem Fondsstandortgesetz ändert sich das ab August 2021. Zukünftig besteht die Pflicht zur Anzeige der Aufnahme der Pre-Marketing-Aktivitäten an die BaFin innerhalb von zwei Wochen.
Die Anzeigepflicht betrifft nur Asset Manager, die nicht über eine eigene KVG- oder KWG-Lizenz verfügen, sondern mit einer Service-KVG kooperieren. Diese Konstellation scheint bei Spezial-eine größere Rolle zu spielen als bei Publikumsfonds. Die KVGen in der Diskussionsrunde jedenfalls übten scharfe Kritik. So schimpfte Ludger Wibbeke, Geschäftsführer der Hansainvest: „Die eigentliche Intention des Gesetzes ist die Stärkung des Fondsstandortes Deutschland und auch teilweise eine Entbürokratisierung von Prozessen. Tatsächlich wurden mit dem definierten Pre-Marketing neue bürokratische Hürden an Stellen aufgebaut, die zuvor für uns keine Defizite darstellten.“
Kaum Impulse für neue Produktangebote
Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass während eines Gesetzgebungsprozesses die Kritik der Betroffenen besonders ausgeprägt ist, und am Ende arrangieren sich doch alle mit den neuen Vorschriften. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass sich bei der Finalisierung der Gesetze oder im Nachgang noch Veränderungen ergeben. Doch festzuhalten bleibt: Weder das Schwarmfinanzierung-Begleit- noch das Fondsstandortgesetz ist aus Sicht der Betroffenen besonders gelungen.
Auf der einen Seite sind in beiden Fällen keine oder kaum Impulse für neue Produktangebote oder bessere Investitionschancen für die Anleger zu erwarten. Selbst die Anbieter von Spezial-AIFs können oder wollen die neuen Möglichkeiten anscheinend kaum nutzen. Auf der anderen Seite führen die neuen Vorschriften teilweise zu zusätzlichen Einschränkungen oder mehr Bürokratie. So wird auch das Ziel des Finanzminsteriums, mehr Kapital für dringend benötigte Investitionen zu mobilisieren, vermutlich nicht erreicht. Beide Gesetze könnten damit auch aus Sicht des Ministeriums zum Schuss in den Ofen werden.
Bandwurm-Worte
Zum Schluss noch ein Aspekt, der eigentlich nichts zur Sache tut, aber doch einmal Erwähnung verdient: Wer „Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz“ für ein besonderes Wort-Ungetüm der Bürokraten hält, hat wohl noch nicht oft auf der Website des Finanzministeriums nach Gesetzentwürfen gestöbert. Dort ist etwa ein „Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz“ zu finden, ohne Bindestich wohlgemerkt. Kein Witz ist auch die offizielle „Abkürzung“ dafür: AbzStEntModG.
Zu den weiteren Bandwurm-Worten mit kryptischen Kürzeln zählen „Finanzdienstleistungsaufsichtsgebührenverordnung“ (FinDAGebV) und „Bundesvollziehungsvergütungsverordnung“ (BVollzVergV). In dieser Relation sind die Schwarmfinanzierungen mit ihrem Begleitgesetz und sogar einem Bindestrich in der Mitte also noch ganz gut weggekommen. „Fondsstandortgesetz“ ist ohnehin konkurrenzlos griffig.
Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Cash.-Ausgabe 7/2021.